Am Freitag, 8. Juli um 18 Uhr, wird Bischof Benno Elbs den Seminaristen Gabriel Steiner aus Nüziders zum Diakon weihen. Alle Interessierte sind herzlich dazu eingeladen. Die diakonale Haltung des Samariters, der angesichts des zusammengeschlagenen Mannes ein offenes Herz zeigt, sieht er als Grundlage für alle Weiheämter und das Christentum insgesamt. Von der Kirche wünscht sich der angehende Geistliche, dass sie im Hinschauen auf Christus auf dem Weg bleibt.
Wolfgang Ölz
Sie schreiben auf der Website des Priesterseminars in Innsbruck: „So gehe ich meinen Weg der Berufung im Vertrauen auf den, von dem ich meine gerufen worden zu sein.“ An anderer Stelle sprechen Sie von „einer inneren Stimmigkeit“. Wie sind Sie zu Ihrer Berufung gekommen?
Gabriel Steiner: Es hat mich immer schon begleitet. Manchmal intensiver, manchmal weniger intensiv, manchmal mehr im Vordergrund, manchmal mehr im Hintergrund. Ein Impuls unter mehreren beim Seminar anzuklopfen war: Ich möchte es jetzt ausprobieren. Da ist ein innerer Zug, ich gebe diesem Zug nach und schaue, wo es mich hinzieht. Jetzt ist die Zeit. Es ist immer besser, ich probiere es aus, als dass ich mit vierzig sagen müsste: Hätte ich es doch probiert.
Wie äußert sich die Berufung konkret?
Steiner: Ich kann mich in den Tätigkeitsfelder von Priestern und Diakonen gut vorstellen. Ich glaube, dass so mein gottgegebenes Leben am besten zur Entfaltung kommen kann. Ich denke, dass ich als Diakon und als Priester das Optimale für mich finde, um für das Reich Gottes in dieser Welt zu wirken.
Auf welche Menschen und auf welche Gemeinschaft stützen Sie sich auf Ihrem Weg zum Diakon bzw. Priester?
Steiner: Einerseits dort, wo ich den Glauben das erste Mal kennengelernt habe, in meiner Familie, die mich unterstützt. Das erweitert sich um Kollegen und Bekannte, um prägende Persönlichkeiten, die mir begegnet sind, die mit mir unterwegs sind und mich begleiten, im engeren und loseren Kontakt. Es sind die Leute, auf die ich bauen kann, die da sind, wenn ich sie brauche für Inspirationen, für Rückmeldungen, aber auch um eine Freude gemeinsam zu teilen.
Sie versprechen ja auch den Zölibat. Sehen Sie das Glück einer Beziehung zu einer Frau durch Kolleg/innen ersetzt?
Steiner: Ich glaube nicht, dass man eine Partnerschaft hundertprozentig ersetzen kann. Man kann es bis zu einem gewissen Grad kompensieren, aber es bleibt ein Raum, den man ganz sinnfrei vollstopfen kann oder den man auch sinnvoll füllen kann mit dem, für das er gedacht ist, nämlich die Beziehung zu Gott. Das kann sich mannigfaltig äußern. Freundschaften und die eigene Herkunftsfamilie sind oft wichtig für einen zölibatär lebenden Menschen. Das zölibatäre Leben kann man in Verbundenheit mit anderen Menschen, vom menschlichen Grundbedürfnis nach Beziehung her, sehr gut leben. Auch im Zölibat sind Geborgenheit und Beziehung möglich. Sich mitteilen, Intimität nicht im Sinne körperlicher Intimität, aber im Sinne von Platz für „Innerlichkeiten“, die man bei einer vertrauten Person ansprechen kann. Der Zölibat ist auch ein Opfer. Ein beziehungsunfähiger Mann kann den Zölibat im eigentlichen Sinn auch nicht leben. Schließlich bleibt genauso wie in einer Partnerschaft ein stetes Ringen. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen dem Zölibat und der Ehe und beide Lebensformen haben Ihre Vor- und Nachteile.
Die Rede vom Opfer und die Ganzhingabe an den Beruf des Priesters ist etwas im Grunde sehr Unzeitgemäßes. Wie gehen Sie damit um?
