Die Kirche „Peter und Paul“ in Andelsbuch hat bis Dezember einen zweiten Turm. Der Künstler-Architekt Angelo Roventa stellte in der Nähe der 900 Jahre alten Kirche einen „Turm“ aus zwölf Baumstämmen auf, der eines soll: Auf die bestehende Kirche in Andelsbuch hinweisen.

Bild: Der temporäre Andelsbucher Kunst- und Kirchenturm: zwölf Baumstämme und ein Zwiebelturm

Wolfgang Ölz

Angelo Roventa (geb. 1956 in Bukarest) war Meisterschüler von Hans Hollein in Wien. Mit seinem Konzept „elastic living“, das Wohnwände je nach Bedarf verschieben lässt und so die Nutzfläche vervierfacht, hat er international für Furore gesorgt.
Roventa hat nun einen zusätzlichen Turm zur Pfarrkirche zu den hll. Petrus und Paulus in Andelsbuch geschaffen und gibt ihm den Namen „Peter und Paula“. Der Turm besteht aus zwölf, rund 120 Jahre alten Baumstämmen, jeder bis zu 4,5 Tonnen schwer und bis zu 35 Meter hoch. Für jeden Baum gibt es einen Paten. Einer der Stämme wurde von der Diözese Feldkirch gesponsert. Mit dem Baum-Turm will Roventa bewusst wieder den Blick auf die Kirche lenken, die seit dem 11. Jahrhundert den Ort prägt. Das Zentrum von Andelsbuch hatte sich nämlich zuletzt zum Werkraum hin verschoben.

Teilhabe am Schöpfungswerk Gottes
Während die Kirche als sakraler Raum die Funktion hat, Gott zu begegnen, so hat der Kirchturm eine andere Funktion, wie Roventa im Gespräch ausführt. Der Turm ist ein reiner Gebrauchsgegenstand, der als Wegweiser funktioniert, optisch allein durch sein Erscheinungsbild und die Uhr, akustisch durch den Glockenschlag. Genau diese baukulturelle Funktion will der Künstler durch den zusätzlichen Turm verstärken, hat er doch auch zwei Glocken eingebaut, die erklingen, wenn Wind weht. Ergänzt wird die baukulturelle Funktion durch einen soziokulturellen Dialog. Durch die Bezeichnung „Peter und Paula“ möchte Roventa einladen, über Fragen der Gleichstellung und der Würde des Menschen nachzudenken. Gleichstellung versteht er dabei umfassend, sie kann als die Gleichberechtigung von Frau und Mann gelesen werden, aber auch in der Gesellschaft überhaupt.
Der stellvertretende PGR-Vorsitzende von Andelsbuch und Religionslehrer in Bezau, Karl Felder, freut sich über das Werk. Der Wettbewerb „Handwerk und Form“ für Handwerker und Designer im Bregenzerwald habe mit der Arbeit von Roventa von sich aus das Thema „Kirche“ aufgegriffen. Die Liebe zu schönem Handwerk bekomme damit einen religiösen Aspekt, nämlich als „Teilhabe am Schöpfungswerk Gottes“, so Felder.

Wunde Punkte und blinde Flecken
Zum Kunstwerk erscheint ein Katalog, für den namhafte Künstler/innen des Landes Beiträge verfasst haben. Auch Generalvikar Rudolf Bischof hat einen Text beigesteuert. Hinsichtlich der Gleichberechtigung in der Kirche sei es wichtig, „gerade die eigenen wunden Punkte nicht zu blinden Flecken werden zu lassen“. Die Würde des Menschen gelte es mit offenem Blick und einem Miteinander auf Augenhöhe wachzuhalten, so Generalvikar Bischof.

Handwerk und Form

Vorträge und Bewerb.
Sa 13. bis So 21. Oktober,
Werkraum Bregenzerwald, Andelsbuch
T 05512 26386, E

Nachgedacht

Wolfgang Ölz von Wolfgang Ölz

Hinweis zur Liebe 

„Peter und Paula“ in Andelsbuch ist ein vielschichtiges Werk. Die Frage nach der Gleichberechtigung und der Würde jedes Einzelnen hat für den Künstler Angelo Roventa zumindest eine feministische und eine allgemein-menschliche Dimension. Es kann aber auch noch eine liebesmystische Facette ausgemacht werden. Einen mit nachleuchtender Farbe bestrichenen Stamm hat der Künstler nämlich mit dem Wort „Liebe“ beschriftet.

Liebe, so Roventa, ist alles. Sie ist das Umfassende, jenseits von jeder Festlegung und Reglementierung. Damit steht der Künstler ganz in der Nähe des zentralen Mysteriums des Christentums: die Dreifaltigkeit, die in sich Liebe ist. Am Hochaltar der Andelsbucher Kirche halten links und rechts die Apostel Petrus und Paulus Wache. Im Zentrum findet sich der nazarenische Jesus. Die Arme weit geöffnet, trägt er sein Herz sichtbar in der Brust. Das Herz Jesu symbolisiert die Liebe Christi zu allen Menschen.

Es ist bemerkenswert, wie der Begriff „Liebe“ in diesem Werk des Künstlers Angelo Roventa einen so prominenten Platz einnimmt und mit der „Liebe“ in der Andelsbucher Kirche als Herz Jesu korrespondiert.

(Artikel aus dem KirchenBlatt Nr. 40 vom 4. Oktober 2018)