Die Hohenemser Künstlerin Heilgard Bertel eröffnet ihre neu gebaute Garten-Galerie bei ihrem Vaterhaus unweit des Steinbruchs mit einem eigenen Pferdezyklus

Bild: Heilgard Bertel zeigt auf die „Burnt Faces“

Wolfgang Ölz

Heilgard Bertel zählt ohne Frage zu den bedeutenden Künstlerinnen des Landes. Die kontrovers aufgenommene Ausmalung der Unterkirche in Hohenems St. Konrad Anfang der 1980er-Jahre überzeugt noch heute in der versierten künstlerischen Handschrift und der immensen spirituellen Aussage. Die heute 76-jährige Bertel legt nun ihre kunsttherapeutische Arbeit zurück und konzentriert sich ganz auf die eigene freie Kunst.  

Die Kunsttherapeutin
Heilgard Bertel studierte bei Albert Paris-Gütersloh an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, unterrichtete am akademischen Gymnasium und auch am Mozarteum in Salzburg und lernte in Zürich am Institut für humanistische Kunsttherapie bei Peter Schellenbaum, wie man mit „begleitetem Malen“ die Kreativität beeinträchtigter Menschen anspricht. Oft konnte Heilgard Bertel die Erfahrung machen, dass sich die Depression eines Menschen aufhellte, und wie plötzlich mit Problemfeldern lösungsorientiert umgegangen werden konnte. Im Akt des Malens kann jede/r mit sich selbst in Kontakt kommen, und das Bild wird zur gangbaren Brücke zwischen Klient und Therapeut, so dass eine fruchtbare Beziehung entsteht.

Die Künstlerin
1999 wollte ihre Mutter nicht ins Altersheim, und so entschied Bertel sich, nach Hohenems zurückzukehren. Parallel zur Pflege der Mutter begann sie, ihr Institut für Maltherapie im hauseigenen Atelier aufzubauen. So wie sie 1999 noch einmal umsattelte und durchstartete, ist für sie heute der Zeitpunkt gekommen, bewusst in ihren „neuen, altersmäßig letzten Lebensabschnitt“ einzutreten, wie sie selbst sagt: „Ich kann in diesem Gartenland unter dem großen Baum am Fuße der Felswand meinen Weltbezug schreibend und malend neu erfinden.“

Die Transzendenzgrenze 
Die Wand des Steinbruchs wird ihr dabei zu einer großen Metapher für das Leben und den Tod selbst. Der Tod ist ihr eine absolute Transzendenzgrenze. Die Religionen, so Heilgard Bertel, werfen Gottesbilder als Projektionen auf diese Wand, um sie zu durchdringen. Es ist ihr wichtig zu betonen, dass es sich immer um Bilder handelt, nie um die Realität. Allerdings braucht der Mensch diese Gottesbilder essentiell, sie helfen ihm, keine Angst vor dieser Wand zu haben, die für die Rationalität eine Grenze darstellt, die nicht überwunden werden kann. Die Gottesbilder gehen für Bertel weit über den institutionellen Rahmen einer Kirche hinaus. Auch Dogmen versteht sie letztlich als tiefe metaphorische Mysterien, als Gefäße, die ein Geheimnis tragen.

Die Pferdeserie
Als erstes stellt Heilgard Bertel ihre sogenannte „Pferdeserie“ in ihrer neu geschaffenen Gartengalerie aus. Tief bewegt von einer Aufführung des Mozartrequiems mit Pferdeeinlagen in der Felsenreitschule Salzburg im Jänner dieses Jahres, schuf sie acht Pferdedarstellungen von unerhörter Dichte und malerischer Präzision, die staunend machen. Heilgard Bertel hat übrigens einige Serien, die sie in ihrer neuen Galerie im Garten zeigen kann. Da gibt es 12 Engelsbilder, da gibt es einen Kreuzesweg und da gibt es die „Burnt Faces“, ein Zyklus aus 24 Portraits, welche die aus dem arabischen Frühling folgende Katastrophe zusammen mit dem Schicksal der heutigen Flüchtlinge in einen unerhörten Schrei der getretenen Kreatur verwandelt. Einen Bronzevogel aus einer bildhauerischen Auftragsarbeit, die den verstorbenen Erzbischof von Salzburg Karl Berg ehrt, der Siedlungen für schlesische Migranten lancierte, redet sie so an: „Wir bieten dir ein Nest / wir halten dich nicht fest / komm und flieg wieder.“ 

Der Ohnmachts-Christus 

In den Jahren 1982/83 gestaltete die Künstlerin die Unterkirche der Pfarre Hohenems St. Konrad aus. Über zweieinhalb Jahre opferte sie ihre Ferien als Lehrerin, um den „Betonkeller“, wie sich Pfarrer Martin Fäßler ausdrückte, auszumalen. Christus ohne Lendenschurz darzustellen galt als Sakrileg. Wütende Beschimpfungen konnten nicht erkennen, dass es nicht um Sexualität, sondern um die Darstellung eines zutiefst gedemütigten (Gott-)Menschen ging. Heilgard Bertel erinnert sich an eine Vorladung beim damaligen Dekan Anton Nenning, der sie bat, dem Christus doch einen Schurz zu zeichnen, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen - was sie standhaft ablehnte.

Eröffnung der Garten-Galerie:

Sa 7. Oktober, 11 Uhr, Erlachstr. 65, Hohenems.

Musik: Kaddish von Ofra Haza (CD),
Einführung zum Pferde-Bilderzyklus: Peter Niedermair.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 40 vom 5. Oktober 2017)