Wünsche erfüllen sich - oder eben nicht. Beides gehört zum Leben. Schwierig wird es nur, wenn wir die nicht-erfüllten als Kränkung weiter mit uns tragen. Dass das Leben auch viel leichter möglich ist, davon erzählt Aron Saltiel im KirchenBlatt-Gespräch.

Patricia Begle

Hinter jeder Frustration oder Kränkung stecken Wünsche oder Erwartungen, die nicht erfüllt wurden. Das ist die Grundthese, von der Aron Saltiel in seinem Arbeiten ausgeht. Das kann zum Beispiel der Wunsch nach Fairness sein oder die Erwartung von Ehrlichkeit. Im Falle von Ungerechtigkeit oder Lüge sind wir dann gekränkt. „An solchen Kränkungen halten wir oft fest“, erläutert der Therapeut. Die Folgen davon kennen wir alle: Wir leiden daran, jedes Erinnern löst wieder Schmerz aus, wir fühlen uns benachteiligt, als Opfer. Und „wir organisieren unser Leben um alte Kränkungen herum“ - wir sind vorsichtig, versuchen ähnliche Situationen zu vermeiden oder hören auf, uns in Zukunft dies zu wünschen.

Der Prozess 
„Wir kommen nicht auf die Idee, dass ein vergangener Wunsch für damals nicht mehr erfüllt werden kann“, erklärt Saltiel. In dieser Einsicht aber liegt der Schlüssel zur Lösung. Indem wir uns von genau diesem Wunsch in der damaligen Situation lösen, werden wir frei, weiß der erfahrene Therapeut. Für diesen Zweck arbeitet er mit einem Prozess, den er im Rahmen seines Seminares mit den Teilnehmenden einübt. Sieben Schritte umfasst er.
Es geht unter anderem darum, die Situation der Kränkung zu artikulieren und auch zu beschreiben, welches Verhalten man sich damals gewünscht hätte. Mit einer Symbolhandlung wird die Erwartung vergegenwärtigt und losgelassen. Diese Handlung kreiert jede/r Teilnehmer/in für sich selbst - zum Beispiel in Form eines Stückes Papier, das verworfen, verbrannt oder ins Klo gespült wird. Was im Ritual zudem zur Sprache kommt, ist die Zuordnung von Verantwortung - jene für mich und jene für das Gegenüber.

Das Selbst
Oft löst die Idee des Loslassens inneren Widerstand aus. Denn Kränkungen werden vielfach Teil der eigenen Identität - geht hier ein Stück verloren, löst das Angst aus. „Wer bin ich denn, wenn ich nicht derjenige bin, der als Kind zu wenig geliebt wurde?“, so könnte sich der Widerstand melden. „Deshalb brauchen wir die Unterstützung des Selbst für diesen Prozess“, erklärt Saltiel. Inspiriert von Br. David Steindl-Rast, verwendet er den Begriff des „Selbst“ um „eine innere Instanz“ zu beschreiben, „die mich so akzeptiert und sein lässt, wie ich bin - ohne Bedingungen zu stellen“. Diese Instanz gilt es zu Beginn des Vergebens-Prozesses aufzufinden. Das klingt für manche vielleicht abstrakt. Saltiel aber weiß: „Jeder Mensch bringt diese Erfahrung mit.“ In seinen Aufstellungsarbeiten holt er sie in den Raum und macht sie konkret. Erst in dieser „handfesten Erfahrung des Verbundenseins“ stellt sich das Vertrauen ein, das ich brauche, um einen Teil meines „Ichs“, einen Teil meiner Persönlichkeit loszulassen.

Ausgleich
Wem es gelingt, eine Erwartung aus der Vergangenheit zu stornieren, ist frei. Frei von der Opferrolle, frei von Rachegelüsten in Bezug auf das Geschehen, das vergeben wurde. In diesem inneren Frieden ist es möglich, Konflikte mit Betroffenen anzusprechen, ohne dass sie wieder von vorne losgehen. So können Lösungen gefunden werden. „Ausgleich schaffen“, nennt Saltiel dies. „Wenn ich Schaden erlitten habe, habe ich das Recht, das wieder ins Lot bringen zu wollen.“ Gerade in Beziehungen, die wichtig sind, ist es notwendig, dass es zu einer Aussprache und zum Ausgleich kommt - in welcher Form, das kann gemeinsam ausgehandelt werden.

TERMIN

Sich frei machen.
Einführung in die Praxis des Ver-gebens.
Seminar mit Aron Saltiel, Erwachsenenbildner und Psychotherapeut.

Sa 21. Oktober, 10.15 Uhr, bis So 22. Oktober, 13 Uhr
Bildungshaus St. Arbogast. Kursbeitrag
€ 130,- / Vollpension € 85,50. 

Anmeldung:
T 05523 62501-828,