Der Standort der Kirche St. Corneli in Tosters wirft Fragen auf. Denn er ist weder leicht erreichbar noch gut sichtbar. Außerdem ist das Gebiet um die Kirche kaum besiedelt. Der Tostner Geschichte-Student Rainer Bayer hat deshalb nachgeforscht. Und hat überraschende Antworten gefunden.

Rainer Bayer / Red. 

Der Grund, weshalb vor tausend oder noch mehr Jahren das abgelegene Gebiet des heutigen Weilers St. Corneli gerodet und dort ein Kirchlein erbaut wurde, war nicht die idyllische Landschaft, sondern jener Baum, der seit langem im Volksmund „tausendjährige Eibe“ genannt wird.

Lebensbaum
Die Eibe ist der einzige giftige Nadelbaum in unseren Wäldern. Schon bei den Griechen galt sie als Tor zur Unterwelt, die Kelten verehrten die Eibe als Kultbaum. Sie wurde in vielen Kulturen als der Lebensbaum verstanden, weil sie immergrün ist, im Winter die höchsten Energiewerte aller Nadelbäume aufweist und mit unübertroffener Regenerationskraft ausgestattet ist. Berühren die Äste einer absterbenden Eibe den Boden, schlagen diese wieder aus und bilden neue Bäume. So ist diese Baumart aus menschlicher Sicht unsterblich.

Älter als 1000 Jahre
Eiben wachsen äußerst langsam, ein großer Stammdurchmesser ist ein sicherer Hinweis auf ein hohes Alter. Die Bevölkerung in Tosters pflanzte im Jahre 1800 wenige Meter südlich der Kirche St. Corneli eine Eibe, damit man durch Wachstumsvergleiche in einigen Jahrhunderten Rückschlüsse auf das tatsächliche Alter der „tausendjährigen Eibe“ ziehen könne. Der damals gepflanzte Baum weist heute einen Durchmesser von weniger als 60 Zentimeter auf, im Gegensatz dazu beträgt der Umfang der „tausendjährigen Eibe“, deren Stamm völlig hohl ist, knapp fünf Meter. Die „tausendjährige Eibe“ wuchs also lange bevor St. Corneli erbaut wurde und ist somit einer der ältesten Nadelbäume Mitteleuropas.
Bemerkenswert ist außerdem, dass ein Schweizer Rutengänger feststellte, dass sich in der Kirche drei Kraftlinien schneiden und hier deshalb ein besonderer Kraftort sei.
 
Heilige Orte bleiben
Durch die irischen Missionare Kolumban und Gallus kam der christliche Glaube in unsere Gegend. Die Christen errichteten im Laufe der Zeit an jenen Orten, welche ihren Vorfahren jahrhundertelang heilig waren, ihre religiösen Zentren. Der heidnische Glaube wurde nach und nach durch den christlichen verdrängt, die Lokalitäten für die Zeremonien blieben jedoch dieselben.

Mit christlichen Inhalten verbunden
Einer alten Sage nach soll die Gottesmutter Maria, als sie sich in Kriegszeiten auf dem Weg von Einsiedeln in der Schweiz nach St. Gerold im Großen Walsertal befand, unter der „tausendjährigen Eibe“ übernachtet haben. Seither wirke eine geheime Kraft im Holz der Eibe und ihre Rinde lindere Schmerzen aller Art. Da die Bevölkerung in der Sage einen wahren Kern vermutete, brachte man an ihrem Stamm in einem verglasten Schrein eine Marienstatue an.

Erhoffte Heilung
So war St. Corneli schon im 17. Jahrhundert ein bedeutender Wallfahrtsort. Unzählige Pilger versprachen sich durch das Kauen der Eibenrinde Linderung ihrer Gebrechen. Der Stamm der sagenumwobenen Eibe musste deshalb mit einem Holzverschlag und später durch ein Eisengitter geschützt werden, weil das häufige Abbrechen der Rinde durch die Pilger dem Baum stark schadete und ein Absterben des Naturwunders zu befürchten war.
Die christlichen Pilger waren jedoch nicht die ersten. Denn die Bewohner der prähistorischen Siedlungsstätten auf Borscht, Lutzengütle, Malanser und Schneller in Liechtenstein sowie jene, die auf dem heutigen Burgplateau in Tosters wohnten, pilgerten zu ihrem Kultbaum, der heute „tausendjährigen“ Eibe. Sie waren somit schon vor der Geburt Christi die ersten Wallfahrer im heutigen St. Corneli. 

TERMIN

„St. Corneli - der älteste Wallfahrtsort Österreichs?“
Vortrag von Rainer Bayer und Manfred Getzner.  
Di 18. September, 17 Uhr, Kirche St. Corneli, Tosters 

(Artikel aus dem KirchenBlatt Nr. 37 vom 13. September 2018)