Für Papst Franziskus ist die Aufhebung des Pflichtzölibats nicht mehr ausgeschlossen. Auch in Vorarlberg sorgen seine Aussagen, nicht nur in Kirchenkreisen, für Gesprächsstoff.

Ingmar Jochum

Es ist kein Widerspruch, dass ein katholischer Priester heiraten kann. Der Pflichtzölibat sei für römisch-katholische Priester nur ein kirchliches Gesetz, das man auch ändern könnte. Mit dieser Aussage hat Papst Franziskus in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt. Verheiratete Priester in Vorarlberger Gemeinden wird es in näherer Zukunft allerdings noch keine geben. In seinem Pontifikat sei keine Änderung der geltenden Regeln zu erwarten, gab Franziskus zu bedenken.

Zölibat durchaus wertvoll

Bischof Benno Elbs verweist darauf, dass es diese Diskussion in der Kirche schon lange gibt. Zuletzt bei der Amazonien-Synode. Schon damals wurde angeregt, dass es verschiedene Lebensformen für Priester geben soll. „Ich sehe den Zölibat durchaus als wertvoll für unsere Kirche und gleichzeitig stellt sich die Frage, ob er verpflichtend für alle Priester sein soll. Es gibt ja in der katholischen Kirche jetzt schon verheiratete Priester, zum Beispiel in der Ostkirchen-Tradition.“

Für die Menschen da Sein

Zahlreiche Frauen und Männer widmen ihr Leben ganz bewusst bis zur letzten Konsequenz der Kirche. Sie stellen ihre ganze Kraft der Gemeinschaft zur Verfügung. So auch Pfarrer Peter Mathei aus Alberschwende. „Eine sogenannte Lockerung beim Zölibatsversprechen würde die Echtheit der persönlich freien Entscheidung für eine ganzheitlich-zölibatäre Lebensform  wohl deutlicher als bisher offenbar machen. Zugleich bin ich selbst überzeugt, dass das Priester-Sein (vor allem auch als Pfarrer) vom Praktischen und mehr noch vom Spirituellen her eines ,ungeteilten  Herzens‘ bedarf. Für mich bedeutet dies eine außergewöhnliche Berufung.“ Aufs Ganze gesehen bezweifelt Mathei daher, ob die Frage nach Sinn und Bedeutung des Zölibats als allgemeine Frage an jedermann gestellt werden kann, also eine allgemein gesellschaftliche Relevanz hat. „Die Beurteilung von Seiten des ,Mainstreams‘ ist ja längst klar: Der Zölibat muss weg, ist unzeitgemäß und verleitet fast zwangsläufig zu sexuellen Verfehlungen verschiedener Art usw.“, erläutert der Alberschwender Pfarrer.Dabei stellt sich die Frage: Kann das Priester-Sein überhaupt als bürgerlicher Beruf verstanden werden?

Nachfolge Jesu Christi

Die zölibatäre Lebensform ist ein möglicher Weg der Nachfolge Jesu Christi, genauso wie die eheliche, erklärt Propst Martin Werlen von der Propstei St. Gerold. Dies werde in der Öffentlichkeit kaum mehr so wahrgenommen – auch nicht unter Getauften. „Wir haben es als Kirche fertiggebracht, die Christusnachfolge in der Ehelosigkeit so zu präsentieren, dass sie einfach als Gesetz gilt.“ Im Kirchenrecht heißt es: „Die Kleriker sind gehalten, vollkommene und immerwährende Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen zu wahren; deshalb sind sie zum Zölibat verpflichtet, der eine besondere Gabe Gottes ist, durch welche die geistlichen Amtsträger leichter mit ungeteiltem Herzen Christus anhangen und sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen können.“

Das Heil der Seelen

Ergänzend verweist Propst Martin Werlen auf einen offiziellen Text, unterzeichnet im Jahr 1992 von Papst Johannes Paul II. Im Kanon 373 des Kirchenrechts für die orientalischen Kirchen, die in voller Einheit mit Rom stehen, wird erklärt, dass der Zölibat der Kleriker, gewählt für das Reich Gottes und sehr angemessen für das Priesteramt, gemäß der Tradition der Universalkirche überall große Wertschätzung erfahre. Ebenso soll der Status der in Ehe lebenden Kleriker in Ehren gehalten werden, bestätigt durch die Praxis der Urkirche und der orientalischen Kirchen. Damit ist klar, dass auch andere Wege durchaus möglich sind.

Treue zur eigenen Berufung

„Entscheidend ist die Treue zur eigenen Berufung und die Treue der Kirche zu ihrem Auftrag. Kirchenrechtliche Regelungen müssen im Dienst dieser Treue stehen. Das Heil der Seelen muss in der Kirche immer das oberste Gesetz sein“, erläutert Propst Werlen und ergänzt, „darum werden die Regelungen des Kirchenrechts im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder hinterfragt und gegebenenfalls neu angepasst“. Es gehe auch hier nicht um Änderungen, weil andere das auch tun, oder um ein Belassen, weil es immer so war.

Entscheidend sei, dass Frauen und Männer ihre ganz persönliche Berufung leben. Und sollte es eines Tages tatsächlich eine Änderung des geltenden Kirchenrechts geben, werden im Laufe der Zeit dann sicher auch beide Lebensformen akzeptiert.