Ohne Wasser kein Leben, ohne Feuer keine Zivilisation. Franziskus weiß um deren „Nutzen“ und schätzt ihre Kostbarkeit. Er weiß aber auch um ihre Zerstörungskraft – und nimmt Wasser und Feuer hinein in das Erlösungswerk Christi.

Bild rechts: Noch herrscht am Strand fast idyllische Badestimmung, während dunkle Wolken aus dem Landesinneren gefährliche Buschbrände anzeigen.

Serie: Teil 4 von 7

Sonnengesang des hl. Franz

P. Johannes Schneidervon P. Dr. Johannes Schneider
Fachmann für franziskanische Spiritualität

Während meiner Zeit in San Damiano drehte ich oft eine Runde um das Kloster und überquerte dabei einen kleinen Bach. Er war sehr verschmutzt durch Unrat, den Menschen achtlos hineinwarfen. Ich dachte, wenn dieses Wasser zur Zeit des hl. Franz auch so verunreinigt gewesen wäre, dann hätte er diese Strophe des Sonnengesangs nicht gedichtet:

Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Wasser,
gar nützlich ist es und demütig
und kostbar und keusch.

Als ich wieder einmal zu diesem Bach kam, fiel mir ein, dass er doch gar nichts dafür- kann, dass er verunreinigt wurde. Von Gebirgsbächen meiner Heimat weiß ich, dass sie sich nach längerer Strecke des Hinabfließens über Fels und Stein wieder selbst reinigen. Nur stehendes Wasser fault.

Es ist so nützlich
Franziskus erkennt in Schwester Wasser vier Qualitäten, die es in hohem Maß (multo) besitzt: nützlich, demütig, kostbar, keusch. Sein Nutzen ist so offensichtlich, dass es fast ausschließlich unter diesem Aspekt verwendet und dabei „ausgenützt“ wird, zuletzt auch als Abwasser. Wasser fließt hinab und sucht den untersten Platz. Wird es zum Waschen verwendet, dann übernimmt es den Schmutz und trägt ihn an sich selbst fort. In seiner Demut, andere durch sich zu reinigen und zu tränken, erkennt Franziskus seine Kostbarkeit, die es mit den Gestirnen teilt: „umile et pretiosa“, demütig und kostbar.

Doppelte Reinigung
Er liebte das Wasser besonders, wird erzählt, „weil in ihm heilige
Buße und Zerknirschung bildhaft dargestellt sind, wodurch der Schmutz der Seele abgewaschen wird, und weil die erste Abwaschung der Seele durch das Wasser der Taufe geschieht.“ Wie die Sonne, so durchschaut Franziskus auch das Wasser als „Sinnbild“ (significazione), gerade, wenn es nicht mehr rein ist, weil es dem Menschen reinigend dient. Es wird ihm zum Zeichen doppelter Reinigung, der persönlich-innerlichen durch Tränen der Reue und der objektiv-sakramentalen durch das Wasser der Taufe. Wasser ist keusch, weil es nicht bei sich selbst stehen bleibt, sondern sich in liebender Hingabe verschwendet. Die Gefährten erzählen, mit welch behutsamer Ehrfurcht Franziskus der demütigen Kostbarkeit des Wassers begegnete: „Wenn er sich die Hände wusch, dann suchte er den Ort so aus, dass das Wasser, das zur Erde fiel, nicht mit den Füßen getreten wurde.“

Bruder Feuer, sei höflich!
Aus ähnlichem Respekt wollte er auch das Feuer nicht auslöschen, das einmal seine Kutte anbrannte, während er sich an ihm wärmte. Franziskus lässt Bruder Feuer an den Eigenschaften seines großen Bruders Sonne teilhaben:

Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Feuer,
durch das du die Nacht erleuchtest;
und schön ist es und fröhlich
und kraftvoll und stark.

Vor seiner kraftvollen Stärke hatte Franziskus auch Angst, als er mit einem glühenden Eisen zur Augenbehandlung an den Schläfen gebrannt werden sollte: „Mein Bruder Feuer, sei in dieser Stunde höflich (nobilis) zu mir. Ich habe dich ja immer geliebt und werde unseren Schöpfer bitten, dich zu kühlen, damit ich dich aushalten kann! – Und als er sein Gebet beendet hatte, machte er über das Feuer das Kreuzzeichen.“

Damit sie erlöst werden
Der fröhliche Bruder Feuer kann furchtbar sein wie Wasser, wenn es in Fluten kommt. Franziskus sieht die Natur nicht heil und harmlos. Gerade deshalb nimmt er sie durch das Zeichen der Erlösung hinein in Lob und Segnung (bene-dictione) des gemeinsamen Schöpfers, damit auch sie erlöst werden zur Freiheit der Kinder Gottes (vgl. Röm 8,21).

Sonnengesang und Berichte über Feuer und Wasser:
Franziskus-Quellen, Kevelaer 2009, S. 40f., 1164ff., 1324.