Aglaia Poscher-Mika über Neubeginne im Herbst.

Der Sommer neigt sich dem Ende zu, er geht mit immer klarer werdendem Licht in den Spätsommer über. Dennoch herrscht um diese Jahreszeit eher Aufbruchstimmung, denn für viele beginnt nach der Sommerpause ein neues Arbeits- beziehungsweise Schuljahr.

Für orthodoxe Christ/innen beginnt am 1. September auch das neue Kirchenjahr - dies geht auf den Patriarchen von Konstantinopel zurück, der 1990 diesen Tag als Schöpfungstag festlegte - das Kirchenjahr beginnt also mit der Erschaffung der Welt. Obwohl ersteres für katholische und evangelische Christ/innen mit dem ersten Adventsonntag beginnt, so wird dieser Tag der Schöpfung von allen christlichen Kirchen begangen. Seit einiger Zeit wird in dieser so genannten Schöpfungszeit, welche bis zum Festtag des heiligen Franziskus am 4. Oktober andauert, besonders an die Verantwortung aller Menschen der Natur und den Tieren gegenüber erinnert.

Für alevitische, schiitische und sunnitische Muslime begann am 31. August 2019 das neue Jahr mit dem heiligen Monat Muharram. Das Datum des Neujahrstages wandert durch den gregorianischen Kalender, da sich die islamische Zeitrechnung nach dem 11 Tage kürzeren Mondkalender richtet. Während Sunnit/innen besonders den 10. Tag (aschura bedeutet zehn) des Muharram feiern, indem sie der Errettung der Arche Noah durch sicheres Land gedenken, beginnt für Alevit/innen und Schiit/innen mit dem neuen Jahr eine Fasten- und Trauerzeit, welche wiederum mit dem Aschuratag endet.

Doch nicht nur der Taube, die den Ölzweig brachte, wird an diesem Tag gedacht - auch sämtliche Ereignisse der Versöhnung und Errettung des Ersten Testaments fallen aus theologischer Sicht auf dieses Datum: das Volk Israel wanderte auf trockenem Fuße durch das Meer, Josef wurde aus dem Brunnen errettet - und sogar die Geburt Jesu, welcher ja im Islam als wichtiger Prophet verehrt wird, hat laut Koran dieses Datum. Der Unterschied bleibt, dass Christ/innen in den Ereignissen des Ersten Testaments die Heilsvorbereitung auf das Zweite Testament sehen, während für Muslime Gottes Offenbarung erst durch den Propheten Mohammed besiegelt wurde.

Aglaia Mika, SopranAglaia Poscher-Mika, MMA
Beauftragte der KatholischenKirche Vorarlberg
für den Interreligiösen Dialog;
Musiktherapeutin, Sängerin, Stimmbildnerin.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 36 vom 5. September 2019)