Das Bild, das wir in Europa von Pakistan haben, ist nicht sehr erbaulich. Terorrismus, Korruption, Atommacht, Islamismus. Abseits der Schlagzeilen aber ist Pakistan mehr. Wer vom Hilfsnetzwerk von Dr. Ruth Pfau hört, bekommt Einblick in ein anderes Pakistan.

Patricia Begle

Hintergrund

Seit über 50 Jahren ist die Ordensschwester und Ärztin Dr. Ruth Pfau in Pakistan tätig. Sie hat Unvorstellbares geschaffen. Mit ihrem Team ist es ihr in den 90er Jahren gelungen, Lepra unter Kontrolle zu bringen. Die Zahl der Erkrankten zeigt sich heute überschaubar. Sie lässt es auch zu, dass andere Hilfsprojekte aufgebaut werden. Denn Dr. Pfau sieht Not und setzt Taten. Unermüdlich.

Vergessene Krankheit
Wenn eine Krankheit „unter Kontrolle“ ist, dann besteht die Gefahr, dass sie vergessen wird, von der Regierung ebenso wie von den Ärzten. Das heißt, die Hilfsprogramme werden reduziert, die Krankheit oft viel zu spät erkannt. Sogar von den Ärzten. „Wir müssen weiterarbeiten und die Krankheit wieder ins Bewusstsein der Ärzte bringen“, erklärt Mervyn Lobo, Geschäfstführer des MALC. „Sonst kommt sie zurück.“ Angesichts der Inkubationzeit eines Lepra-Bakeriums - sie beträgt bis zu 20 Jahren - wird die Dringlichkeit der Forderung klar.

Vergessenes Land
Was die Arbeit der Hilfsorganisation zudem erschwert, ist die politische Lage Pakistans. Trotz demokratischer Wahlen, die einen kleinen Hoffnungsschimmer in die Zukunft werfen, gehören Korruption und Willkür zum Alltag. Die Situation spitzt sich zu und immer mehr NGOs verlassen das Land. „Hier haben wir einen großen Vorteil“, erklärt Claudia Villani, die aus Wien stammende Mitarbeiterin. „Denn beim MALC arbeiten Einheimische. Das bedeutet, dass sie die Menschen und die Gegend kennen und Zutritt haben, wo sonst keiner mehr hinkommt. Und sie verlassen das Land auch nicht - denn sie sind dort Zuhause.“ Die Hilfe ist damit sicher und nachhaltig.

Vertrauen
Die zwei Anschläge der vergangenen Wochen auf Einrichtungen von Dr. Ruth Pfau machen Angst. „Aber es ist wie bei einem Verkehrsunfall. Da konzentriert sich alles auf die Hilfe, da wird die Angst nicht mehr gespürt.“, erzählt die Wienerin. „Das Ziel der Anschläge ist Verunsicherung. Diese Leute wollen Angst verbreiten und das Land destabilisieren.“ Wer jedoch in die Augen von Mervyn Lobo und Claudia Villani blickt, weiß: hier ist das Vertrauen und der Glaube an die gute Sache viel größer.

Berufung
Überhaupt wirken die beiden weder gestresst noch überfordert. Trotz der großen Anstrengungen und Gefahren, die ihre Arbeit mit sich bringt. Ihr Einsatz ist Berufung, er ist klar und fraglos. Immer wieder erzählen sie Begebenheiten, die staunen lassen und schmunzeln, weil sie die Haltung und die beherzte Art von Dr. Ruth Pfau verdeutlichen. „Sie ist tiefreligiös und politisch zugleich. Ich bin dankbar, sie zu kennen.“, erklärt Claudia Villani.

Hintergrund

Hilfe weltweit
Das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich ist eine Solidaritätsaktion von Missio, Päpstliche Missionswerke in Österreich, mit Sitz in Bregenz. Jährlich werden weltweit ca. 75 Projekte mit rund 1,5 Mio Euro unterstützt, Schwerpunkt der Unterstützung sind Menschen, die an Lepra, TBC, Malaria oder Aids erkrankt sind.

Projekte in Pakistan:

- MALC (Marie Adelaide Leprosy Center) ist eine Hilfsorganisation, die 164 Lepra-Gesundheitsstationen in ganz Pakistan mit über 800 Mitarbeiter/innen umfasst.
- Die Lepra-Rehabilitation in Malir sorgt durch medizinische Behandlung und soziale Maßnahmen für die Integration geheilter Leprapatient/innen.
- Ein Haus für Menschen mit Behinderung gibt Menschen, die aufgrund ihrer Lepraerkrankung lebenslang behindert sind, Bleibe und Würde.
- Wiederaufbauprogramm: Nach der Flutkatastrophe 2010 wurden im Rahmen diese Hilfsprogrammes 220 einfache, aber flutresistente Häuser gebaut.

Spendenkonto: Missio, Hypo Landesbank Vorarlberg, IBAN: AT22 5800 0000 1111 1114, BIC: HYPVAT2B
www.missio.at