"Was fällt Ihnen ein, wenn Sie das Wort ‚Tanz’ hören? Was verbinden Sie mit dem Begriff ‚Bühnentanz’? Was ist für Sie ‚zeitgenössischer Tanz’?“ Wenn Ihnen bei der Antwort auf diese Fragen nicht viel mehr als ein „Ähh...“ oder „Mmhh...“ über die Lippen kommt, dann schauen Sie sich das Stück „FANS“ der „companie bewegungsmelder“ an. Ein beglückendes Vergnügen.

von Patricia Begle

FANS

  • Tanz: Claudia Grava, Pascale Staudenbauer, Aleksandra Vohl
  • Sprecher: Romeo Meyer
  • Künstlerische Leitung: Aleksandra Vohl
  • Produktionsleitung und Text: Natalie Begle
  • Auge von außen und Text: Brigitta Soraperra

Aufführungen:

  • Feldkirch, Pförtnerhaus, Fr 15. Februar, 10.30 Uhr (Schulaufführung) und 19.30 Uhr
  • Dornbirn, Kulturhaus, Sa 23. Februar, 19.30 Uhr

Infos, Karten und Workshop-Buchungen: www.bewegungsmelder.in

 

Aha-Erlebnisse sind wie kleine Lichtkegel, die einen dunklen Raum Stück für Stück erhellen. Er gewinnt dadurch an Größe, Weite, Tiefe, Kontur... und diese Mehrdimensionalität erweist sich als unheimlich spannend und faszinierend. In diesem Erhellen liegt auch das Geheimnis von FANS, das den Zuschauenden ein Aha-Erlebnis nach dem anderen beschert und damit einen Zugang zu einer Welt schafft, die bisher vielen verschlossen war: die Welt des Bühnentanzes.

Zeitreise
Es ist ein „Streifzug durch die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts“, der diesen Zugang schaffen möchte. Dieser Ansatz basiert auf der Erfahrung, dass wir die Gegenwart nur auf dem Hintergrund der Vergangenheit verstehen und fassen können. Deshalb diese Zeitreise, die Zusammenhänge aufzeigt, Entwicklungen veranschaulicht und Einblick gewährt in das Handwerk von Tanzschaffenden.

Spiel mit den Grenzen
Grenzen und Entgrenzen – mit diesen beiden grundsätzlichen Prozessen kann das 20. Jahrhundert beschrieben werden. Immer wieder geht es darum, Traditionelles in Frage zu stellen, aufzubrechen und neu zu definieren, die Grenzen neu zu setzen, den Tanz neu zu erfinden. So werfen Schüler/innen die Technik der Lehrenden über Bord und kreieren ihren eigenen Stil. Das hohe Maß an Bewegung und Veränderung, das Tanz schon von Natur aus in sich trägt, zeigt sich auch in seiner bewegten und bewegenden Entwicklung.

Zeitgeist
Tanz ist immer auch Antwort auf die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse. Der Ausdruckstanz von Isidora Duncan setzte Anfang des 20. Jahrhunderts einen radikalen Kontrapunkt zur Entfremdung vom menschlichen Körper, welcher mit der Industrialisierung einherging. Duncan befreite sich nicht nur von Korsett und Ballettschuhen, sondern zwängte auch ihre Bewegungen nicht mehr in vorgefertigte Formen. Als sie in wallenden Gewändern barfuß über die Bühne tanzte, war das für das damalige Publikum etwas völlig Neues. Vorher hatte die Bühne einzig Ballettaufführungen gekannt. Grenzen wurden in den 60er Jahren auch von den Tanzschaffenden des „postmodern dance“ verschoben, in Bezug auf Bühnenbild, Tanzraum, Kostüm, Tanztechnik, Musik, Verhältnis von Profis und Nicht-Profis... sie waren Kinder ihrer Zeit.

Hintergründe
Hinter jedem Stück stecken Künstler/innen mit ihrer eigenen (Zeit-)geschichte, mit ihrem Anliegen, mit ihrer Auffassung von Tanz. Und eben dieses „Dahinterliegende“ wird im Stück „FANS“ erschlossen. Mit Worten, die sowohl erläuternd als auch erheiternd sind, mit Projektionen, die die Künstler/innen und deren Zeit vor Augen führen und mit Bewegungssequenzen, die spezielle Techniken veranschaulichen. Und natürlich mit vielen Tanzszenen. Sie dokumentieren einerseits den historischen Streifzug. Andererseits stammen sie aus Stücken zeitgenössischer Choreograph/innen, von denen die drei Tänzerinnen auf der Bühne FAN sind. Egal welche Szene - das zigmal wiederholte Fallen, das Betanzen eines Sofas oder das Warten auf den Geliebten - die Szenen werden in einer eindrücklichen Intensität getanzt, die zeigt, dass Herzblut und Leidenschaft dahinterstehen.

Vermittlungsarbeit
Kunstvermittlung via Kunst. Mit diesen drei Worten kann das Konzept des Stückes umschrieben werden. FANS verschafft Zugang zu einer Kunstform, die in unseren Breitengraden noch kaum als eigenständige Kunstform wahrgenommen wird. Deshalb auch der pädagogische Ansatz. Die Companie bietet zudem für Jugendliche ab 12 Jahren Workshops zur Vertiefung an. Zahlreiche Schulklassen kamen so schon in den Genuss einer ungewöhnlichen und unvergesslichen „Schulstunde“.  Hinter FANS steckt auch ein kulturpolitisches Anliegen. Denn auch in den Köpfen von Entscheidungsträgern der Kulturpolitik ist Tanz vielfach noch nicht als eigenständige Kunstform präsent. Das zeigt sich z.B. in den Rahmenbedingungen für die Tanzschaffenden im Land. Hier gibt es großen Aufholbedarf. Das Stück „FANS“ ist ein guter Anstoß dazu.