Heiner Geissler: Kann man noch Christ sein, wenn man an Gott zweifeln muss?

Rezension von Walter L. Buder

Zeit seines Lebens hat er genervt. In Worten und Werken und in Tat und Wahrheit auch. Sein ethisches Fühlen, sein kritischer Verstand, seine überschäumende Vitalität und Gespür für das, was die Not der menschlichen Existenz wenden könnte, führte den nachhaltig jesuitisch geprägten in die Politik. So wurde er zum konstanten Revoluzzer, einer Art Haudegen, der mit dem intellektuellen Florett zu fechten wusste wie selten einer. Auf der Leipziger Buchmesse 2017 hat er unter einigem Tamtam dieses 80-Seiten-Büchlein mit Fragen zum Lutherjahr vorgestellt. Sofort auf der Spiegel-Bestsellerliste, bieten die 46 kristallklar durchgedachten Ansätze zur so genannten Theodizee-Frage ein radikal kritisches Panorama theologischer und kirchlich-pastoraler Verstummung angesichts schmerzlicher Ausweglosigkeiten: „Wenn es Gott gibt, warum ist die Welt voller Katastrophen, Krankheiten und Kriege? 

Heinrich Josef Georg Geissler hat im Herbst 2017 den Schritt ins ewige Überleben gemacht. Die Menschen rebellieren gegen kirchliche Sprachlosigkeit, sie „verlangen nicht Rituale und fromme Lieder, sondern Wahrheit“. Selbst wenn es Gott nicht gäbe, war er überzeugt, seien wir dazu da, um anständig zusammenzuleben. Das geht auch (!) in der Spur des Nazareners und seiner Botschaft vom Reich Gottes. Naja, subito Santo wäre zu viel verlangt - aber (Empfehlung!) täglich eine Seite davon in der Fastenzeit führt auch in diese Richtung!

Cover: Kann man noch Christ sein ..Heiner Geissler:
Kann man noch Christ sein, wenn man an Gott zweifeln muss?
Fragen zum Lutherjahr.

Ullstein 2017, 80 Seiten,
€ 7,20