Bereits zum fünften Mal tourt das Bochabela String Orchestra durch Europa. Was es bedeutet, zu diesem Orchester zu gehören, davon erzählt Bonolo Kgaile, Konzertmeisterin.

Patricia Begle

Die junge Frau sitzt mir gegenüber. Die lange Reise, die gerade hinter ihr liegt, hat scheinbar keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Bonolo wirkt wach und lebendig, mit großer Offenheit erzählt sie von ihrem Werdegang.

Mit zehn Jahren sah sie zum ersten Mal eine Violine. Ein kleines Mädchen spielte auf dem Instrument, das Bonolo nur aus Filmen kannte. Das Mädchen gehörte zum Mangaung String Programme, das unter anderem Grundschulen besuchte, um Kinder mit Streichinstrumenten in Kontakt zu bringen. Bonolo ging nach Hause und erklärte ihrer Mutter, dass sie dieses „hölzerne Ding mit den vier Saiten und dem seltsamen Stab in der anderen Hand spielen möchte“. Die Eltern erlaubten es und unterstützen seither ihre Musikausbildung in jeder Hinsicht.

„Ich habe das Geige-Spielen immer genossen, es war kein mühsames Üben“, erinnert sich Bonolo. „Zudem hatte ich immer ein Ziel vor Augen, wusste immer wohin ich wollte. Ich liebte die Herausforderung.“ Ein erstes Ziel bestand darin, nicht in der Grundschule unterrichtet zu werden, sondern in den Räumlichkeiten des Mangaung String Programmes. Schon nach eineinhalb Jahren gehörte Bonolo zu der Gruppe, die mit dem Bus zweimal pro Woche dorthin gebracht wurde.  „Wir waren die coolen Kids der Schule, die Geige spielten“, erzählt sie heute. In der Musikschule standen Einzelunterricht und Orchesterprobe auf dem Stundenplan. Gleichzeitig erlebte sie Musik in verschiedensten Formationen und Klängen, konnte hier und dort reinhören und ihren musikalischen Horizont erweitern. Und natürlich hatte sie Kontakt mit den anderen Musizierenden. Sie wurden bald schon zu ihrer zweiten Familie.

Bonolo war gut. Schon nach drei Jahren spielte sie zweite Violine im Bochabela String Orchestra und ab und zu, als „Aushilfsmusikerin“, im nationalen Jugendsinfonieorchester. Seit etwa fünf Jahren sitzt sie bei den Bochabelas in der ersten Reihe, vorne rechts. Konzertmeisterin zu sein bedeutet in diesem Orchester mehr als in anderen. Schließlich gibt es keinen Dirigenten, der Einsätze gibt und die Musizierenden mit Bewegungen und Blicken leitet. Das macht Bonolo.

Seit zwei Jahren studiert die zielstrebige Musikerin in Capetown. Musik natürlich. Als Schwerpunkt hat sie sich Kammermusik ausgewählt, gleichzeitig ist ihr Vielseitigkeit enorm wichtig. „Ich möchte mich nie selber einschränken, ich bin offen für alles.“ So wird Bonolo im kommenden Studienjahr Gesangsstunden belegen und die Welt der Oper erkunden. Mittlerweile traut sie sich auch zu, Kinder zu unterrichten und damit „das weiterzugeben, was sie selbst bekommen hat“.
„Ich möchte mehr reisen und Konzerte spielen“, weiß die 20-Jährige mit dem Blick in die Zukunft. „Auf jeden Fall werde ich etwas machen, das mit Musik zu tun hat. Denn Musik ist das, was ich bin.“


Zur Sache

Das Mangaung String Programme wurde vor 19 Jahren vom amerikanischen Kontrabassisten Peter Guy ins Leben gerufen. Es ermöglicht mittlerweile Kindern in großen Teilen des Free States /Südafrika, ein Streichinstrument zu lernen. Derzeit finden 500 junge Menschen dort Ausbildung und Heimat.

Über den Vorarlberger Musiker Klaus Christa, der von der Art des Musikmachens der Südafrikaner/innen fasziniert war und mit dem Orchester das klassische Streichorchesterrepertoire erarbeitet, fand das Bochabela String Orchestra nach Europa. Elf Aufführungen stehen dieses Jahr am Tournee-Programm. In Deutschland bereist das Orchester Berlin, Hannover, Hamburg, Höchstadt und Bremen. In Österreich und der Schweiz sind die begeisterten Musiker/innen an folgenden Orten zu hören:

  • Zürich, Tonhalle, Do 7. Jänner, 12.15 Uhr
  • Kißlegg, Mensa der Realschule, Fr 8. Jänner, 19.30 Uhr
  • Feldkirch, Festsaal des Landeskonservatorium, Sa 9. Jänner, 20 Uhr
  • Feldkirch, Gottesdienst im Dom St. Nikolaus, So 10. Jänner, 11 Uhr
  • Wien, MuTh, Konzertsaal der Wiener Sängerknaben, Di 12. Jänner, 19.30 Uhr

Bei den Konzerten gibt es die Gelegenheit, die neue CD des Orchesters „Another Country“ zu erwerben.
Mit dem Erlös der Tournee werden drei südafrikanische Musiker/innen unterstützt, die derzeit am Vorarlberger Landeskonservatorium studieren.

Unterstützt werden kann das Projekt auch über den Freundeskreis, der mit seinem Wirken jener Verantwortung nachkommt, die wir für die Zukunft der Kinder haben – weltweit. Nähere Informationen finden Sie unter www.bochabela-string-orchestra.com