Zahlreiche Bücher haben Rudolf Bischof und Klaus Gasperi schon miteinander verwirklicht. Nun liegt mit „Den Himmel mit Händen fassen“ ein neues Lesebuch zu Fastenzeit, Karwoche und Ostern vor.

Möglichkeit für einen Austausch mit den Autoren gibt es bei der Buchpräsentation
am 3. März in Bregenz und
am 4. März in Feldkirch

Sie habe ja schon öfter gemeinsam Bücher veröffentlicht – wie kam es zur Zusammenarbeit?

Rudolf Bischof: Klaus Gasperi habe ich in Innsbruck während seines Studiums der Theologie kennengelernt. Ich war damals Seelsorger für die StudentInnen der Theologie. Er ist mir als Kenner der Literatur aufgefallen, er hat immer wieder schöne Texte zu verschiedenen Anlässen vorgetragen. So kam es zu einer Zusammenarbeit, als er in verschiedenen Verlagen tätig war. Wir verfassten eine Begrüßungsbroschüre für Neuzugezogene, dann das Weihnachtsbuch mit dem Titel: „Weil wir im Herzen barfuss sind“, das mehrfach aufgelegt wurde, zuletzt „Das kleine Buch zum Pilgern“ beim Tyroliaverlag.

Klaus Gasperi: In meiner Studienzeit in Innsbruck lernte ich Rudolf Bischof als einen Seelsorger kennen, der ein feines Gespür für Sprache und ein waches Interesse an Literatur und Kunst hat, sodass ich als Verlasgslektor sehr daran interessiert war, mit ihm Bücher zu machen.

Und wie kam es zur erneuten Zusammenarbeit an diesem Buch? Wer hat die Initiative ergriffen?

Bischof: Immer wieder wurde ich ermuntert, wie das Weihnachtsbuch ein Buch zum Thema „Auferstehung“ zu machen. Ebenso ist es Klaus ergangen. So haben wir einander motiviert, doch endlich an die Verwirklichung zu gehen. Wir haben uns wieder zusammengetan und dieses Buch gemacht mit dem Titel: „Den Himmel mit Händen fassen". Klaus hat dann doch die Initiative ergriffen und mit dem Tyroliaverlag Verbindung aufgenommen. Dabei hat uns der Tyroliaverlag bei der Gestaltung sehr geholfen.

Gasperi: Die Idee dazu gab es schon länger. Vor Jahren hat mir dann eine Ordensschwester aus Bayern geschrieben, dass sie das Weihnachtsbuch von uns sehr gerne verwendet. Wir sollten doch auch etwas über Ostern machen. Sie sagte noch: „Sie müssen sich aber beeilen, ich bin schon über 90 Jahre alt!“ Da musste ich dann eben vorwärts machen.

Warum gerade ein Lesebuch zu Fastenzeit, Karwoche und Ostern? Was bedeutet diese Zeit für Sie persönlich?

Bischof: Mir hat das Thema Auferstehung immer viel bedeutet. Ist es doch der zentrale Punkt unseres Glaubens. Besonders hat mich dann die Erkenntnis beeindruckt, dass diese Auferstehung mitten im Alltag ebenso stattfindet und nicht nur als einmaliges Ereignis in Jerusalem. Wo wir neuen Anfang nach Vergebung suchen, wo verschlossene Türen geöffnet werden, wo wir in der Leere eines Grabes in unserm Leben neues Leben entdecken, wo sich nach Frustrationen und Erfolglosigkeit die Netze wieder füllen, wo wir miteinander unterwegs sind und Worte der Hoffnung austauschen, da ist Auferstehung. Um diese Hoffnung zu finden darf ich einen Weg wie in der Fastenzeit gehen. Leer werden, aufräumen, Wesentliches entdecken, neu gewichten, eine Verklärung und Durchblick finden sind Stufen dazu. So darf ich mit Geschichten und Texten die Fastenzeit gestalten und in der Aufmerksamkeit das kostbare Licht der Auferstehung entdecken.

Gasperi: Unser Weihnachts-Lesebuch war sehr erfolgreich und über zehn Jahre am Markt erhältlich, das hat gezeigt, dass es für diese Art von Buch doch ein großes Interesse gibt. Und da war es naheliegend, mit einem Buch zu Ostern weiterzumachen. Für mich ist die Fastenzeit die religiöse Form des Frühlings, die Gestaltung der Sehnsucht nach mehr Licht und einem neuen Aufblühen.

Was glauben Sie: Warum erfreut sich Weihnachten größerer Beliebtheit als Ostern?

Bischof: Weihnachten ist natürlich von seiner Geschichte und dem Brauchtum her dem Volk viel näher. Die Weihnachtslieder, die Krippe, der Christbaum, die Herbergsuche rühren Kinder, Erwachsene und ältere Menschen in der Tiefe der Seele an. Genauso könnten es die Auferstehungsgeschichten tun, wenn sie volksnaher ins Brauchtum eingebettet wären.

Gasperi: Ich denke, das Bild des göttlichen Kindes spricht die Seele mehr und tiefer an als die Ereignisse der Karwoche. Und die Auferstehung verschieben wir oft auf die Zeit nach dem Tod.

Wie lief die Auswahl der Gedichte und Erzählungen ab?

