Israel ist äußerst vielfältig: Hier finden sich wichtigste Stätten des Christentums, Islams und Judentums; orthodoxe Jüdinnen und Juden sowie verschleierte arabische Frauen auf einer Straße; Polizei mit Maschinengewehren in der Jerusalemer Altstadt; das bedeutendste Holocaust-Gedenkmahl; die Grenzmauer; Nomaden, Wüste und das Tote Meer. Ein Bericht über die KirchenBlatt-Reise.

Elisabeth Willi

Sechs Uhr früh in der Altstadt Jerusalems: Erste Sonnenstrahlen bescheinen die weißen Häuser, von Ferne ist eine Prozession hunderter orthodoxer Christ/innen zu hören. Die Via Dolorosa - tagsüber bevölkert von Tourist- und Pilger/innen - ist menschenleer. Auch in der Grabeskirche herrscht relative Ruhe. Sie ist heute unser Ziel, wir besuchen einen katholischen Gottesdienst beim Heiligen Grab. Gleich dahinter hält eine orthodoxe Gemeinde ihre Messe ab. Deren Priester läuft in einer unglaublichen Geschwindigkeit mit einem Weihrauchstab um drei der vier Seiten des Heiligen Grabes - es scheint fast, als markiere er sein Revier. Die Grabeskirche ist im Besitz von sechs christlichen Konfessionen, und es ist genau geregelt, wer wann wo und wie lange seine religiösen Feiern abhalten darf. Trotz der lautstarken Messe nebenan ist unser Gottesdienst am Heiligen Grab - dem überlieferten Ort des Grabes Jesu - berührend und besonders.

Sabbat-Aufzüge

In Israel erlebt und sieht der/die Reisende sehr viel - und zwar auf kleinster Fläche; Israel ist halb so groß wie die Schweiz. Man sieht Dinge mit eigenen Augen, von denen man bisher nur gehört hat, z.B. die Grenzmauer im Westjordanland, und man erfährt von unbekannten Lebensweisen, z.B. der orthodoxen Juden. Wussten Sie etwa, dass es für sie am Sabbat verboten ist, jegliche Arbeit auszuführen? Darunter fallen auch Tätigkeiten wie das Drücken eines Liftknopfs. Aus diesem Grund gibt es sogenannte Sabbat-Aufzüge: Sie sind so eingestellt, dass sie am Samstag - dem Sabbat - automatisch in jeder Etage stehenbleiben und die Türen von selbst auf- sowie zugehen. Der Weg in den 30. Stock dauert dann halt eine halbe Stunde.

Es gibt nicht DIE eine Seite

Von den Menschen, die wir kennengelernt haben, hat mich Faten Mukarker am Meisten beeindruckt. Sie ist eine palästinensische Friedensaktivistin und war unsere Reiseführerin in Betlehem. Sie erzählte einiges aus dem Leben der Palästinenser/innen im Westjordanland - z.B. davon, wie die Olivenbäume ihres Schwiegervaters der Grenzmauer weichen mussten. Ihr Schwiegervater weinte, als dies geschah. Ihre Botschaft an uns aber war nicht geprägt von Zorn oder Unfrieden - sie bat uns: "Nehmt folgendes mit nach Hause: Es gibt nicht DIE eine Seite. Es gibt sowohl Israelis als auch Palästinenser/innen, die friedlich nebeneinander leben wollen. Und es gibt solche, die das nicht möchten." 

Alles bestens

Reiseleiter Pfarrer Norman Buschauer hatte ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Er führte uns umsichtig und fachmännisch - immer gespickt mit einer Prise Humor - von Jersualem bis zum Golan, vom See Genezareth bis in die Wüste. Als langjähriger Kenner des Heiligen Landes konnte er auf alle Fragen Auskunft geben. Die Reisegruppe wuchs schnell zusammen, man verstand sich sehr gut. Hotels, Essen und die Organisation der Reise waren tadellos.
Wie im Flug vergingen die zehn Reisetage - in Erinnerung werden sie immer bleiben.

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 37 vom 12. September 2019)