Markus Hofer stellt in der KirchenBlatt-Serie „Mein Lieblingskunstwerk“ die Chorbogenwand der alten Pfarrkirche in Götzis vor. Die Darstellung der Hölle fasziniert bis heute ungebrochen.

Markus Hofer

Markus HoferEin riesiges Weltendrama tut sich auf: Die Fresken am Chorbogen stellen das Weltengericht dar, das Gericht am Jüngsten Tag, am Ende der Zeiten. Es ist eine große, hochdramatische Geschichte. Drei Engel in der Mitte über dem Spitzbogen blasen mit ihren Posaunen zum letzten Tag und darüber thront Christus als Weltenrichter; neben ihm seine Mutter Maria. Links unten ist die Auferstehung der Leiber: Die Seelen kommen aus ihren Gräbern und nehmen wieder ihre fleischliche Form an. Die einen kommen noch nackt hinauf in den Himmel zur riesengroßen Schar von heiligen Männern und Frauen oder fallweise geht es dann auch rechts wieder hinab in die Hölle. Auf den ersten Blick ist aber doch überraschend, dass es nicht nur in der Hölle eine Menge Nackter gibt, sondern ebenso im Himmel im Reigen der frisch Auferstandenen.

Viele interessante Details.

Die ganze Chorbogenwand - eine absolute Besonderheit der Alten Kirche in Götzis - ist mit einem riesigen, durchgehenden Fresko bemalt, das noch der Zeit der Renaissance zuzuordnen ist. Es entstand vermutlich um das Jahr 1616 und der Künstler war Hans Jakob Noppis, der damals Hofmaler der Grafen von Hohenems war.
Derzeit wird die Alte Kirche renoviert, damit die Fresken nicht verloren gehen und in der Aufbereitung für Patenschaften sind viele interessante Details zum Vorschein gekommen. Sie können diese gerne auf der Homepage der Alten Kirche erkunden: www.altekirche.at.

Hölle beflügelt Phantasie.

Am fantastischsten ist der rechte Teil mit der Hölle, die in der christlichen Kunst immer schon die Phantasie der Künstler offensichtlich mehr beflügelt hat, als der vergleichsweise brave, um nicht zu sagen langweilige Himmel. Es war eine Herausforderung, hier den Gräueln der Hölle künstlerisch Gestalt zu geben. Manches erinnert dabei durchaus an moderne Fantasy- oder Horrorfilme und ein bisschen die Nerven kitzelnder Grusel wird auch für die Menschen damals dabei gewesen sein.
Aus heutiger Sicht heißt es oft, dass die Kirche mit solchen Höllenbildern den Menschen nur Angst machen und sie damit kleinhalten wollte. Solche Dinge waren vermutlich mit im Spiel, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Fakt ist, dass in der Alten Kirche im Höllenteil mehrere geistliche Herren sich befinden, die an ihrer Tonsur erkennbar sind. Konkret heißt das: Wenn der Priester von der Kanzel gepredigt hat, wusste er, dass die Gläubigen in der Hölle einige Priester sehen, und dann schaut das Ganze schon noch einmal etwas anders aus. «

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 29 vom 16. Juli 2020)