Die Ausstellung „ZeitRaffer“, die aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Diözese Feldkirch durchs Land wandert, regt zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Christentums in Vorarlberg an. Das Ökumenische Bildungswerk Bregenz begleitete die Ausstellung in der Herz Jesu-Kirche mit einem Vortrag von Dr. Karl Dörler (Stadt- und Kulturführer), der von Mitgliedern des Kirchenchors unter Wolfgang Schwendinger durch passende Lieder aufgelockert wurde.
Vortrag zur Ausstellung „ZeitRaffer“ in Bregenz
von Karl Dörler
Die Ausstellung „ZeitRaffer“, die aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Diözese Feldkirch durchs Land wandert, regt zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Christentums in Vorarlberg an. Das Ökumenische Bildungswerk Bregenz begleitete die Ausstellung in der Herz Jesu-Kirche mit einem Vortrag von Dr. Karl Dörler (Stadt- und Kulturführer), der von Mitgliedern des Kirchenchors unter Wolfgang Schwendinger durch passende Lieder aufgelockert wurde. Die Bildtafeln und der Zeitstreifen am Boden zeigen die Diözesangeschichte. Dörler stellte Ereignisse und Entwicklungen in den Vordergrund, die das christliche Leben in Vorarlberg prägten. Es begann mit flüchtigen Spuren römischer Soldaten und Händler und verfestigte sich über Jahrhunderte durch den Aufbau kirchlicher Strukturen durch die Bischöfe in Chur und Konstanz und die weltlichen Herrscher der Gegend in Verbindung mit Klöstern, vor allem St. Gallen und Mehrerau. In einer Urkunde von 802 wird ein Leutpriester in Bregenz genannt. Mehrere Feldkircher Humanisten sind Wegbegleiter Luthers und 1523 wurde in Feldkirch lutherisch gepredigt. Die Reformation scheiterte rasch durch das Eingreifen der habsburgischen Obrigkeit und der Hohenemser Grafen, die sich als päpstliche Söldnerführer und Wortführer der Gegenreformation engagierten.
Das kälter werdende Klima, Pest und der 30-jährige Krieg bringen Not und Verzweiflung. Die vertrauensvollen Wallfahrten zur Gottesmutter Maria als Fürsprecherin erleben vor allem in Rankweil und Bildstein einen großen Aufschwung. Kirchen und im Kirchenleben findet eine mediale Auseinandersetzung mit den Evangelischen statt. Marienverehrung, barocke Kirchen und prunkvolle Zeremonien ziehen die Menschen an, indem sie Herzen statt Köpfe ansprechen. Die Einschränkung der Wallfahrten und Kirchenbesuche durch Kaiser Joseph II. verbittern viele auch, weil sie stattdessen zu Mehrarbeit gezwungen werden.
Nach den Napoleonischen Kriegen wird Vorarlberg 1817 in seinen heutigen Grenzen zu einem Generalvikariat mit weitreichenden Vollmachten und einem Weihbischof unter dem Bischof von Brixen zusammengefasst. Das 19. Jahrhundert wird durch heftige Auseinandersetzungen zwischen liberalen Bürgern und kaiser- und papsttreuen Konservativen geprägt. Die Industrialisierung führt zu einer wachsenden armen Arbeiterschicht. Dem aufkommenden Sozialismus begegnet die Kirche 1891 mit einer päpstlichen Enzyklika gegen Ausbeutung. Die neue Christlich-soziale Partei und katholische Arbeitervereine setzen sich mit führender Beteiligung von Priestern für Arbeiter und Landbevölkerung ein. Neue Ordensniederlassungen kümmern sich um Bildung und vielfältige soziale Aufgaben. Nach dem todbringenden Ersten Weltkrieg entsteht das Provisorium Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch. Katholische Priester engagieren sich weiterhin stark in der Politik und unterstützen nach 1934 die austrofaschistische Diktatur. Nach 1938 arrangieren sich viele Priester und Gläubige mit den Nationalsozialisten, manche widersetzen sich dem Terrorregime durch kritische Äußerungen, Hilfe für Kriegsgefangene und Verfolgte, Kriegsdienstverweigerung und Desertion und verlieren dafür zum Teil ihr Leben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das gesellschaftliche Wirken z.B. mit der Katholischen Aktion, kirchlichen Bildungshäusern oder durch die Frohbotinnen von Batschuns neu belebt. Dies verbindet sich mit der liturgischen Umsetzung des 2. Vatikanischen Konzils, der Wahl von Pfarrgemeinderäten usw. Die Gründung der Diözese Feldkirch 1968 erfüllt kirchlich das stark ausgeprägte Autonomiebedürfnis im Land. Ab den 1970er Jahren verliert die Kirche durch selbständige, kritisch denkende Menschen, die kirchliche Vorschriften nicht mehr akzeptieren, Kirchenskandale und Zuzug von Menschen mit anderen religiösen Bekenntnissen in der Gesellschaft an Bedeutung. Die ökumenische Zusammenarbeit mit anderen Christen und der Dialog mit Muslimen sowie das vernetzte gesellschaftliche Engagement für die sozial Schwachen gewinnen an Bedeutung. „Wer glaubt, ist nie allein …“ – in diesem Sinne sind auch neue Wege der Vermittlung spiritueller und menschlicher Werte für unsere Zukunft wesentlich.