Maß und Durchblick beim Konsumieren haben wir längst verloren. Guter Rat tut not. Wenn dieser auf einer charmanten Website oder in einem amüsanten Spiel und so ganz ohne erhobenen Zeigefinger daherkommt, dann - bitte schön!

Patricia Begle

Haben Sie sich schon einmal überlegt, worin der Sinn einer „Währung“ liegt? Dem Wortlaut zufolge müsste „Währung“ zu tun haben mit „währen“ - also Bestand und Sicherheit - und mit „wahr“. Wird der Euro auf diese beiden Begriffe hin untersucht, so zeigen sich Mängel, sowohl bei der Sicherheit als auch bei der Wahrheit. Denn im Preis wird nur ein Teil dessen abgebildet, was wirklich hinter einem Produkt steckt. Er gibt wenig Auskunft über Produktionskosten, Transportaufwand, Verbrauch oder Nutzungsdauer eines Produktes. Das selbst herauszufinden, um „ethisch gut“ einzukaufen, überfordert uns vielfach.

Das Punktesystem
Findige und engagierte Köpfe von „Kairos - Wirkungsforschung & Entwicklung“ und „Integral Ruedi Baur“ haben sich vor ein paar Jahren zusammengetan und sich Gedanken zu diesem Thema gemacht. In Unmengen von ehrenamtlichen Arbeitsstunden haben sie eine neue Währung entwickelt. Veröffentlicht wurde sie 2011 - auf einer Website. „Ein guter Tag hat 100 Punkte“ heißt es dort. Als Messgröße wird der CO2-Verbrauch verwendet. Jeder Mensch, so wurde berechnet, darf pro Tag durch seine Handlungen etwa 6,8 kg CO2 ausstoßen, oder anders ausgedrückt: 100 Punkte. Ein Punkterechner gibt Auskunft, wie viel Verbrauch hinter verschiedenen Produkten bzw. Handlungen steht. Eine 100g-Packung Kekse hat zum Beispiel 2 Punkte, eine Autofahrt von 10 km hat 16 Punkte. Die Punktezahl variiert - bei unterschiedlicher Nutzungsdauer oder Anbautechnik. So liegt sie bei einer Bio-Karotte bei Null, bei tiefgefrorenen 100g sind es 0,7 Punkte. Den Projektbetreibern ist es gelungen, die Komplexität des Themas auf sehr einfache Art darzustellen und trotzdem sachlich richtig zu bleiben. Das Punktesystem gibt Auskunft über vier Komponenten: Lebensstil, Lebenszufriedenheit, globale Solidarität und Klimaschutz.

Was gut tut
„Es geht bei dem Ganzen nicht um Verzicht“, erklärt Martin Strele von Kairos. „Wir wollen nicht, dass die Leute 37 Mal am Tag auf die Website klicken und ihr Konsumverhalten kontrollieren. Vielmehr sollen sie ein Gefühl für das richtige Maß bekommen.“ Das Team, das hinter der Idee steht, hat das Ganze natürlich auch ausprobiert. Dabei gab es einige Tage, die unter 100 Punkten lagen. Erstaunlicherweise waren dies jene Tage, die sehr entspannt waren, beim Wandern oder Picknicken. Es zeigte sich, dass ein einfacher Lebensstil tendenziell einer ist, der gut tut.

Offen, unabhängig und frei
Das gesamte Projekt wird von den Initiatoren getragen und finanziert, ist also unabhängig und als „creative commons“ - Projekt angelegt. Das heißt, dass die Inhalte zwar nicht verändert werden dürfen aber jedem frei zur Verfügung stehen. 35.000 Besucher/innen aus 87 Ländern zählt die Website bereits. Die Verweildauer kann sich sehen lassen, sie beträgt mehr als fünf Minuten. Aus diesen „Besuchen“ sind andere Projekte entstanden. Eine burgenländische Firma adaptierte zum Beispiel das System für Smartphones als App, Schüler/innen des BORG Egg entwickelten ein Online-Spiel und  Thomas Weber, Herausgeber der Zeitschrift BIORAMA, schrieb ein originelles Buch dazu.

Die Initiatoren selbst haben zudem ein Memory-Strategie-Spiel entwickelt, das für Jung und Alt geeignet ist, richtig Spaß macht und die Inhalte ganz nebenher mittransportiert. In der Sache steckt viel Potential, wie es in Zukunft genutzt wird, bleibt spannend.

Vortrag und Workshop mit Martin Strele zum Thema „Verzicht - Mäßigung - Genügsamkeit“.
Mi 25. Februar, 19 bis 21 Uhr, Bildungshaus St. Arbogast, Götzis.   
www.eingutertag.org