Der erfahrene Exerzitienlehrer und Referent für Spiritualität im Pastoralamt, Thomas Netzer-Krautsieder, bietet ab Herbst einen intensiven Kurs in spirituellen Übungen im ignatianischen Geist an.

Wolfgang Ölz

Warum empfehlen Sie ihren Kurs in spirituellen Übungen?
Thomas Netzer-Krautsieder: Es ist die Frage, was unsere Seele nährt und befriedigt. Wir machen die Erfahrung, es ist nicht das Anhäufen von vielen Dingen, auch nicht das Vielwissen, sondern das „Verspüren und Verkosten der Dinge von innen her“, wie es Ignatius ausdrückt.

Im Geiste von Ignatius soll man um das bitten, was man ersehnt. Ist das unverschämt?
Netzer-Krautsieder: Im Kindesalter ist es den meisten von uns ausgetrieben worden: „Du darfst nicht so unverschämt sein und sagen, was du wirklich haben willst!“ Ignatius regt aber genau das an. Am Beginn jeder Betrachtungszeit soll ich mich darauf besinnen, was mein tiefstes Sehnen ist und auch ganz konkret darum bitten. Das fordert heraus, ist ein Wagnis, rührt den Menschen aber ganz tief an.

Wie kann die göttliche Geisteskraft wirksam werden?
Netzer-Krautsieder: Das ist dann der nächste Schritt in den Übungen. Ich muss immer wieder loslassen und geschehen lassen. Ich kann die Übungen nicht steuern, wo es hingehen soll. Dessen muss ich mir bewusst sein. Ignatius redet davon „mit großer Seele und mit Weitherzigkeit“ einzusteigen. Dann werde ich hineingenommen in einen persönlichen Umwandlungsprozess. Der ist aber kein Selbstzweck, sondern wird auch immer auf heilsame Veränderungen in meinem Umfeld hinwirken.

Inwieweit schlägt das kriegerische Rittertum in seinem spirituellen Weg zu Gott bei Ignatius durch?
Netzer-Krautsieder: 1521 hat ihn eine Kanonenkugel am Bein verletzt und seine Ritterkarriere beendet. Das anschließende Krankenlager wurde für ihn eine Phase der inneren Wende und Umkehr und sein Blick öffnet sich für einen ganz neuen Gefolgsherrn: Jesus Christus. Mit seinen Augen lernt Ignatius die Welt neu zu sehen. Ein beeindruckender Weg!

Und was bedeutet „Exerzitien“?
Thomas Netzer-Krautsieder: Der volle Name ist „exercitia spiritualia“ – also spirituelle Übungen. Für Ignatius gibt es neben „körperlichen“ Übungen auch „geistliche Übungen für die Seele“, um innerlich wachsen und sich entwickeln zu können. Aber keine Angst, das ist kein schweißtreibendes Trainingsprogramm, das es abzuspulen gilt. Im geistlichen Leben kann und muss ich nicht alles selber machen, sondern darf auch mit der göttlichen Geistkraft rechnen.

Warum lässt sich das Exerzitienbuch mit einer Landkarte vergleichen?
Netzer-Krautsieder: Meditationen und Betrachtungen sind kein Selbstzweck. Es geht darum, mehr und mehr in das Geheimnis Gottes hineinzuwachsen. Und all die Übungen und das ganze Exerzitienbuch können mir dabei eine Orientierung sein, so wie eine Landkarte. Aber entscheidend ist nicht die Karte, sondern der persönliche Weg.

Netzer-Krautsieder Thomas
Thomas Netzer-Krautsieder führt in einem intensiven Kurs ab Herbst in die tiefe Gottessuche mit Ignatius von Loyola ein.  (Foto: Anna Kienböck)

Zum Kurs
Der Kurs startet mit dem ersten Modul am Fr 1. Oktober, 18 Uhr, bis So 3. Oktober 2021, 13 Uhr, Bildungshaus Batschuns. Es gibt insgesamt sechs thematische Module, jeweils von Fr 18 Uhr bis So 13 Uhr, dazu eine Exerzitienwoche. Die Kosten belaufen sich auf 950.- Euro.
Infos: T 0676 83240 1219,
E oder
T 0664 4168307, E

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 27 vom 8. Juli 2021)