Drei persönliche Zugänge zum Heiligen Geist

P. Pepp Steinmetz

Einmal ist es der Schöpfergeist

Wie es am Anfang der Genesis heißt: Der Geist schwebt über dem Wasser und Gott sprach: Es WERDE.
Der Heilige Geist ist also für mich diese Werde-Kraft, die Wachstums-Kraft, die in der ­ganzen Schöpfung einschließlich des Menschen da ist. Es geht um Werden, Entwicklung, um Evolution.

Mein Zugang zu dieser schöpferischen Seite des Heiligen Geistes geht über das Staunen in der
Natur, über den Kosmos, über dieses Wunder Mensch. Für mich bedarf es dazu das Einüben des Daseins mit allen Sinnen. Da hilft mir das Gehen in der Natur, das Still-Dasitzen, das Musikhören, das Lesen von verdichteten Texten usw.

Dann die Gegenüber-Liebe

Die zweite Seite des Heiligen Geistes ist für mich die, dass es ein Geist der Geschichte ist, ein Geist der Beziehung, der uns zu einer Erfüllung führen will, der uns Zukunft verheißt und der uns immer wieder aufrüttelt, wenn wir uns nicht mehr entwickeln wollen, wenn wir stehen bleiben wollen, wenn wir rückwärts gewandt leben. Das ist der Geist, der uns letztendlich erfahren lassen will: Du bist meine geliebte Tochter, mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen (Taufe).

Mein Zugang zu dieser Seite ist vor allem das Lesen und Sich-ergreifen-Lassen von der Bibel.
Oder das Beten der Heilig-Geist-Hymnen (z.B. GL 344) mit der Bitte: Komm. Das ist das Einüben der Gegenüber-Liebe, der Ich-Du-Liebe auf Augenhöhe.

Und dann das Umwerfendste - den Frieden einblasen

Die dritte Seite ist für mich die umwerfendste und zugleich herausforderndste, es ist die im Johannesevangelium 20,19-23 beschriebene: „Der Friede sei mit euch … Er hauchte sie an und sagte, empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden nachlasst, dem sind sie nachgelassen …“
Es geht um den Geist der Sündenvergebung, der uns befähigt, den Teufelskreis des Nachtragens, der Vergeltung, der Rache zu durchbrechen. Dazu braucht es gleichsam eine Neuschöpfung. Nach dem Einblasen der Seele bei der Schöpfung braucht es das Einblasen des Friedens durch den Auferstandenen. Dieser Friede, der stärker ist als alle Gewalt, der nicht wehleidig ist, der nicht einmal den Tod fürchtet, wird auf der Erde nur wirklich, wenn wir uns zu dieser Vergebung befähigen lassen.

Mein Zugang dazu ist, mich immer wieder dieser vergebenden Liebe auszusetzen, indem ich mir meine Unzulänglichkeit und meine Unversöhnlichkeit eingestehe. Dass ich akzeptiere, dass ich es aus meiner Kraft, aus meinem Willen nicht kann, dass ich aber bereit sein möchte für diesen Geist, für diese Wandlungskraft. Dazu braucht es meines Erachtens vor allem die Einübung der Bereitschaft: Mir geschehe, wie du gesagt hast.

Als Vorbereitung auf das Pfingstfest werden vielerorts Gebete zum Heiligen Geist gesprochen,  auch in Form von Novenen (Neuntagegebet). Unter kath-kirche-vorarlberg.at/pfingsten finden Sie persönliche Gebete von Frauen und Männern aus Vorarlberg - daraus könnte Ihr eigenes Gebet entstehen.

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 21 vom 21. Mai 2020)