Fast vierzig Jahre hat Pfarrer Josef Drexel die Pfarre Lustenau-Kirchdorf begleitet. Wie er seine Rolle versteht und was ihm dabei Freude bereitet, das erzählt der Jubilar im KirchenBlatt-Gespräch.

im Bild: Pfr. Drexel (re.) und Kaplan Virgiliu Demsa-Crainicu

Patricia Begle

An ein besonderes Berufungserlebnis kann sich Josef Drexel nicht erinnern, vielmehr gehörte die Kirche immer zu seinem Leben. Er war gerne Ministrant, fühlte sich wohl in der Gemeinschaft, zu der so viele Hohenemser Buben gehörten. Die lateinische Sprache war spannend und Kirchenmusik liebte er ganz besonders - ob als Zuhörender oder als Sänger bei den Chorknaben. Die Liebe zur Liturgie, zur Musik und zur Gemeinschaft zieht sich durch sein Leben.

Meine Leute.

Am Gedenktag von Peter und Paul, dem 29. Juni 1970 wurde er dann von Bischof Bruno Wechner zum Priester geweiht - im Feldkircher Dom, der „schönsten Kirche in Land“, so der Jubilar. Nach zwölf Jahren Kaplanszeit in der Pfarre Wolfurt wurde er 1982 nach Lustenau, in die Pfarre Kirchdorf, versetzt. „Schon am Anfang habe ich mich hier halbwegs wohl gefühlt, später dann ganz wohl“, erklärt Drexel in seiner trockenen Art. Das Wohlfühlen brachte es mit sich, dass er blieb - bis zu seiner Pensionierung. Um diese suchte er im Jänner an, wegen Corona wurde der Termin um ein Jahr verschoben - er wird also noch bis Sommer 2021 bei „seinen Leuten“ bleiben.

Zutrauen.

Schon in der Bezeichnung „meine Leute“, die Pfarrer Drexel im Gespräch immer wieder verwendet, kommt seine Beziehung zu den Gemeindemitgliedern zum Ausdruck. „Ich habe mich nie als Leiter gefühlt“, überlegt er. „Ich war einfach mit allen auf dem Weg.“ Priestersein heißt für ihn, „mit Menschen im Austausch sein über Gott und die Welt“. Er hatte nie ein fertiges Programm, aber immer Vertrauen in die Menschen, die in der Pfarre mitarbeiteten. Und er wusste, dass er „nicht immer dreinreden muss“. Probleme werden gemeinsam angegangen, Entscheidungen miteinander getroffen. Veränderungen sieht er mit Gelassenheit: „Man muss nicht etwas krampfhaft am Leben erhalten, man darf getrost auch etwas sterben lassen.“

Silbersee.

Was für ihn allerdings bedrückend ist: „Alles nimmt ab.“ Kirchenbesucher/innen, Kinder, Ministrant/innen... Bei vielen Kindern, so bemerkt er,  fühlen sich schon zwei Generationen - Eltern und Großeltern - der Kirche nicht mehr zugehörig. Für den Blick in den Gottesdienstraum verwendet er deshalb gerne das Bild, das einst die Intendantin der Festspiele kreierte: „Wir stehen beide vor einem Silbersee“, meinte sie damals, um das Fehlen der Jüngeren zu umschreiben. Dass Drexel dabei noch schmunzeln kann, zeugt von seinem Vertrauen. „Wir haben ein Bild von Kirche und glauben, dass es so weitergehen muss wie bisher. Aber ich glaube, dass Kirche anders weitergeht, dass sie wieder neu und fruchtbar wird. Dass nicht alle dieses Vertrauen teilen, macht dem Priester manchmal zu schaffen, insbesondere der Blick auf jene Kardinäle, die sich gegen den Papst stellen. „Ich glaube, dahinter steckt die Urangst, dass die Kirche untergeht. Diese Leute glauben Jesus nicht, sie meinen, sie müssten die Kirche retten.“

Zuversicht.

Freude bereitet dem Pfarrer alles was er tun darf, von der Bibel- bis zur Frauenrunde. Besonders schön sind für ihn Gottesdienste, bei denen viele mitwirken - vom Jugend- und Gospelchor bis zu jenen festlichen Liturgien, die von Kirchenchor und Orchester gestaltet werden. Eine weitere Leidenschaft, nämlich das Wandern und Radfahren, musste er vor ein paar Jahren wegen eines Rückenleidens aufgeben. Die Reduktion seiner Freizeitaktivitäten sieht er jedoch mit Gleichmut. „Man kann sich an so vieles gewöhnen.“ Auch seiner Pensionszeit sieht er mit Gelassenheit entgegen. Er wird in sein Elternhaus in Hohenems ziehen, wo er und seine Schwestern je eine eigene Wohnung haben. Nur der Umzug - der wird noch ein Kraftakt. «

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 26 vom 25. Juni 2020)