Steiner: Ich kann nur sagen, man bekommt mehr zurück als man gibt. Das Leben mit Gott ist etwas sehr Beschenkendes. Es gibt Freude und stärkt. Ein ganz wichtiger Punkt ist das „Dahinterschauen“, hinter das, was ist. Es geht darum, nicht bei dem stehen zu bleiben was ist, sondern es in eine Beziehung zu mir zu bringen. Der Mensch steht gemeinsam in einer Schöpfungsgemeinschaft hin zum Schöpfer. Dann erscheint alles, was ist, in einem anderen Licht.
Sie haben eben erfolgreich die „Defensio“, die Prüfung zu Ihrer Abschlussarbeit gehabt. Um was geht es dabei?
Steiner: Der Titel lautet: „Gottes Gegenwart und Verborgenheit in der Schöpfung“. Schöpfung und Natur sind in meinem Leben sehr wichtige Konstanten. Das äußert sich in meiner Diplomarbeit, aber auch in unserem Instagram-Account „Bergpfarrer“. Ich sehe nicht nur eine schöne Blume oder eine wunderbare Landschaft, ich sehe eine Schöpfung und darin „Worte der Liebe“, wie Papst Franziskus in der Enzyklika Laudato si’ sagt.
Ist das Diakonat für Sie als angehender Priester mehr als eine Durchgangsstufe zur Priesterweihe?
Steiner: Die Berufung zum Diakon ist das, was eigentlich jeder Christin, jedem Christ aufgetragen wäre. Es geht um eine diakonale Haltung, um die Haltung der Liebe für alle Menschen, besonders die sozial Schwachen. So sehe ich das Diakonat als erstes Glied des dreigliedrigen Weiheamtes Diakon, Priester und Bischof als Grundlage, als Fundament. Auf die diakonale Haltung baut alles andere auf. Ich denke da immer an das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter, der der Diakon schlechthin ist. Es geht nicht nur um eine halbherzige Spende oder ein knappes Gespräch mit einem Obdachlosen, sondern eben auch darum, sich konfrontieren und bewegen zu lassen. Das ist das, was ich als diakonales Tun betrachte und das betrifft alle Christgläubigen, besonders die Geweihten.
Die Kirche ist gesellschaftlich auf dem Rückzug. Was erwarten Sie sich persönlich von Ihrem Arbeitgeber Kirche?
Steiner: ...dass die Kirche weiter auf dem Weg bleibt im Hinschauen auf Christus in Schrift und Tradition. Ich habe (bislang) keine großen, äußeren Forderungen an die Kirche.
Wenn Sie, sagen wir in zwanzig Jahren, im Klerus mit geweihten Priesterinnen und verheirateten, erfahrenen Männern Dienst tun, ist das für Sie eine gute Vorstellung?
Steiner: Ich weiß nicht, was in zwanzig Jahren ist. Mit Frauen und Männern arbeite ich jetzt schon zusammen. Ich sehe jedenfalls keine Konkurrenz für mich, wenn das so kommen sollte, wie Sie das skizzieren. Für mich geht es in dieser Frage vor allem darum, dass sich die Theologie dementsprechend findet. Die Diskussionen sind zum Teil merkwürdig, wenn etwa gefordert wird, dass Frauen Priesterinnen werden dürfen, aber gleichzeitig bemerkt wird, dass das Priestertum sowieso obsolet sei oder auch, wenn Theologien gestützt werden, die nicht mehr fassbar sind. Aus meiner Sicht müssen die, die das klassische Priestertum verteidigen, sich argumentativ neu finden, andererseits müssen auch die, die einen Zugang von Frauen für das Priestertum fordern, sich klar werden, was sie überhaupt fordern. Geht es um Amt oder geht es um Berufung, geht es um Zölibat oder Kirchenbild? Es wird vieles vermischt.
Bludenz Heilig Kreuz – Bludenz Santa Croce wie Sie salopp sagen – ist auch Ihre Taufkirche. Hat das für Sie eine besondere Bedeutung?
Steiner: Wir sind alle auf Gottvater, Gottsohn und Heiliger Geist getauft, der unser ganzes Leben durchwirken und uns als eine Kirche zusammenführen möchte. Die Taufe ist die Grundlage für ein christliches Leben und für alle Weihen.
Auf Instagram ist Gabriel Steiner mit seiner Seite „Bergpfarrer“ präsent, die er gemeinsam mit seinen Kollegen, dem Wiener Anselm Becker und dem Vorarlberger (Jung-)Priester Peter Rinderer betreibt.