Der Bregenzerwälder Bildhauer Herbert Meusburger vertritt als Urgestein der Ländle-Kunstszene mit seinen Granitskulpturen eine der markantesten und bedeutsamsten künstlerischen Positionen Vorarlbergs und Österreichs. Wichtige Werkgruppen sind nun im und vor dem vorarlberg museum bis 16. September 2018 versammelt.

Wolfgang Ölz

Der Künstler soll, so die Überzeugung von Meusburger, als Seismograph auf Missstände in der Gesellschaft hinweisen. Demgemäß steht im Zentrum der Retrospektive zum Werk des 65-jährigen Bizauer Bildhauers der Zorn über die Vernichtung der Artenvielfalt im Bregenzerwald. Eine aus 38 Granitteilen bestehende Zaun-Skulptur umschließt im hellen Atrium im Erdgeschoss des vorarlberg museums einen Garten mit selten gewordenen Wiesenpflanzen. Es sind die blühenden Almen und Hochmoore der Kindheit von Herbert Meusburger, der viele Jahre den Sommer auf den Alpen des Bregenzerwaldes verbracht hat, denen er jetzt ein Denkmal setzt. Ebenfalls von seinem gesellschaftlichen Engagement zeugen die Bilder, die im Atrium reihum hängen. 2014 hatte er unter dem Motto „verwischt und vertuscht“ mit den Scheibenwischblättern eines Traktors großformatige Gemälde geschaffen, die im Rahmen einer spektakulären Aktion in der Ottakringer Brauerei in Wien von zum Teil sehr namhaften Intellektuellen mit zeitkritischen Texten beschriftet wurden.

Der Stein als Befreiung

Bis Anfang der 1980er-Jahre arbeitete Herbert Meusburger als Holzschnitzer. Ländliche und religiöse Motive waren für ihn ein einträgliches Geschäft. Auch Holzverzierungen für Rieger-Orgeln, zuletzt für den Stephansdom in Wien, waren sein tägliches Brot. Der Wechsel zum Stein war für Herbert Meusburger zwar buchstäblich hart, weil er über Jahre kein Kunstwerk verkaufen konnte, aber auch eine ungeheure Befreiung. Schicht um Schicht hat Herbert Meusburger den Granit in seinen Werken richtiggehend gestrickt bzw. gemäß seiner Maxime vom „Trennen und Verbinden“ verzahnt, wie das von Balken bei Alphütten im Bregenzerwald bekannt ist

Ein Stolperstein der Gesellschaft

Für den warmherzigen Künstler ist das Angreifen seiner Skulpturen sehr willkommen. Und wirklich: Es hat eine ganz eigene Qualität, wenn die Hand über raue, geschliffene, polierte oder gekerbte Flächen fährt. Die Finger erfahren dabei wie von selbst, wie intensiv da jemand mit Hammer und Meißel, aber auch mit der Flex gearbeitet hat. Herbert Meusburger hat vor kurzem nach zweijähriger schwerer Krankheit erneut zu seinem Heilmittel gegriffen: Der Arbeit am Stein. Herbert Meusburger sind noch viele Jahre Schaffenskraft zu wünschen, damit noch mehr Granit zu großer Kunst wird und damit er der Gesellschaft weiterhin als unbeirrbarer Prophet, ja als Stolperstein dient.

Ein Kreuzweg, der überzeugt

Herbert Meusburger (geb. 1953 in Bizau) besuchte zunächst die Holzbildhauerschule Elbigenalp (1968-1972). Auch heute kann er sich immer noch für kunsthandwerklich gut gearbeitete Madonnen und Kruzifixe begeistern. Er selbst entschied sich Anfang der 1980er-Jahre von Holz auf Stein, von Figuration zur Abstraktion zu wechseln.

Sein sakrales Hauptwerk ist ein Kreuzweg auf dem Hochberg bei Perchtoldsdorf (2003). Bei einem Aufenthalt in Rom regte Herbert Meusburger ein ihm missfallender Nazarener-Kreuzweg auf dem Petersplatz an, selbst über einen Kreuzweg nachzudenken.

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Die 14. Station des Kreuzwegs symbolisiert die Auferstehung.
© Ailura, CC BY-SA 3.0 AT/Wiki Commons

Entstanden ist ein Kreuzweg, der etwa beim renommierten Wiener Künstlerseelsorger Gustav Schörghofer SJ oder bei Bischof em. Erwin Kräutler so starken Widerhall gefunden hat, dass sie in einem Textband ihr spirituelles Leben bzw. ihren Kampf für die Indigenen Amazoniens in Zusammenhang mit diesem Kreuzweg brachten. Der Schriftsteller Felix Mitterer hat zur abstrakten Formensprache von Herbert Meusburger konkrete Leidenserfahrungen festgehalten. Unter dem Titel „Ein sturer Bauer“ porträtiert er etwa Franz Jägerstätter. Auch Herbert Meusburger selbst wäre gerne Landwirt geworden. Die Sturheit hat er sich in seiner Gesellschaftskritik bewahrt.

(Artikel aus dem KirchenBlatt Nr. 29 vom 19. Juli 2018)