Der Sprecher der Vorarlberger Armutskonferenz, Michael Diettrich, schlägt Alarm: für das laufende Jahr wird für die Wirtschaft ein Wachstumseinbruch von 1,2% vorausgesagt. Das Wachstum sinkt im Jahr 2019 voraussichtlich auf 1,5% gegenüber 2,7% im Vorjahr. Die Initiative gegen Armut und soziale Ausgrenzung befürchtet, dass aus diesem Grund die Arbeitslosen- und Mindestsicherungszahlen wieder steigen werden.

Wolfgang Ölz

Die Prognose von Michael Diettrich, der mit der Vorarlberger Armutskonferenz Einrichtungen aus den Bereichen Soziales, Bildung und Kultur vertritt, lautet: „Die gute Wirtschaftsentwicklung 2017 und 2018 hat auch zu einer Stabilisierung der österreichischen Sozialausgaben geführt. Die Arbeitslosigkeit ist österreichweit gesunken, und nicht nur in Vorarlberg war 2018 ein deutlicher Rückgang der Mindestsicherungszahlen zu konstatieren. Allerdings war die Erholung viel zu kurz und wir erwarten auch wieder steigende Zahlen in der Mindestsicherung.“

Die guten Jahre sind vorbei. Diettrich sieht das Problem bei der ehemaligen türkis-blauen Bundesregierung. Staatliche Konjunkturprogramme hätten in der Regel ein Jahr Vorlaufzeit, bis sie Wirkung zeigen. Insofern sind die guten Jahre 2017 und 2018 noch der Vorgängerregierung geschuldet, während 2019, wenn die Wirtschaftspolitik von türkis-blau schlagend wird, prompt das Wachstum einbricht. Diettrich nennt das einen „wirtschaftspolitischen Totalausfall“. Das für 2019 prognostizierte Wachstum von 1,5% hält Diettrich schlichtweg für ein Desaster.

Ziel Vollbeschäftigung gefordert.

Statt die Krise schönzureden braucht Österreich in den kommenden Jahren schnell konjunkturfördernde staatliche Maßnahmen. Michael Diettrich hält hier Maßnahmen und Rücksichtsnahmen auf Haushaltsdefizite, Schuldenquoten oder Schuldenbremsen für verfehlt: „Im Mittelpunkt sollten das Ziel Vollbeschäftigung und die Anregung von Investitionen stehen.“ Die Armutskonferenz vermisst die „Aktion 20.000“, eine Initiative der schwarz-roten  Bundesregierung zur Unterstützung älterer Arbeitnehmer/innen. Ausbildungsmöglichkeiten für Gruppen mit hohem Risiko, arbeitslos zu werden, hält der Sprecher der Armutskonferenz auch für wichtig. Begrüßenswert wäre auch die sogenannte „kleine Steuerreform“, die ÖVP und FPÖ noch im aktuellen Nationalrat beschließen wollen. Diese „kleine Steuerreform“ zielt auf die Entlastung der unteren Einkommen, die die Nachfrage konjunkturwirksam ankurbeln würde. Ein Dorn im Auge ist Michael Diettrich die beabsichtigte Senkung der Körperschaftssteuer: „80% der Körperschaftssteuer entfallen auf 5% der Kapitalgesellschaften, alles Großbetriebe, die schon in den letzten zwei Jahrzehnten massiv von Abgaben entlastet wurden.“ Investiert wurde trotzdem nicht mehr. Diettrich betont: „Warum sollten die Kapitalgesellschaften angesichts dessen mehr investieren, wenn man ihnen noch mehr Geld hinterherwirft?“

Öffentliche Investitionen als Heilmittel.

Das Heilmittel sieht Diettrich dagegen in der Ausweitung öffentlicher Investitionen, die weitere Investitionen und das Wirtschaftswachstum anregen. Der Staat sollte nach Diettrich vor allem in vier Bereichen investieren: in den sozialen Wohnbau, in Bildung und Pflege sowie in den Klimaschutz. Die Klimaziele seien ohne massive öffentliche Investitionen nicht zu erreichen.

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 30/31 vom 25. Juli 2019)