Teil 3 der KirchenBlatt-Fastenserie: Wir erleben immer wieder Zeiten der Schwäche. Wenn wie jetzt die Natur aufbricht, ermutigt uns das. Ein Frühlingsbote wird in diesen Tagen besonders herbeigesehnt – der Bärlauch. Er ist ein Kraftspender, uraltes Heilmittel und kulinarisches Highlight.

Ich höre manchmal, dass Fasten kräfteraubend ist. Die ersten Tage einer klassischen Fastenkur können sehr anstrengend sein. Der normale Nahrungsentzug oder die -reduktion wirken sich auf unsere Kraft beziehungsweise Kraftlosigkeit aus. Das ist normal. Wir sollten bedenken, dass Kranke, außer mit strikter ärztlicher Begleitung, und Alte sowie Kinder nicht essenfasten sollten.

Vor allem wird Fasten dann zur Qual, wenn es erzwungen und nicht aus freier Entscheidung und Überzeugung geschieht. Deshalb hat der Lockdown, unter dem viele Menschen gelitten haben oder leiden, nichts mit Fasten zu tun, auch wenn das äußerlich gesehen so erscheinen mag. Der Lockdown ist „erzwungenes Fasten“ und deshalb mit dem spirituellen Fasten nicht vergleichbar, auch wenn wir auf viele Dinge verzichten mussten und oft lebensnotwendige Kontakte nicht hatten. Aber Einschränkungen können zu Erkenntnissen führen, die heilsam sind.

Fastenweg: Trainingslager fürs Leben

Unser Ziel ist es nicht, nur in der Fastenzeit Erkrankungen zu heilen, sondern in unserem ganzen Leben alle Lebenskräfte zu fördern. Religiös gesprochen ist es der Weg durch die Fastenzeit und vor allem durch die Karwoche bis hin zum Karfreitag, zum Sterben und zum neuen Leben der Auferstehung am Ostersonntag. Dieser Lebensprozess ereignet sich immer, nicht nur in der Fastenzeit. Sie kann und sollte das Trainingslager für diese Lebensprozesse sein. Nicht nur der Glaube, sondern auch die Natur geben uns Hilfen, um diese Lebenswege gut zu bewältigen. Wir erleben immer wieder Zeiten der Schwäche, der Krankheit, der Mutlosigkeit, der Resignation und der Verzweiflung. Sie sind schwer und manchmal überhaupt nicht zu verstehen. Aber auch diese Erfahrungen sind Zeichen des Lebens.

Wenn das neue Leben in der Natur jetzt aufbricht, dann bekommen wir ­Ermutigung und Stärke. Es wäre deshalb ein sehr heilsamer Fastenvorsatz, jeden Tag eine halbe Stunde oder eine Stunde lang ins Grüne zu gehen, oder einen Waldspaziergang zu machen. Die heilige Hildegard von Bingen gibt uns in schwierigen Lebenssituationen den Rat: „Schau ins Grün!“ In Japan werden Waldspaziergänge (Wald-Baden) auf Krankenschein verordnet.

Heilsam: Sich Zeit nehmen

Eine Stunde lang gehen und Bewegung sind nach wissenschaftlichen Untersuchungen die bewährtesten und einfachsten Mittel, die eigene leibseelische Gesundheit zu erhalten. Wir wissen das alle und machen es trotzdem nicht. Ich höre schon die Einwände: „Dazu habe ich wirklich keine Zeit. Ich bin so beschäftigt“.

Vor ein paar Wochen bin ich auf der Kirchentreppe von Sankt Gerold ausgerutscht und gefallen und habe mich ziemlich verletzt. Ich wurde operiert und der Genesungsweg ist lang. Ein befreundeter Arzt sagte mir: „Wenn du dich mehr und regelmäßiger bewegt hättest, würde der Heilungsprozess wahrscheinlich viel schneller geschehen.“ Aber dazu hatte ich ja keine Zeit. Jetzt bin ich gezwungen mir Zeit zu nehmen.

Nun sitze ich am Fenster meines Zimmers und schau ins Grün. Es ist heilsam, vor allem weil ich spüre, dass es mir guttut, auch innerlich zur Ruhe zu kommen. Ich will mir nicht allzu viele Vorsätze nehmen, aber ich werde in Zukunft regelmäßig „Wald-Baden“.

