Das KirchenBlatt sprach mit Vorarlberger/innen, wie sie ihr Leben während der Corona-Krise gestalten.

Wolfgang Ölz

Annette Loitz (36) aus Egg bemüht sich, für ihre beiden Kinder Lias (8) und Laurina (10) einen geregelten „Schulalltag“ zu leben. Das heißt aufstehen, frühstücken, kein Pyjama, sondern anziehen und Schulstoff nach dem Schulplan der Lehrerinnen durchnehmen. Sogar die große Pause mit einem Spaziergang im Garten vor dem Haus ist dabei. Annette Loitz musste als Koordinatorin der  Purzelbaum- Gruppen erst einmal ihren gesamten Terminkalender leeren. Sie gründete eine WhatsApp-Gruppe, in der jeden Tag eine Kollegin einen Impuls schreibt, was man mit Kindern Abwechslungsreiches machen kann. Die Community von Annette Loitz lebt von den persönlichen Kontakten, und die sollen gerade jetzt nicht abreißen. Untertags hält sie die Medien von den Kindern fern, am Abend tragen sie das Schöne und die Sorgen im Gute-Nacht-Gebet vor den lieben Gott.

Termingebundene Arbeitsaufträge.

J. Hefel (19) ist in der Maturaklasse der HAK Feldkirch. Seit dem Ausbruch der Corona-Krise erhält er von der Schule termingebundene Arbeitsaufträge. Statt um 6.30 Uhr steht er nun erst um 10 Uhr auf, weil er die veränderte Situation auch ein wenig genießen möchte. Die Matura wird mindestens um zwei Wochen verschoben, sagt er. In Religion wird er von Jugendseelsorger Fabian Jochum unterrichtet, kirchlich gehört er zur Dompfarre, wo er auch gefirmt wurde. An schönen Tagen geht er jetzt gerne auf einem der vier Hügel der Montfortstadt spazieren, alleine versteht sich. Die Einschränkung der sozialen Kontakte hält er für richtig, weil die alten und kranken Menschen bestmöglich geschützt werden sollen. Gerne spielt er auch mit seinem kleinen Bruder oder informiert sich im Internet, weil die TV-Nachrichten, so seine Auffassung, „müsse man sich nicht jeden Tag geben“.

Strikte Arbeitszeiten im Homeoffice.

Andreas Bartl (57) ist bei der Vorarlberger Lebenshilfe themenverantwortlich für Entwicklung und Personal. Er lebt mit seiner Frau Ute (50) und seiner Tochter Lina (13) in Lauterach. Die Lebenshilfe muss derzeit Dienstpläne für über 300 Mitarbeiter/innen umstellen. Die Werkstätten sind geschlossen, und die Menschen werden vollständig in den Wohnheimen betreut. Andreas Bartl arbeitet im Homeoffice, wobei er strikte Arbeitszeiten von 7.45 bis 17.30 Uhr einhält und nur mittags zwischen 12 und 13 Uhr eine Mittagspause einlegt. So kann er intensiv arbeiten. Zwischen 6.30 und 7.30 Uhr und ab 17.30 Uhr hält er sich durch verschiedene Tätigkeiten im Garten fit und führt auch Gespräche mit den Nachbarn über den Zaun. Das gemeinsame Kochen, Tanzen und Lernen mit der Tochter helfen, dass noch niemand in der Familie „einen Koller“ bekommen hat.

Ein möglicher Gruß in diesen Zeiten?

Die Hohenemserin Heilgard Bertel (79) ist eine der bedeutendsten Künstlerinnen des Landes. Über ihre neue Skulptur, an der sie gerade arbeitet, sagt sie: „Das Wichtigste sind die beiden Hände, die eine greift zum Herzen - im Übrigen ein möglicher Gruß anstelle eines Händeschüttelns in Zeiten wie diesen - die andere Hand ist sozusagen die Werktätige, die jetzt ruht.“ Dieses Motiv ist nicht der Covid-19-Krise geschuldet, sondern primär dem schmalen Stein, den die Künstlerin dank der milden Temperaturen dieses Winters im Freien behauen konnte: „Und jetzt bin ich am Schleifen, jeden Tag mit der Geduld, die es braucht und die wohl in irgendeiner Form allen Menschen jetzt in dieser Situation auferlegt ist.“ Heilgard Bertel beschreibt: „Wenn das Nachmittagslicht in den kleinen Hof kommt, lehrt es mich, immer wieder von Neuem zu sehen. Das Licht ist meisterhaft, unerbittlich und streng, nüchtern, und zeigt mir, wie weit ich noch weg bin vom Fertig-Sein.“ Wie beeinflusst sie die jetzige Situation? „Die verhängten Auflagen haben mein Leben nicht sehr verändert, denn ich lebe ohnehin allein. Aber psychologisch habe ich eine Veränderung wahrgenommen: Meine Gedanken gehen jetzt viel mehr hinaus zu den anderen Menschen und den Bedingungen, denen sie unterworfen sind.“ «