In seiner Bergpredigt (Matthäus Kapitel 5 bis 7) spricht Jesus unter anderem über den Umgang mit jahrhundertealten Regeln. Jesus sagt von sich, er sei nicht gekommen, um das Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen. Er entwickelt es sozusagen weiter. Und gleichzeitig fordert er von seinen Nachfolger/innen Entschiedenheit und klare Worte ein.

6. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A, 16. Februar 2020
Wort zum Sonntag von Fabian Jochum

Evangelium

Matthäus 5,20–22a.27–28.33–34a.37
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemanden tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein. [...] Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. [...] Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht. [...] Eure Rede sei: Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.
Langfassung: Matthäus 5,17–37

1. Lesung

Jesus Sirach 15,15–20
Gott gab den Menschen seine Gebote und Vorschriften. Wenn du willst, wirst du die Gebote bewahren und die Treue, um wohlgefällig zu handeln. Er hat dir Feuer und Wasser vorgelegt, was immer du erstrebst, danach wirst du deine Hand ausstrecken. Vor den Menschen liegen Leben und Tod, was immer ihm gefällt, wird ihm gegeben. Denn groß ist die Weisheit des Herrn, stark an Kraft ist er und sieht alles. Seine Augen sind auf denen, die ihn fürchten, und er kennt jede Tat des Menschen. Keinem befahl er, gottlos zu sein, und er erlaubte keinem zu sündigen.

2. Lesung

1 Korinther 2,6–10
Wir verkünden Weisheit unter den Vollkommenen, aber nicht Weisheit dieser Welt oder der Machthaber dieser Welt, die einst entmachtet werden. Vielmehr verkünden wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat zu unserer Verherrlichung. Keiner der Machthaber dieser Welt hat sie erkannt; denn hätten sie die Weisheit Gottes erkannt, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Nein, wir verkünden, wie es in der Schrift steht, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Herz gedrungen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Uns aber hat es Gott enthüllt durch den Geist. Der Geist ergründet nämlich alles, auch die Tiefen Gottes.

WORT ZUM SONNTAG

Fabian JochumFabian Jochum ist Jugendseelsorger der  Diözese Feldkirch. Den Autor erreichen Sie unter

Die Angebote Gottes

„Ich möchte gerne etwas über die zehn ­Angebote Gottes erfahren“, meint ein ­Schüler im Religionsunterricht. „Du bist aber schon ein bisschen blöd“, antwortet sein Klassenkollege, „das sind doch die zehn Gebote und nicht die zehn Angebote Gottes.“

Die „Angebote Gottes“? So blöd ist das gar nicht, denke ich mir. Gott ist kein kleinlicher Moralist. Wir müssen nicht brav sein, damit Gott uns liebt, sondern es ist anders herum: In Gottes Liebe leben wir, sie ist ­unverdientes ­Geschenk von Anfang an. Ein wunderbares Angebot Gottes, und das gratis. Wir können Gottes Angebot annehmen und dann seine Liebe weiterschenken.

Auf den ersten Blick scheint das ­heutige ­Evangelium diesem Gedanken nicht zu ­entsprechen. Jesus kommt mit einem hohen moralischen Anspruch daher.
Ein Schlüsselwort des Evangelisten ­Matthäus hilft mir weiter: Die Gerechtigkeit. Eure ­Gerechtigkeit muss weit größer sein als die
der Pharisäer und Schriftgelehrten, sagt Jesus.

Ist dieses „mehr an Gerechtigkeit“ rein quantitativ zu verstehen? Dann ist es ein sehr hoher Anspruch, an dem wir doch sehr leicht scheitern. Vielleicht ist es qualitativ gemeint: Es geht um die Gerechtigkeit Gottes und die Gerechtigkeit Jesu, die ganz anders sind als unsere Gerechtigkeit. Gottes Gerechtigkeit ist verbunden mit dem Angebot seiner ­Liebe und seiner Barmherzigkeit. Das befreit von menschlichem Leistungsdenken. Angebot vor moralischem Anspruch: Das nimmt die Angst weg, an der Moral zu scheitern.

Zum Weiterdenken

  • Welches Angebot Gottes hören Sie heute aus dem Wort Gottes heraus?
  • Welches der „Angebote Gottes“ interessiert Sie besonders?

Selig, deren Weg ohne Tadel ist,
die gehen nach der Weisung des HERRN.
Selig, die seine Zeugnisse bewahren,
ihn suchen mit ganzem Herzen,
Du hast deine Befehle gegeben,
damit man sie genau beachtet.
Wären doch meine Schritte fest darauf gerichtet,
deine Gesetze zu beachten.
Handle an deinem Knecht, so werde ich leben.
Ich will dein Wort beachten.
Öffne mir die Augen, dass ich schaue
die Wunder deiner Weisung!
Weise mir, HERR, den Weg deiner Gesetze!
Ich will ihn bewahren bis ans Ende.
Gib mir Einsicht, damit ich deine Weisung bewahre,
ich will sie beachten mit ganzem Herzen!

Antwortpsalm (aus Psalm 119)

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 7 vom  13. Februar 2020)