3. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr C, 23. Jänner 2022

Wort zum Sonntag von Reinhard Stiksel

Die Rückkehr nach Jerusalem ist die Chance für einen Neuanfang. Im Hören und Verstehen der Heiligen Schrift wird auch die Beziehung zu Gott vertieft.

1. Lesung

Nehemia 8,2–4a.5f.8–10

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Paulus vergleicht die Gemeinde mit dem menschlichen Leib, der nur im Zusammenspiel der verschiedenen Organe funktioniert. Jedes ist auf das andere angewiesen!

2. Lesung

1. Korintherbrief 12,12–31a

Schwestern und Brüder!
Wie der Leib einer ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: So ist es auch mit Christus. Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt.
Auch der Leib besteht nicht nur aus einem Glied, sondern aus vielen Gliedern. Wenn der Fuß sagt: Ich bin keine Hand, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört er doch zum Leib. Und wenn das Ohr sagt: Ich bin kein Auge, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört es doch zum Leib. Wenn der ganze Leib nur Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur Gehör wäre, wo bliebe dann der Geruchssinn?

Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach. Wären alle zusammen nur ein Glied, wo bliebe dann der Leib? So aber gibt es viele Glieder und doch nur einen Leib. Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht. Der Kopf wiederum kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht. Im Gegenteil, gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich. Denen, die wir für weniger edel ansehen, erweisen wir umso mehr Ehre und unseren weniger anständigen Gliedern begegnen wir mit umso mehr Anstand, während die anständigen das nicht nötig haben.

Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem benachteiligten Glied umso mehr Ehre zukommen ließ, damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen. Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm. So hat Gott in der Kirche die einen erstens als Apostel eingesetzt, zweitens als Propheten, drittens als Lehrer; ferner verlieh er die Kraft, Machttaten zu wirken, sodann die Gaben, Krankheiten zu heilen, zu helfen, zu leiten, endlich die verschiedenen Arten von Zungenrede. Sind etwa alle Apostel, alle Propheten, alle Lehrer? Haben alle die Kraft, Machttaten zu wirken? Besitzen alle die Gabe, Krankheiten zu heilen? Reden alle in Zungen? Können alle übersetzen? Strebt aber nach den höheren Gnadengaben!

Gottes Wort und der Heilige Geist stehen am Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu. Auf dieser Basis wird das Evangelium zuverlässig überliefert.

Evangelium

Lukas 1,1–4; 4,14–21

Schon viele haben es unternommen, eine Erzählung über die Ereignisse abzufassen, die sich unter uns erfüllt haben. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, nachdem ich allem von Beginn an sorgfältig nachgegangen bin, es für dich, hochverehrter Theóphilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest. In jener Zeit kehrte Jesus, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen. So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge.

Als er aufstand, um vorzulesen, reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesája. Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Sy­nagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.

Wort zum Sonntag

Pfr. Georg Nigsch

Reinhard Stiksel
ist promovierter Theologe und Referent im Bibelwerk der Diözese Linz. Den Autor erreichen Sie unter sonntag@koopredaktion.at

 

Wort zur 2. Lesung

Über viele Jahrhunderte hinweg war es nahezu selbstverständlich, Kirche hierarchisch von oben nach unten darzustellen. Beginnend etwa bei Papst und Pfarrer über diverse Amtsinhaber, Funktionäre, bis hin zu Trägerinnen und Trägern kleinerer Aufgaben wird Kirche wie ein starres Flussbett gedacht, in dessen Machtgefälle es eine klare Fließrichtung gibt.  Paulus entwickelt ein gänzlich anderes Bild: Er vergleicht die Gemeinde mit einem vitalen Organismus – einem Leib mit vielen Gliedern. Alle sind sie unterschiedlich, haben besondere, einzigartige Aufgaben und sind notwendigerweise aufeinander angewiesen, damit der Körper als Ganzes funktioniert.


Dieser Vergleich ruft uns nachdrücklich in Erinnerung, dass jede/r Einzelne, auch die scheinbar Kleinsten, Träger/in von Geistesgaben ist und mit ihnen einen existenziellen Beitrag für kirchliche Gemeinschaft leistet.  Ja sogar noch mehr: Das Wohlergehen des ganzen Organismus hängt an der Gesundheit jedes dieser Glieder. Aufeinander hören, aber auch selbst gehört zu werden, ist dafür genauso bedeutsam wie die gegenseitige Sorge füreinander und gemeinsames Feiern. 

Ihre Stärke erhält die Gemeinde aus der Vielfalt ihrer Geistesgaben, die sich in verschiedenen Personengruppen und Tätigkeiten innerhalb der Gemeinde zeigen, von denen Paulus einige aufzählt. Äußere Merkmale wie Lebensstand, Herkunft oder Geschlecht waren hierfür nebensächlich; in ihrer Vielfalt sind sie einander auch nicht hierarchisch übergeordnet, sondern allein Christus zugeordnet. Als Haupt gibt er diesem Körper Leben und Ziel, stiftet Einheit und Zusammenhalt und verbindet damit Unterschiedliches.

Zum Weiterdenken

Welche unterschiedlichen Geistesgaben erfahren Sie in Ihrer Pfarre oder Gemeinschaft? Am Sonntag des Wortes Gottes ist dieser Bibeltext Anregung, die eigene Gemeinde aus neuen Blickwinkeln zu sehen und die eigenen Fähigkeiten in die Vielfalt kirchlichen Lebens einzubringen.

Die Weisung des Herrn ist vollkommen und gut,
sie erquickt den Menschen.
Das Zeugnis des Herrn ist verlässlich,
den Unwissenden macht es weise.
Die Befehle des Herrn sind gerade,
sie erfüllen das Herz mit Freude.
Das Gebot des Herrn ist rein,
es erleuchtet die Augen.
Die Furcht des Herrn ist lauter,
sie besteht für immer.
Die Urteile des Herrn sind wahrhaftig,
gerecht sind sie alle.
Auch dein Knecht lässt sich von ihnen warnen;
reichen Lohn hat, wer sie beachtet.
Die Worte meines Mundes mögen dir gefallen;
was ich im Herzen erwäge, stehe dir vor Augen,
Herr, mein Fels und mein Erlöser.
Antwortpsalm (aus Psalm 19)