Das Vorarlberger Landeszentrum für Hörgeschädigte (LZH) ist ein umfassendes Kompetenzzentrum für alle, für die gutes Hören keine Selbstverständlichkeit ist. Die private Volksschule mit Oberstufe, dessen Träger das Werk der Frohbotschaft ist, feiert nun ihr 30-jähriges Jubiläum. Seit 1989 wurde mit dieser Schule, aber auch mit einem Kindergarten und einem Programm für Audiopädagogische Frühförderung ein „Meilenstein in Vorarlbergs Soziallandschaft“ gesetzt, freut sich Direktor Johannes Mathis.

Wolfgang Ölz

Johannes Mathis, LZHJohannes Mathis begrüßt mit einem gewinnenden Lächeln in seinem Büro. Es braucht nicht lange, da schildert er sehr offen seine persönliche Geschichte mit Hörschädigungen. Es war für ihn als Kind (geb. 1961) ein großer Schmerz, als seine ältere Schwester (geb. 1958) und sein nur ein Jahr älterer Bruder wegen ihrer Gehörlosigkeit abgeholt und in das vier Autostunden entfernte Heim in Mils in Tirol gebracht wurden. Die Zöglinge durften dieses Heim nur viermal im Jahr Richtung Heimat verlassen, was das Heimweh ins Unermessliche steigerte. Ein Umstand der dem kleinen Johannes so nahe ging, dass er heute sagt, dass ihm diese Sehnsucht des Bruders nach seinem Zuhause ewig in Erinnerung bleiben wird. Bei einem Besuch im dortigen Internat sah er im Schlafsaal die Schlafkoje seines Bruders, die oben, wie bei einem Käfig, mit einem Deckel verschlossen wurde.

Aktiv. Nach diesem Besuch wurde die Mutter von Johannes Mathis, Ferdinanda Mathis (1931-2016) aktiv und organisierte, dass ihre und andere gehörlose Kinder in Schweizer Heime kommen konnten, wo menschlichere Verhältnisse herrschten und die Kinder alle drei Wochen nach Hause durften. Ferdinanda Mathis sammelte landauf landab Spenden und gründete mit unermüdlichem Einsatz 1977 eine Begegnungsstätte für gehörlose Menschen in Dornbirn-Haselstauden. 1984 übernahm ihr Sohn Johannes das Lebenswerk der Mutter, heute arbeitet auch sein Sohn Stefan Mathis im LZH im Bereich Hörtechnik, also in der Beratung für Hörsysteme. Bei ihm kann jeder und jede eine Erstberatung in Anspruch nehmen. Früherkennung, gerade auch bei älteren Menschen, ist von großer Bedeutung, weil sie die Therapie maßgeblich beeinflusst. Hörgeräte können übrigens oft über die Krankenkassa abgerechnet werden.

Im LZHZuhause. 1989 wurde der Traum von einer eigenen Schule für Gehörlose Wirklichkeit. Auch ein Kindergarten und Audiopädagogische Frühförderung wurden realisiert. Hör-Screening kann bei Neugeborenen heute Hörschädigungen feststellen. Johannes Mathis und sein Team ermöglichten Generationen von hörgeschädigten Kindern mit dieser Schule ein Aufwachsen zu Hause bei Eltern und Geschwistern. Die Schule wird heute von Andrea Jonach geleitet. Die 55 Kinder können auch eine Ganztagsbetreuung wählen, werden aber in jedem Fall täglich mit dem schuleigenen Bus nach Hause gebracht. 125 hörgeschädigte Kinder werden in Regelschulen extern vom LZH betreut.

Impulse. Das Zentrum wuchs und wuchs. Inzwischen hat das LZH 163 Mitarbeiter/innen. Die Kartei an Klient/innen umfasst 13.000 hörgeschädigte Menschen. 1990 wurde die Abteilung Logopädie, 1993 die Abteilung Akustik und Technik eröffnet. Es folgten Neubauten von Speisesaal mit Schulküche (2003) ein Reittherapiestall (2008) und Außenstellen in Bludenz (2003) und Röthis (2011).
Das Geheimnis des LZH liegt wohl in der liebevollen Atmosphäre, die die helfenden Menschen dort schaffen. Aus einer persönlichen Not ist eine Einrichtung entstanden, die vielen Menschen mit einem besonderen Schicksal entscheidend positive Impulse geben konnte. «

Hintergrund

Für wen ist das LZH da?
Die Klientel reicht vom Kleinkind bis zu älteren Personen, die Schwierigkeiten mit dem Hören haben. Die LZH-Beratungsstelle mit ihrem vielfältigen Therapieangebot ist somit da für Menschen mit leicht- bis hochgradiger Hörschädigung, Gehörlose und spät-
ertaubte Menschen, Tinnitusbetroffene, Menschen mit einer Mehrfachbehinderung mit Hörschädigung, Kinder mit „Auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung“ (AVWS) sowie für das soziale und berufliche Umfeld der Betroffenen.

Welche Therapien gibt es?
Die Leiterin des Fachbereichs „Therapie“, Angelika Fenkart, bietet beispielsweise eine sogenannte „Tomatis-Hörkur“ als Musiktherapie an. Dabei wird mittels Mozart, Walzer und gregorianischen Chorälen das Hören wesentlich verbessert. Flankierende Maßnahmen können folgende LZH-Bereiche übernehmen: Logopädie, Ergotherapie, Psychologie und Spezialangebote wie etwa Bio-Feedback, bei dem das Gleichgewicht des Körpers wiederhergestellt werden kann.
Es gibt auch Gebärdensprachdolmetscher und Schriftdolmetscher im LZH. Beim heilpädagogischen Reiten und in der Hippotherapie wird die heilende Kraft der Pferde genutzt. Ein Angebot ist zudem die Kleinkindbetreuung „Rösslebande“ ab eineinhalb Jahren: Im LZH-Therapiestall dürfen die Kleinsten Pferde streicheln, Hasen füttern sowie Hennen und Schafe beobachten.

» Vorarlberger Landeszentrum für Hörgeschädigte (LZH), Feldgasse 24, Dornbirn,
T 05572 25733, E
www.lzh.at
» Außenstellen in Bludenz und Röthis