100 Jahre alt - und es geht ihr prima, wie Frieda Platter sagt. Sie lebt im neuen Pflegeheim Abt Pfanner in Langen, strickt leidenschaftlich und dankt dem Herrgott jeden Tag. Bitten tut sie ihn aber nicht. Denn: „Es kommt, wie es kommen muss.

Elisabeth Willi

„I bin d’Frieda und i bin alt und i bin da.“ Mit diesen Worten stellt sich Frieda Platter beim heutigen Alt.Jung.Sein.-Kurs im Pflegeheim Abt Pfanner-Haus in Langen vor. Mit „I bin alt“ meint Frieda Platter: 100 Jahre. Diese merkt man ihr nicht an: Munter wedelt sie beim Sitztanz mit den Händen, in denen sie ein pinkes Chiffontüchlein hält; fleißig hebt und senkt sie die Füße bei den leichten Gymnastik-Übungen; selbstbewusst gibt sie Antworten beim Stadt-Land-Fluss-Quiz. Als der Donauwalzer vorgespielt wird - der heutige Kurs ist dem Thema Österreich gewidmet - und die letzten Töne verklungen sind, merkt Frieda Platter an: Beim nächsten Mal würde sie - bitteschön - gerne Rock ‘n‘ Roll hören.

16 Kinder.

Frieda Platter wurde am 28. September 1919 in Bozen geboren und wuchs dort mit 15 Geschwistern auf. Im Jahr 1939 wanderten die Eltern mit 13 Kindern nach Vorarlberg aus. Seither lebt Frieda Platter im Land, unter anderen Orten 54 Jahre lang in Bregenz. Von ihrer Ursprungsfamilie ist mittlerweile nur noch sie am Leben: Ihr jüngster und letzter Bruder ist vor fünf Jahren gestorben. Verwitwet ist sie schon lange, ihr Ehemann Hans ist im Jahr 1979 verstorben. Dafür kann Frieda Platter auf eine große Nachkommenschaft blicken: fünf Kinder, neun Enkel, 19 Urenkel, 3 Ururenkel. 

Treffpunkt.

Der Alt.Jung.Sein.-Kurs, der im Eingangsbereich des Pflegeheimes stattfindet, ist zu Ende. Der Kurs ist ein guter Treffpunkt für Bewohner/innen des Abt-Pfanner-Hauses und anderen Einwohner/innen von Langen, da sie alle daran teilnehmen können. Frieda Platter wohnt im Abt-Pfanner-Haus, sie verabschiedet sich von den Externen, man plaudert noch ein wenig.
Helga Platzgummer, die Leiterin des heutigen Alt.Jung.Sein.-Kurses, sagt derweil: „Ja, die Frieda. Sie ist immer aktiv bei den Kursen dabei. Sie ist geistig hellwach und es ist eine Freude, sich mit ihr zu unterhalten.“ Außerdem, so erzählt sie, sei die 100-jährige Dame eine Strickerin vor dem Herrn. „In drei Tagen strickt sie eine Jacke. Und sie bekommt Strick-Aufträge aus der ganzen Welt.“ Wie das? Ganz einfach, erzählt Frieda Platter, die früher als Stickerin für Messgewänder und Fahnen gearbeitet hat, später selbst: Bekannte, die aus Ungarn, den USA oder gar aus Australien stammen und manchmal in Vorarlberg sind, nehmen die Strickwaren in ihre Heimaten mit, eine Tochter von ihr wohnt in Italien und braucht dort auch Selbstgestricktes. „Ich bin international“, sagt sie und schmunzelt. Gleichzeitig aber auch sehr lokal: „In Langen trägt jedes Kind etwas Gestricktes von mir.“

Freude.

Mittlerweile hat Frieda Platter mit ihrem Rollator - ein wenig muss sie dem Alter doch Tribut zahlen - ihr Zimmer erreicht. Dieses Zimmer im Speziellen und das neue, freundliche Pflegeheim im Generellen, das vor einem Jahr bezogen wurde: Darüber freut sich die rüstige Dame sehr. „Ich bin richtig verliebt in mein Zimmer.“ Hier hat sie ihre Ruhe, hier kann sie sich ihrer Strickerei widmen. Oder Besucher/innen empfangen, etwa jemanden aus ihrer Nachkommenschar.
„Mir geht es prima“, sagt Frieda Platter und erklärt, worauf sie das zurückführt: zufrieden sein. Sie könne noch so vieles - selbst gehen, essen und kundtun, wenn ihr etwas nicht passt. „Vergelt’s Gott auffi dafür“, sagt sie und blickt nach oben. „Auffi“ - ganz hat sie Südtirol also nicht abgestreift? „Ich bin eine Boznerin“, erklärt Frieda Platter „und bleibe meinen Landsleuten treu.“ Selbst wenn sie gerne in Vorarlberg lebt und natürlich längst hier angekommen ist.
Sie danke dem Herrgott übrigens jeden Tag. Bitten hingegen, das tue sie nicht, weil: „Es kommt eh so, wie es kommen muss.“ Kurze Zeit später formuliert sie dann doch eine Bitte: „Der Herrgott soll mich noch ein bisschen leben lassen, ich bin noch nicht fertig.“ Auch wenn sie bereits jetzt auf 100 Jahre, reich an Leben, reich an Gnade - wie sie sagt - zurückblicken kann. «

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 2 vom 9. Jänner 2020)