Diesen Sommer führen Absolvent/innen des Lehrgangs für Kirchenraumpädagogik durch die Bregenzer Kirchen. Dabei werden besondere kunsthistorische Details der Sakralräume veranschaulicht. Beispielsweise verewigte der Künstler Leo Sebastian Humer im Gesicht der Schutzmantelmadonna im Deckengemälde in Mariahilf die Gesichtszüge seiner Ehefrau.

Bild: Das Deckengemälde (Detail) in Mariahilf in Bregenz zeigt Maria in blauem Kleid als die große Beschützerin.

Wolfgang Ölz

Leo Sebastian Humer, geb. 1896 in Brixen, gest. 1957 in Bregenz, war wie so viele Männer seiner Generation mit Begeisterung in den Ersten Weltkrieg gezogen, wo er sich schwere Verletzungen zuzog. Später sollte er auch freiwillig als Soldat am Zweiten Weltkrieg teilnehmen. Leo Sebastian Humer war ein begeisterter Nationalsozialist und trat, inzwischen ins Ruhrgebiet übersiedelt, auch der NSDAP bei. Im Jahr der Machtergreifung Hitlers 1933 erhielt er in Köln an der dortigen Akademie der Bildenden Künste den Lehrstuhl für Porträtmalerei, den Paul Klee innegehabt hatte, außerdem verwöhnte ihn das NS-Regime mit Großaufträgen.

Viele Kirchen im Land mitgestaltet

Nach dem Krieg übersiedelte Humer mit seiner sechsköpfigen Familie nach Bregenz, etablierte sich in der liberalen, finanzstarken Bregenzer Gesellschaft, und die katholische Kirche avancierte zu seinem größten Auftraggeber. Er schuf in Egg und Wald am Arlberg Deckengemälde sowie in Lustenau und Bregenz St. Gebhard Kreuzwege. Zeitlebens sei er ein zerrissener Mensch gewesen, zwischen verschiedenen Techniken suchte er verzweifelt nach seinem eigenen Stil, weiß die Kirchenraumpädagogin und pensionierte Floristin Katharina Hotz.

Deckengemälde und Kreuzweg

Bereits 1931 erhielt Humer über die Vermittlung von Architekt Clemens Holzmeister von Pfarrvikar Dr. Johannes Schöch den Auftrag für das Deckengemälde in Bregenz Mariahilf. Die Kirche galt als Vorzeigeprojekt, was daran abgelesen werden kann, dass namhafte Künstler wie Albert Bechtold und Leopold Fetz mit Hand anlegten.
Katharina Hotz empfindet eine große Hochachtung für das Werk Humers. Maria, die mit ihrem blauen Kleid die optische Bildmitte einnimmt, überragt alle und ist in ihrem Gesichtsausdruck dem Zeitgeschmack entsprechend zwar bieder und sittsam, gleichzeitig aber auch voll göttlicher Anmut. Maria sollte eine Schutzmantelmadonna werden, die im übrigen das Gesicht der Ehefrau des Künstlers trägt. In den Soldaten hat Humer Bregenzer Donatoren (Sponsoren) wie etwa Kommerzialrat Stefan Kohler in Porträts buchstäblich verewigt. 1931 wurde er auch mit den Kreuzwegstationen in Mariahilf betraut. Hier konnte er seine Nähe zur NS-Ideologie nicht verbergen. Es sind kraftvolle deutsche Bauern, die an Albin Egger Lienz erinnern, die da verwirklicht wurden. Auch hier hat er Donator/innen wie etwa die Frau des Bregenzer Bürgermeisters Ferdinand Kinz als Vorlage verwendet. Besonders die Details sind sehr fein gearbeitet. Als Beispiel dafür nennt Katharina Hotz den Moment, wo der Künstler den leidenden Jesus seine Hand auf die Hand seiner Mutter legen lässt, so als ob er sie auf zärtliche Weise trösten wolle.

Sommer-Führungen in Bregenz mit Kirchenraumpädagog/innen

  • Katharina Hotz: Die neue Sachlichkeit
    So 12. August, 10 Uhr, Mariahilf.
  • Gerhard Tauber: Die „Häusle“-Fenster
    So 19. August, 12 Uhr, Herz Jesu.
  • Pfr. Manfred Fink: Gebhard, ein „Linker“?
    So 26. August, 11.30 Uhr, St. Gebhard.
  • Hartmut Vogl: „Tonnen für Salve Regina“
    So 2. September, 10.30 Uhr,  St. Gallus.


(aus dem KirchenBlatt Nr. 32 / 33 vom 9. / 16. August 2018)