Im Montafon sorgen eifrige Strickerinnen dafür, dass benachteiligte Menschen im Land nicht frieren müssen.

Joachim Schwald

Die Frage im Titel ist selbstverständlich im übertragenen Sinn gemeint. Denn wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken, ist jeder über eine wärmende Mütze oder einen kuscheligen Schal froh. Damit sich auch Menschen am Rand der Gesellschaft über eine wärmende Kopfbedeckung freuen können, stellen die Strickerinnen aus dem Montafon ihr handwerkliches Geschick in den Dienst der guten Sache. Frei nach dem Motto „Wollreste gegen kalte Ohren“ wird das ganze Jahr über gestrickt, was die Finger und eben auch die Wollreste hergeben. Wir haben den fleißigen „Stricklieseln“ in Gaschurn einen Besuch abgestattet.

Strickrunde

Es ist Donnerstagnachmittag. Die Sonne scheint. Die Temperaturen sind angenehm. In der gemütlichen Stube des Alpin- und Tourismusmuseums in Gaschurn interessiert das aber niemanden. Rund um die beiden Tische sitzen neun Frauen. Die netten Damen sind so vertieft in ihre Handarbeit, dass sie kaum Zeit haben, ihren Blick zu heben, als sich die Türe zum Museum öffnet. Nach einem freundlichen „Hallo“ und der Aufforderung, Platz zu nehmen, fällt der Blick unweigerlich auf die reich gedeckten Tische. Die „Gaben“, die sich hier finden, sind herzerwärmend. Mützen, Schals und Socken in diversen Farben und Größen lassen die große Leidenschaft der Montafonerinnen für die Handarbeit erahnen. Unzählige ehrenamtliche Stunden wurden in die liebevoll gestalteten Unikate gesteckt und liegen ausgebreitet da.

Von 20 auf 1022 in sechs Jahren

Initiatorin des sozialen Handarbeitsprojekts ist Sybille Klinger. Nachdem die Gaschurnerin aus gesundheitlichen Gründen gezwungen war, beruflich kürzer zu treten, hatte sie vor sechs Jahren die Idee, ihre Leidenschaft für die Handarbeit einem wohltätigen Zweck zugutekommen zu lassen. „Im ersten Jahr habe ich aus Wollresten meiner Schwiegermutter etwa 20 Mützen für das Kinderdorf gestrickt“, erinnert sie sich an die Anfänge. Heuer knackt sie, dank der tatkräftigen Unterstützung ihrer eifrigen Strickerinnen, einen neuen Rekord. 1022 hilfsbedürftige Menschen können bzw. konnten mit Mützen und Schals ausgestattet werden. Hinzu kommen sage und schreibe 175 Paar Socken, damit auch die Füße warm haben.

Liebe und Herzblut

„Es steckt sehr viel Liebe und Herzblut dahinter“, sagt Klinger, und das sieht man den Produkten nicht nur an, das spürt man auch. „Es ist ein schönes Miteinander von Gleichgesinnten“, sind sich die fleißigen „Montafoner Stricklieseln“ einig. Der gegenseitige Austausch kommt dabei selbstverständlich auch nicht zu kurz. Das Treffen an diesem Nachmittag ist nicht eigens arrangiert. Vielmehr treffen sich die Montafonerinnen regelmäßig jeden Donnerstag in größerer und kleinerer Runde im Heimatmuseum. Dabei werden die mitgebrachten Mützen und Schals begutachtet und Strickmuster ausgetauscht. Das ist auch an diesem Tag nicht anders und klingt dann etwa so: „Wie hast du das gemacht?“ „Das ist aber eine gute Idee.“ „Das wollte ich schon immer einmal probieren.“ „Damit warst du sicher lange beschäftigt.“

Wollreste gesucht

„Unser aller Ziel ist es, Menschen, denen es nicht so gut geht, Wärme zu schenken. Außerdem findet Wolle, die irgendwo herumliegt, so ihre endgültige Bestimmung“, sagt die Projektinitiatorin und verknüpft dies gleich mit einem Aufruf. „Wer bei sich zuhause noch übrige Wollreste hat, kann sich gerne mit mir in Verbindung setzen. Wir sind immer auf der Suche nach Wolle, die verarbeitet werden kann.“ Dass das Wollprojekt inzwischen gewaltige Ausmaße angenommen hat, merkt Klinger in ihrem eigenen Zuhause, in das sie gerne Einblick gewährt. Zwei Zimmer sind voll mit fertigen Produkten. Nach Farben und Größen fein säuberlich geordnet, liegen diese bereit für die Übergabe. Aber das ist noch längst nicht alles. „Im Dachboden habe ich auch noch zwei volle Schränke. Einer ist mit Wolle, der andere mit fertigen Produkten gefüllt“, sagt sie. Allmählich leert sich jedoch das „Lager“ wieder, denn im Herbst ist Übergabezeit. „Die Mützen und Schals gehen unter anderem an das Vorarlberger Kinderdorf, das Haus Bonetti und den Verein ‚Tischlein deck dich‘. Die Socken bekommt der Sunnahof“, zählt Klinger ihre Projektpartner auf.

Helfer herzlich willkommen

Wer Freude am Handarbeiten hat und Lust verspürt, bei diesem Sozialprojekt mitzumachen, ist herzlich willkommen. „Neben Wollresten sind wir auch immer auf der Suche nach Gleichgesinnten, die unsere Idee unterstützen und weitertragen“, so Klinger abschließend.

Kontakt: Wollreste gegen kalte Ohren

Sybille Klinger, T 0664 5150058, E bzw. wollrestegegenkalteohren.wordpress.com