50 Jahre Diözese Feldkirch. Wir stehen kurz vor dem Fest am See, einem der Höhepunkte 2018. Wer im Jubiläumsjahr zurückblickt und sich mit dem Hier und Jetzt befasst, der kann auch vorausschauen. Der Autor Johannes Lampert (34) aus Göfis hat einen Blick ins Jahr 2068 geworfen - dann, wenn die Diözese Feldkirch 100 Jahre alt sein wird:

„Hier fällt nie jemand um!“ denkt sie sich. „Am Morgen lächeln die Menschen. Untertags und am Abend ebenso.“
Marthas Gedanken vertreiben sich ins Rosarote. Der ­romantische Blick auf die Dinge, vertieft in die Sorglosigkeit, hat ihr immer schon gestanden. „Was wäre denn, wenn wir unser Leben von den Ritualen befreien? Und die Welt auch und Gott ohnehin?“ Während sie ihre Sätze im Kopf ordnet, schmeißt sie den Konjunktiv raus. Durch die Ohren ins Freie. „Dort kann er machen, was er will!“, denkt sich Martha weiter und spaziert hinein in den Sommersonntag.

Es ist fünfzig Jahre später und was der Mensch ursprünglich Glaube genannt hat, ist jetzt die Reflexion seiner selbst. Martha betritt den leeren weißen Raum mit dem runden Fenster im Giebel. „Man sucht und findet nur ohne Ablenkung. Ohne Dinge und Vergleich.“ Der leere weiße Raum stellt nichts dar. In ­atmender Ruhe sitzen die Menschen, aus allen Herrgottsländern, und horchen in die Stille. Im Windfang stehen Schuhpaare. Der rohweiße Teppichboden ist wie eine Bodenverbindung, unabgehoben. „Wer in sich schweigt und in den Menschen, der schaut nicht mehr, er sieht nur noch.“

Über das Land sickert Gelassenheit, stetig und in alle Poren. Martha schaut den Menschen beim Wachsen zu. Sie sind nicht gut und auch nicht böse, weil ihr Glaube sie gelehrt hat, keine Entsprechung zu sein. „Kein Vergleich der Welt bringt Frieden.“ Martha hat sich diesen Satz bewahrt. Die Nachbarn haben darüber geredet und die Gemeinde auch. Die ganze Region ist in dieser Tiefe gelandet und Gottseidank dort auch geblieben. Darüber hinaus vielleicht auch, aber die Welt ist groß und die Abgründe verlockend. „Man fängt sich auf hier.“ Durch das Fenster im Giebel dringt ein unbestimmtes Licht, hellorange und zugedeckt. „Sie haben die Symbole entfernt und daraus kein Denkmal gebaut. Und dann haben sie gesagt, dass man Unzufriedenheit behandeln kann und die Sprache auch. Das braucht halt seine Zeit. Aber Zeit ist ja eh immer.“ Keiner vergisst den Dank zum Schluss, zu jedem Schluss: Am Ende - aber auch, während das Leben sich bewahrheitet.

Martha verlässt den leeren weißen Raum. Es ist immer noch Sonntag. Draußen stehen ein paar Menschen und bewegen ihre Gedanken. Seit Jahren schweigt die Welt bewusst. „So sieht man endlich das Licht.“ Und es wirft ein anderes. Auf alles eigentlich. Johannes Lampert

(aus dem KirchenBlatt Nr. 21 vom 24. Mai 2018)