Aglaia Poscher-Mika zum Tag des Judentums und zur Weltgebetswoche um die Einheit der Christen.
Das Kalenderjahr beginnt mit wichtigen Daten, die weit über die Grenzen des Katholizismus hinausreichen. So wird betont, dass es sich hier um offene Grenzen handeln soll - um Türen, die man gerne öffnet, um weniger Bekanntes hereinzulassen. Denn die katholische Kirche würde nicht bestehen ohne ihre Geschwisterkirchen, welche sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben und allesamt auf den Ursprung des Judentums zurückgehen, dessen wir uns gerne öfters bewusst sein dürfen. Und so eröffnet auch der Tag des Judentums am 17. Jänner die Weltgebetswoche um die Einheit der Christen von 18.-25. Jänner.
„Die Kirche Christi ist berufen, Vorgeschmack auf dieses Himmelreich zu sein, aber wegen unserer Uneinigkeit werden wir diesem Auftrag nicht gerecht. Es gelingt uns nicht, Zeichen der Liebe Gottes zu seinem Volk zu sein“, schreibt selbstkritisch der päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen.
Vergleichen wir den Stand der einzelnen Kirchen mit einem Menschenleben, dürfen wir einen Reifungsprozess erkennen. Während wir in der Jugend dazu neigen, die eigene Identität zu formen, indem wir unsere Herkunft und unsere Eltern offen kritisieren, so wird uns glücklicherweise einige Jahre später bewusst, dass nur in der Balance ein glückliches Leben möglich ist. Wer uns erzogen hat ist wichtig, darüber hinaus dürfen und müssen wir natürlich auch selbst wählen, welche Einflüsse wir gerne weiterhin unser erwachsenes Leben beeinflussen lassen und welche nicht. Aber kein gesunder Erwachsener würde seine Eltern und Geschwister ohne guten Grund verleugnen.
So ist es auch für die katholische sowie andere christliche Kirchen mehr als gesund, sich auf ihren jüdischen Ursprung zu besinnen und mit Menschen jüdischen Glaubens eine friedliche Beziehung zu pflegen. Keiner muss den anderen missionieren – beide dürfen auf dieser großen, komplexen Erde nebeneinander existieren. Papst Johannes Paul II bezeichnete die Juden als unsere älteren Geschwister, welchen wir mit Respekt und Herzlichkeit begegnen dürfen. Begehen wir also den Tag des Judentums sowie die ökumenische Gebetswoche im Bewusstsein, dass unsere Offenheit ein Vorgeschmack des Himmelreichs sein kann. Dies gewinnt an Bedeutung in einer Zeit, in welcher auch der politische Wind winterlich kalt weht.
Aglaia Poscher-Mika, MMA
Beauftragte der KatholischenKirche Vorarlberg
für den Interreligiösen Dialog;
Musiktherapeutin, Sängerin, Stimmbildnerin.
E aglaia.mika@kath-kirche-vorarlberg.at
(aus dem KirchenBlatt Nr. 2 vom 10. Jänner 2019)