Seit 1978 gibt es das Verdienstzeichen des Landes Vorarlberg. Dieses wird für Verdienste um das Land Vorarlberg und auf Sachgebieten in zwei Kategorien verliehen. Mit Hugo Ölz und Pfarrer Erich Baldauf werden heuer zwei Männer ausgezeichnet, die für kirchennahe soziale Projekte bzw. Vereine stehen. Die Verleihung findet am Freitag, 17. März im Landhaus statt.
Joachim Schwald
Menschen in Nigeria Hoffnung geben
Wie war Ihre Reaktion auf die bevorstehende Auszeichnung?
Hugo Ölz: Eine Auszeichnung gebührt genauso meinen Mitarbeiter:innen und meinem ganzen Team, das mit großem Engagement in Vorarlberg und in Nigeria tätig ist.
Welcher Aufgabe hat sich Ihre Institution selbst verpflichtet?
Ölz: Unsere Organisation FIDESCO will jungen Menschen in armen Ländern des Südens eine duale Berufsausbildung (Theorie und Praxis) anbieten und damit Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben geben. Es geht dabei um „Hilfe zur Selbsthilfe“. Im Berufsausbildungszentrum Enugu (Nigeria) kommen pensionierte Fachleute aus Vorarlberg zum Einsatz – derzeit sind es Schlosser und Elektriker. Sie bilden vor allem einheimische Ausbildner aus und helfen sowohl bei allen Fragen des praxisbezogenen Unterrichts als auch der Produktion für Kindergärten, Volksschulen, Wasserversorgung, usw. Sie alle engagieren sich ehrenamtlich.
Worin liegt die Motivation für Ihr Engagement?
Ölz: Durch unsere Kontakte mit der Kirche in Nigeria, durch meinen beruflichen Werdegang und durch meine Pensionierung ist mir schnell klar geworden, dass ich alle Voraussetzungen für ein solches Engagement in Afrika habe. Die Nähe zum Volk der Igbos im Süden Nigerias, aber auch die Arbeit mit dem Vorarlberger Team erfüllt mich mit Freude. Die Menschen in Nigeria liegen mir sehr am Herzen.
Wohin soll sich Ihr Projekt in Zukunft weiterentwickeln?
Ölz: Das Berufsausbildungszentrum in Enugu soll bald seine eigene Verantwortung tragen können. Mit Unterstützung aus Vorarlberg werden die einheimischen Verantwortlichen derzeit in Fragen des Managements geschult.
Was hat Ihr Einsatz mit Ihrem Glauben zu tun?
Ölz: Der Name unseres Vereines FIDES-CO bringt gut zum Ausdruck, um was es uns geht: FIDES (lat. Glaube) und CO (Cooperation). Es handelt sich um eine Zusammenarbeit aus dem Glauben, wobei das „und“ ganz wesentlich ist. Wir haben das Glück, in einem schönen und wohlhabenden Land leben zu dürfen. Was Gott uns schenkt, ist wohl nicht für uns allein bestimmt, solange es so viel Not auf der Welt gibt. Es ist für mich ganz klar, dass ich mit Armen teilen will, dort wo ich etwas bewirken kann.
Hugo Ölz aus Hohenems, geb. 1938, war zunächst HTL-Elektroingenieur und Berufsschullehrer. Nachdem er von 1978 bis 1986 Direktor der Landesberufsschule Feldkirch war, fungierte er anschließend bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 als Landesschulinspektor für Berufsschulen in Vorarlberg. Hugo Ölz ist verheiratet mit Marianne, hat 5 Kinder und 16 Enkelkinder.
Für Menschen da sein, die niemand sieht
Wie war Ihre Reaktion auf die bevorstehende Auszeichnung?
Erich Baldauf: Die Auszeichnung erhalte ich, es ist mir aber bewusst, dass ich sie vor allem den Geschäftsführungen von Mag. Peter Mayerhofer und Cornelia Matt sowie den Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen in den verschiedenen Gremien verdanke. Es zeichnet die gesamte Einrichtung aus.
Welcher Aufgabe hat sich Ihre Institution selbst verpflichtet?
Baldauf: Der „Verein der Freunde Kaplan Bonetti“ ist in Vorarlberg jene Einrichtung, die niederschwellig und suchtakzeptierend arbeitet. Sie hat mit Menschen zu tun, die in eine Krise geraten sind und denen möglichst effektiv geholfen wird. Der Verein betreibt drei Bereiche: 1. Die stationäre Wohnungslosenhilfe mit dem Haus Kaplan Bonetti. Sie beherbergt Menschen, die aktuell keine Wohnung haben und professionelle Hilfe brauchen, um eine Perspektive zu entwickeln. 2. Das Arbeitsprojekt ist ein soziales Unternehmen und bietet arbeitsmarktfernen Menschen Beratung, Beschäftigung oder befristete Arbeitsplätze an. 3. Die Kaplan Bonetti Beratungsstelle ist die ambulante Wohnungslosenhilfe im Bezirk Dornbirn.
Worin liegt die Motivation für Ihr Engagement?
Baldauf: Ich sehe es als Teil der Verkündigung. Wir sind gerufen „Menschenfischer“ zu sein, für Menschen da zu sein, denen in irgendeiner Form – existentiell, psychisch, familiär, usw. – das „Wasser bis zum Hals“ steht. Niemand ist vor Krisen sicher. Das Haus Kaplan Bonetti kennt Gäste aus allen gesellschaftlichen Schichten, Gruppen und Berufen.
Wohin soll sich Ihr Projekt in Zukunft weiterentwickeln?
Baldauf: Eine Stärke der Einrichtung war und ist es, auf neue Herausforderungen zu reagieren. Ursprünglich fanden vor allem Menschen aus Kärnten und der Steiermark Aufnahme, die hier Arbeit suchten. Dann waren es vorwiegend (Arbeits-)Migrant:innen aus Italien, Griechenland und der Türkei. Ab den 1980er-Jahren bot es mehr und mehr jenen ein Obdach, die (sucht-)erkrankt waren oder sich eine Wohnung einfach nicht leisten konnten. Nöte verändern sich. Ich sehe es für die Einrichtung als Aufgabe, für jene da zu sein, die von niemandem sonst gesehen werden.
Was hat Ihr Einsatz mit Ihrem Glauben zu tun?
Baldauf: Jeder Mensch ist ein Ab- oder Ebenbild Gottes. Ich sehe es als wichtige Aufgabe der Kirche, gerade im Antlitz der in Krisen geratenen Menschen, dieses Antlitz zu suchen. Es bewegt mich immer wieder, wenn ich im Speisesaal mit den Menschen des Hauses esse – eine besondere Atmosphäre von Menschlichkeit. Hinter jeder und jedem verbirgt sich ein Schicksal. Ich frage mich oft, wo wäre ich, wenn mir ein ähnliches widerfahren wäre: Missbrauch, Vergewaltigung, Gewalt in der Kindheit, Aufwachsen ohne Mutter, psychische Störung, … Man ahnt, wie deplatziert jedes Urteilen oder Verurteilen ist.
Nach seinem Studium der Theologie in Innsbruck und Jerusalem wurde Erich Baldauf, geb. 1957, 1982 zum Priester geweiht. Er war als Kaplan in Götzis (82-87), Diözesanjugendseelsorger
(87-93), Pfarrer in Dornbirn,
Pfarrkirche St. Christoph (93-14) und Pfarrmoderator in Dornbirn (14-19) tätig. Seit 2020 ist er
Pfarrmoderator in Hard und Bibelreferent der Diözese.