Am vergangenen Wochenende wurde auf der Alpe Tanneck in Lech ein weiterer „Skyspace“ von James Turrell eröffnet, der den Besucher/innen eine Erfahrung des Himmels schenkt.

Wolfgang Ölz

Der Skyspace befindet sich, einen kurzen Spaziergang entfernt von Oberlech, gegenüber des Biberkopfes. Im ovalen Hauptraum, der 9 Meter lang und 6 breit ist, nimmt der Kunstrezipient auf einer Sitzbank aus Granit mit einer Rückenlehne Platz, die so schräg angelegt ist, dass man auf angenehme Weise nach oben auf eine scharf umrandete Ellipse blicken kann. Zuerst werden im sogenannten „geschlossenen Programm (closed program)“ eine Vielzahl von Lichtstimmungen computergesteuert simuliert. James Turrell exerziert eine ganze Farbpalette an Möglichkeiten von farbigem bis weißem  Licht durch. Dabei geht es dem Künstler um das Wahrnehmen bzw. „Abfühlen“ (Sensing). Plötzlich öffnet sich die Kuppel, ein staunendes „Ah“ geht durchs Publikum, und der Blick zum Himmel über dem Gebirge wird frei. Besonders reizvoll ist das „offene Programm (opened program)“ kurz vor bis kurz nach Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Dann spielt sozusagen der echte Himmel mit, wenn es nicht zu wolkig ist, und beschert wunderbare, natürlich gespeiste Lichterlebnisse. Dabei geht es immer um die momentane Erfahrung des Lichtes.

Je eigene Transzendenz erleben
Die Erfahrung im Skyspace ist eindeutig transzendent. Der Berliner Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, ein ausgewiesener Kenner des Werkes von James Turrell, präzisiert: „Jeder ist auf sich und seine eigene Wahrnehmung konzentriert - und jeder macht seine transzendente Erfahrung, je nach seiner eigenen Einstellung - aber sie wird erweitert und herausgefordert.“
Turrell, der selbst aus einer Quäkerfamilie in Kalifornien stammt, möchte das Erlebnis nicht durch eine religiöse Anschauung eingeengt wissen im Sinne etwa von Katholizismus, Joga oder Buddhismus.  Turrell-Experte Wulf Herzogenrath erklärt: „Er will von sich aus gerade KEINE einengenden Interpretationen liefern, sondern die Offenheit, Konzentration und Aufmerksamkeit des Einzelnen fördern.“

Blick in den Himmel gewünscht
Der Galerist Wolfgang Häusler, der James Turrell in Europa vertritt, erzählt allerdings folgende Begebenheiten: Der junge James ging oft mit seiner Mutter zu Quäkertreffen, bei denen eine Stunde lang meditiert wurde. Bei diesen Gelegenheiten, so erzählte der U.S.-amerikanische Künstler seinem Galeristen, habe er oft den Wunsch gehabt, in den Himmel sehen zu können. Mit seinen 75 Skyspaces weltweit hat sich der 1943 in Kalifornien geborene Turrell diesen Wunsch quasi erfüllt.

Kirche und Gebetshaus
Im Juli 2015 wurde eine sanierte Friedhofskapelle in Berlin mit einer Lichtinstallation von James Turrell wiedereröffnet. Turrell hat auch ein Gebetshaus der Quäker in Philadelphia mit einem Skyspace ausgestattet. Ein Ort, der laut der Quäkergemeinde selbst für jeden offen steht, der stille, kontemplative Betrachtung und atemberaubende visuelle Schönheit sucht. In Interviews dagegen lässt sich James Turrell praktisch nie auf seine eigene Kindheit bei den Quäkern festlegen.
Der Pfarrer von Lech, Jodok Müller, segnete den Skyspace auf Einladung des Vorstands des Kunstvereins mit den Worten aus Psalm 104, in dem das Lob des Schöpfers besungen wird. Müller ist sehr angetan vom neuen Skyspace und beobachtete bei der Begehung ein langsames, bewusstes Sehen, das die Besucher/innen sehr ruhig werden lässt. 

Skyspace auf der Alpe Tanneck 

Täglich ganzjährig geöffnet zwischen 9 bis 18 Uhr.
Führungen: Bis 23. September täglich zu Sonnenaufgang (6.30 bis 7.30 Uhr) und Sonnenuntergang (19 bis 20 Uhr).
Ab Di 25. September jeden Dienstagabend.
Anmeldung für Führungen: Lech Zürs Tourismus, 
05583 2161 0,

Führung mit dem Astronomen Robert Seeberger für die Bibelrunde der Pfarre Lech sowie Interessierte:
Mi 26. September, 20 Uhr,
Anmeldung im Pfarramt Lech:  05583 2512,  

(aus dem KirchenBlatt Nr. 38 vom 20. September 2018)