Fastenvorsatz: Weniger ärgern

Manchmal kommen wichtige Erkenntnisse nur langsam, oder zu spät. Und dann ärgere ich mich darüber. Das ist überflüssig wie ein Kropf und hilft überhaupt nicht. Ich will mich in dieser Fastenzeit weniger ärgern. Das ist einer der schwierigsten Fasten-Vorsätze. Aber ich weiß, dass ich mit meinem Ärger nicht „in der Freude des Heiligen Geistes das Osterfest erleben“ werde, wie es der heilige Benedikt im Fastenkapitel seiner Regel uns empfiehlt.
Der Ärger wird ja nicht dadurch leichter, dass ich mir oder anderen Schuldzuweisungen mache, sondern nur dadurch, dass ich versuche, die Ursachen und mich selber zu erkennen und zu einer neuen Erkenntnis komme. Und dabei stoße ich auch auf alte Wunden, die durch so einen „zufälligen“ Sturz neu zu Tage treten. Der Ärger wird sich dabei nicht sehr schnell in Freude verwandeln, wenn ich nicht anfange, dankbar zu sein, auch für meine Missgeschicke, für meine Fehler und für meine Belastungen. „Dankbarkeit ist der Schlüssel zur Freude“, sagt unser Mitbruder David Steindl-Rast. Ich muss nicht dankbar sein für das Missgeschick, für den Unfall und auch nicht für den Schmerz. Aber diese Erfahrungen sind alle Gelegenheiten, mein Denken und dieses Leben zu verändern. Wenn ich dies alles in meinem Herzen erwäge, spüre ich auch die Grünkraft und die Heilung in mir. Sie müssen jetzt nicht über eine Treppe stolpern und sich verletzen. Manchmal geht es auch einfacher.

Herbeigesehnter Frühlingsbote

Ich habe für Sie und für mich eine Heilpflanze ausgewählt, die uns jetzt im Frühjahr die Natur in überreichem Maß anbietet: der Bärlauch. Seit tausenden von Jahren wird er als Kraftspender und reinigende Kraft gesammelt und angewendet. Dabei ist er nicht nur ein uraltes Heilmittel, sondern auch ein kulinarisches Highlight. Wir kennen ihn alle. Außerdem wirkt der Bärlauch stärkend auf den Stoffwechsel und die Verdauung. Man kann ihn gegen Frühjahrsmüdigkeit anwenden. Er soll sogar den Bären nach ihrem Winterschlaf auf die Beine helfen und ihnen neue Kraft geben, meinten schon die alten Germanen. Der Bärlauch verleiht also Bärenkräfte. Kaum ein Frühlingsbote wird so sehr herbeigesehnt wie der Bärlauch! Kein Wunder, denn die zarten grünen Bärlauchblätter sind nicht nur ein kulinarisches, sondern auch ein gesundheitliches Highlight!

Aus der Kräuterschatztruhe

Bärlauch
Am besten isst man die frischen
Bärlauchblätter. Sie schmecken im Salat, als Pesto oder machen Sie ein Salz!

Bärlauch-Tinktur
Man kann auch eine Bärlauchtinktur ansetzen und im Frühjahr 1 bis ­2 ­Monate eine Kur machen. Dazu gibt man eine Handvoll gewaschenen und geschnittenen Bärlauch in ein Schraubdeckelglas. Man übergießt den Bärlauch mit Alkohol (25- bis 30%iges Ethanol gibt es in der Apotheke oder Sie nehmen Korn), bis der Bärlauch vollständig bedeckt ist. Als alkoholfreie Variante kann Honig und Essig im gewünschten Verhältnis verwendet werden.
Dann lässt man die Tinktur zwei bis drei Wochen ziehen. Anschließend abfiltern und in eine dunkle Flasche abfüllen. Von dieser Tinktur nehmen Sie dreimal täglich 15 bis 30 Tropfen vor den Mahlzeiten.

Pater Johannes Pausch P. Johannes Pausch
Der Benediktiner P. Johannes Pausch aus dem Europakloster Gut Aich in St. Gilgen gilt als Experte in der Kräuterheilkunde. Mit seinen Beiträgen begleitet er durch die Fastenzeit.