Wege zur Selbsterkenntnis können mühsam und anstrengend sein. Dieser hier ist anders. Lust- und freudvoll, originell und inspirierend führt er an Orte und Fragen, die an Wesentliches rühren.

Patricia Begle

Das Bild des Labyrinths ist ein Bild fürs Leben als Ganzes. Der Weg kreist oder windet sich darin um die Mitte, mal näher an ihr dran, mal weiter von ihr weg, die Distanz wechselt - oft unerwartet. Nach unzähligen Wendungen findet sich der/die Gehende in der Mitte.

(Lebens-)Orte

Im Rundgang durch Feldkirch, zu dem die Montforter Zwischentöne einladen, wird die Idee, das Leben in seiner Gesamtheit zu „begehen“ aufgegriffen und auf sehr inspirierende Art und Weise umgesetzt. Elf Orte sind es, an die die Teilnehmenden - fast wie bei einer Schatzsuche - gelotst werden. Elf Orte, die so selbstverständlich zum Stadtbild gehören, dass sie meist übersehen werden. Beim Rundgang werden sie betreten und damit in den Fokus gerückt. Ganz unkompliziert und gleichzeitig überraschend. Oder waren Sie schon einmal im Pulverturm?

Eine Frage wird an jedem Ort gestellt. Nur eine. Sie aber hat es in sich - das Leben. Was glücklich macht und prägend war, was frustriert oder gelassen werden kann. Nicht alle Fragen sind neu, aber durch die besondere Form kommen sie neu an. Direkt. Mit ihrer Härte und Schönheit, befreiend und betrübend. Wer sich einlässt, entdeckt Vergessenes, klärt Wesentliches, lässt Unnötiges hinter sich. Und wer den Weg bis zum Ende geht, hat bereits konkrete Schritte in die Zukunft geplant. Samt Weggefährt/innen.

Vorweihnachtlicher Pilgerweg

Die Orte korrespondieren mit den Fragen, denn sie versetzen in eine bestimmte Stimmung - nicht zuletzt aufgrund der Inszenierungen von Caro Stark. Die Bühnen- und Kostümbildnerin kreierte für die Räume innen und außen ein „Gewand“. Dieses ermöglicht Zeitreisen in die Vergangenheit und Zukunft, unterstützt Nachdenkprozesse und lässt Perspektivenwechsel in Sekundenschnelle geschehen. Wieder völlig überraschend, ja charmant. So bleiben Teddybärenblicke genauso beglückend in Erinnerung wie eine festlich gedeckte Tafel im Freien. Und Flügel lassen abheben.
Als „vorweihnachtlicher Pilgerweg“ wird der Rundgang in der Ausschreibung bezeichnet. Ja, er hat etwas Weihnachtliches in sich. Das vielzitierte Wort „Menschwerdung“ bekommt hier eine konkrete Anleitung, Spuren werden gelegt, die eine gute Richtung vorgeben. Natürlich gibt es keine Garantie des Ankommens, der Weg zur Mitte ist schließlich nicht berechenbar oder planbar.

Gehen Sie den Weg! Nehmen Sie ein Notizheft mit und ausreichend Zeit. Keine Angst vor der Kälte - es gibt immer wieder Orte zum Aufwärmen. Lassen Sie sich überraschen und beschenken. «

Wozu noch warten?

Ein Rundgang durch Feldkirch in elf Stationen. Der Rundgang dauert ca. zwei Stunden, kann auch unterbrochen werden, braucht keine Anmeldung und ist kostenlos. Start: Rezeption Hotel Gutwinski, Feldkirch. 6./7./8. Dezember, jeweils 10 bis 19 Uhr.
montforter-zwischentoene.at

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 49 vom 5. Dezember 2019)