25. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B, 19. September 2021

Wort zum Sonntag von Franz Troyer

In der heidnischen Stadt Alexandrien in Ägypten lebten gesetztestreue Juden. Mit ihrem Lebensstil verunsicherten sie viele Mitbürger.

1. Lesung

Weisheit 2,1a.12.17-20

Die Frevler tauschen ihre verkehrten Gedanken aus und sagen: Lasst uns dem Gerechten auflauern! Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg. Er wirft uns Vergehen gegen das Gesetz vor und beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung. Wir wollen sehen, ob seine Worte wahr sind, und prüfen, wie es mit ihm ausgeht. Ist der Gerechte wirklich Sohn Gottes, dann nimmt sich Gott seiner an und entreißt ihn der Hand seiner Gegner. Durch Erniedrigung und Folter wollen wir ihn prüfen, um seinen Gleichmut kennenzulernen und seine Widerstandskraft auf die Probe zu stellen.Zu einem ehrlosen Tod wollen wir ihn verurteilen; er behauptet ja, es werde ihm Hilfe gewährt.

Eifersucht und Streit scheinen seit eh und je das menschliche Zusammenleben zu vergiften.

2. Lesung

Jakobusbrief 3,16-4,3

Schwestern und Brüder! Wo Eifersucht und Streit herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art. Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedfertig, freundlich, gehorsam, reich an Erbarmen und guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht. Die Frucht der Gerechtigkeit wird in Frieden für die gesät, die Frieden schaffen. Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten? Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Leidenschaften zu verschwenden.

Auf dem Weg nach Jerusalem macht Jesus mit seinen Jüngern einen Intensivkurs über den Sinn von Leiden und Sterben.

Evangelium

Markusevangelium 9,30-37

In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er belehrte seine Jünger und sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird in die Hände von Menschen ausgeliefert und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er  auferstehen. Aber sie verstanden das Wort nicht, fürchteten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr auf dem Weg gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten auf dem Weg miteinander darüber gesprochen, wer der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.

Wort zum Sonntag

Pfr. Georg NigschFranz Troyer
ist Pfarrer im Seelsorgeraum Lienz-Nord und Leiter der Bibelpastoral der Diözese Innsbruck. Den Autor erreichen Sie unter

Wort zum Evangelium

Emmerentia Pichler wurde im Jahr 1680 auf Schloss Bruck bei Lienz als Hexe hingerichtet. Wir schütteln heute den Kopf, wie die
Menschen damals so verblendet waren und in einem Hexenwahn andere zum Sündenbock für alles Mögliche gemacht haben. Emmerentia Pichler war für viele Zeitgenossen kein Mensch mehr, sondern ein Ungeheuer und jemand, der mit dem Teufel im Bund ist. Das Theaterstück „Die Pfaffin“ schildert ihr Leben. Es endet mit dem Satz „Mensch bleibt Mensch“ und fragt damit, ob sich heute die Zeiten geändert und gebessert haben. Gibt es heute weniger Vorurteile als damals? Ich frage mich manchmal, warum die Jünger so wenig von Jesus verstanden haben. Sie haben weitreichende Worte von ihm gehört und wunderbare Taten erlebt. Er bereitet sie zielstrebig auf die Ereignisse in Jerusalem vor und trotzdem haben sie keine anderen Gedanken als jene, wer von ihnen der größte sei. Jesus nimmt die Frage der Jünger ernst und zeigt zugleich, dass in seinem Reich eine andere Logik herrscht. Er stellt ein Kind in die Mitte und betont damit, dass jeder Mensch einen unendlichen Wert hat, vor jeder Leistung und unabhängig von allen Talenten und Beziehungen. Der Satz „Mensch bleibt Mensch“ macht mich realistisch und bescheiden im doppelten Sinn: Was auch immer jemand anstellt, er oder sie ist ein Kind Gottes und bleibt ein Mensch. Leider gelingt es schwer, dass Menschen ihr Verhalten ändern. Die vielen Grenzen und Fehler wiederholen sich oft von Generation zu Generation.

Zum Weiterdenken
Peinlich, könnte man sagen. Jesus redet von seinem Tod und die Jünger beschäftigen sich damit, wer von ihnen der Größte ist. Gleichzeitig bin ich über diesen Hinweis der Bibel froh, weil die Frage nach Macht und Beliebtheit in der Kirche oft tabuisiert wird und dann im Untergrund erst recht ihre
eigenartigen Blüten treibt.

Gott, durch deinen Namen rette mich,
verschaff mir Recht mit deiner Kraft!
Gott, höre mein Bittgebet,
vernimm die Worte meines Mundes!
Denn fremde Menschen standen auf gegen mich,
Gewalttätige trachteten mir nach dem Leben,
sie stellten sich Gott nicht vor Augen.
Siehe, Gott ist mir Helfer,
der Herr ist unter denen, die mein Leben stützen.
Bereitwillig will ich dir opfern,
will deinem Namen danken, HERR, denn er ist gut.
Denn er hat mich herausgerissen aus all meiner Not,
mein Auge schaut herab auf meine Feinde.

Antwortpsalm (aus Psalm 54)

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 37 vom 16. September 2021)