Bischof: Wir haben einfach gemeinsam gesammelt, Gedichte und Texte, die uns viel bedeuten, die wir gern mögen und die natürlich mit diesem Inhalt zu tun haben. Mit diesen Texten hoffen wir, dass auch die Leser ihr Selbst entdecken und einen tiefen Brunnen finden, aus dem sie wieder Frische und Hoffnung schöpfen können. Mit der Perspektive der Schreiber können wir dem Leben näher kommen, in dem ein so wertvoller Schatz verborgen ist. Wir hoffen, dass die Leser entdecken, dass es hinter ihnen her blüht und zu dem entscheidenden Kriterium gelangen, dass der Mensch auf das Unendliche bezogen ist, wie C.G. Jung sagt.

Gasperi: Dass die Texte uns ansprechen und etwas in uns wachrufen, ist sicher eine Voraussetzung, dass ein Text da reinkommt. Es ist auch immer ein enger Wettbewerb, man muss ja viele Texte weglassen, die man durchaus gerne drinnen hätte. Das Schöne ist auch, dass sich die Texte gegenseitig „rufen“, eins fügt sich zum andern, wenn David Steindl-Rast von „Verinnerlichung“ spricht, dann ist klar, dass diese Verinnerlichung im Gedicht von Ernesto Cardenal umgesetzt ist, wo selbst der stinkende, klapprige Lastwagen von einer Sehnsucht nach Leben und Liebe angetrieben wird, genauso wie die Sterne am Nachthimmel.

Und wie kam der Titel zustande?

Bischof: Den Titel haben wir miteinander und mit dem Verlag zusammen ausgelotet und aus verschiedenen Vorschlägen gleichsam herausgeschält.  Uns kam es darauf an, dass der Mensch oder auch die LeserInnen wieder entdecken, dass zur Erde auch der Himmel gehört, zum Menschen Gott, zum Irdischen das Ewige, zum Menschlichen das Göttliche. So kann in aller Gottvergessenheit ein neuer Geist gesehen werden, in aller Seelenlosigkeit eine Seele, in aller Fadheit und Müdigkeit eine neue Farbigkeit und Frische gefunden werden.

Gasperi: Den Titel hat Rudl zuerst vorgeschlagen. Er ist aus einem Gedicht der jungen Selma Meerbaum-Eisinger, und weil es von ihrer starken Sehnsucht nach Leben erzählt, schien es uns passend fürs Buch.

An wen richtet sich das Buch?

Bischof: Das Buch richtet sich an Menschen, die alten Bildern eine neue Perspektive schenken wollen, die mit den Augen so verschiedener Autoren eine Sicht des Lebens entdecken, die einen Morgen der Auferstehung, der Wiederbelebung schenkt.

Gasperi: An Menschen, die schöne und tiefe Texte schätzen, die in ihrem Alltag wieder hellsichtiger werden wollen für die spirituelle Dimension des Lebens.

Was sind Ihre persönlichen Lieblingstexte / Passagen / Kapitel… in diesem Buch?

Bischof:  Meine Lieblingstexte sind: Nelly Sachs: Lange haben wir das Lauschen verlernt; Etty Hillesum: Der tiefe Brunnen; Bruno Dörig: Der Apfelschnüffler; Erhart Kästner: Wir leben auf Verklärung zu; Leo Tolstoj: Die drei Greise; Leonardo Boff: Jeder Tag steckt voller Sakramente; Elie Wiesel: Nie werde ich diese Nacht vergessen; Hilde Domin: Die schwersten Wege; Hans Brunner: Weil sie liebt.

Gasperi: Der Textauszug aus Rilkes „Im Gespräch“, das Gedicht von Ernesto Cardenal über das Tal von Cuernavaca, das ist für mich unglaublich beeindruckend, was dieser Mystiker da alles sieht, nur indem er zum Fenster hinausschaut, und da wird ihm dieser ganz normale Alltag zu einer kosmischen Sinfonie. Und Heinz Kahlaus „Löwenzahn“.

Eine letzte - persönliche Frage - mit Blick auf die Fastenzeit: Fasten Sie?

Bischof: Ich faste und finde viel Sinn dahinter. Zuerst mühte ich mich um ein Fasten wie Alkohol oder Schokolade fasten, aber irgendwann wurde dies so normal. Dann habe ich mich bemüht, nicht nur im Magen, sondern innerlich leer zu werden, leer von Angst, von Wünschen, von Eifersucht, von Enttäuschung und in dieser Befreiung und Leere eine neue Perspektive zu finden. Für mich war schön, für jeden Tag etwas zu leben, besondere Aufmerksamkeit, kein negatives Wort, das Schöne zu sammeln und sich zu wundern, dass es so Vieles gibt. Dieses Fasten fing ich an zu lieben und es hat angefangen, mich zu tragen.

Gasperi: Ich habe immer wieder mal an Fastenwochen teilgenommen, für heuer habe ich mir noch nichts vorgenommen. Biblisch ginge es ja darum, kein mürrisches Gesicht zu machen, für 40 Tage ist das allerdings ein recht ehrgeiziges Ziel, aber vielleicht probiere ich es mal tageweise.

Buchtipp:

Rudolf Bischof / Klaus Gasperi / (Hg.)
Den Himmel mit Händen fassen
Lesebuch zu Fastenzeit, Karwoche und Ostern

224 Seiten, 13,5 x 20,5 cm, geb. mit Titelprägung und  Lesebändchen
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2022
ISBN 978-3-7022-4053-0
€ 24,95