aus der Reihe "Welt der Religionen" von Aglala Poscher-Mika.

Der heilige Franz von Assisi, dessen Gedenktag wir am 4. Oktober feiern, wird oft als Wegbereiter des interreligiösen Dialoges dargestellt. Todesmutig soll er seinen Weg bis vor den Sultan al-Kamil geschafft haben - bereit, eines Märtyrertodes zu sterben. Denn er wollte den orientalischen Herrscher nicht nur von einem friedlichen Verhalten gegenüber den Kreuzfahrern überzeugen, sondern hatte auch die kühne Hoffnung, der Sultan würde sich samt seines muslimischen Volkes zum christlichen Glauben bekennen.

Solche „Friedensgespräche“ gibt es bis heute - und bedauerlicherweise sind sie notwendiger denn je. Besonders kultiviert wurde der interreligiöse Dialog von Johannes Paul II., welcher sich maßgeblich für den Dialog mit nichtchristlichen Religionen einsetzte. Eine freundschaftliche Beziehung verband ihn mit dem 14. Dalai Lama. Und er war der erste Papst, der sowohl eine Synagoge als auch eine Moschee besuchte. Besonders eindrucksvoll bleiben die Bilder der Weltgebetstreffen in Assisi (erstmals 1986), bei denen Vertreter der großen Weltreligionen auf Augenhöhe miteinander für den Frieden beten.

Wenn wir das Moment der Predigt des heiligen Franziskus vor dem Sultan al-Kamil näher betrachten, so drängt sich die Furchtlosigkeit auf, die den Bettelmönch getragen haben muss: Zu verlieren hatte er „nur“ das eigene Leben - das war vielleicht nicht viel, hoffend auf ein ewiges Leben in Christus. Und wenn ihm ein Märtyrertod zuteil geworden wäre, weil sich seine muslimischen Zuhörer zu sehr provoziert gefühlt hätten, so hätte dies sein Gott geweihtes Leben womöglich noch höher ausgezeichnet. Dazu kam es nicht - allerdings auch nicht zur Bekehrung seiner Zuhörer zum christlichen Glauben. Denn seine größte Hoffnung war, das Volk des Sultans zu missionieren und so vor ewigen Höllenqualen zu bewahren.
Ich wage den Gedanken, dass darin der große Unterschied zu heute liegt: Wir sind um den Frieden nicht weniger bemüht als zu Zeiten der Kreuzzüge, welche Christen gegen Muslime im Namen Gottes geführt hatten. Doch das Ziel heute ist ein friedliches Miteinander auf Augenhöhe - und nicht die Überzeugung, mein Gott sei besser als der Gott der anderen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat 1965 festgehalten, dass es nur einen Gott gibt, der alle Menschen guten Willens in seiner Liebe vereint.

Aglaia Mika, SopranAglaia Poscher-Mika, MMA
Beauftragte der KatholischenKirche Vorarlberg
für den Interreligiösen Dialog;
Musiktherapeutin, Sängerin, Stimmbildnerin.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 40 vom 4. Oktober 2018)