Im Jänner 2012 wurde bei Evelyne Leandro (rechts) Lepra diagnostiziert. Aus Brasilien stammend war sie 2010 mit ihrem Mann nach Deutschland gekommen. In ihrem Buch „Ausgesetzt“ schildert sie den beklemmenden Kampf gegen Lepra, und wie sie diese durch ihre starke Persönlichkeit besiegt hat. Kuratoriumsvorsitzender des Aussätzigen-Hilfswerks Edwin Matt (links) hat Evelyne Leandro in Vorarlberg begleitet.

Wolfgang Ölz

Evelyne Leandro ist ein fröhlicher Mensch. Trotz der Schwere des Themas findet sie immer wieder Momente in denen sie lachen kann. Die Menschen in Vorarlberg findet sie „sehr nett“, obwohl sie während ihrer Leserreise noch nicht viel vom Land sehen konnte. Sie ist mit Lesungen, Schulbesuchen und Gesprächen eingedeckt.

Warum macht jemand eine so schwerwiegende Krankheit öffentlich? Nachdem Frau Leandro krank geworden ist, hat sie immer nach einem Sinn der Erkrankung gefragt. Sie hat Kontakt zu Organisationen wie dem Aussätzigen-Hilfswerk gesucht, um besser mit der eigenen Krankheit umgehen zu können. Außerdem hatte sie den Wunsch, ein Buch über ihre Erfahrung zu schreiben, denn Lepra ist eine „vergessene“ Krankheit. So hat sie in einer Schulklasse in Vorarlberg die Frage gestellt, ob jemand die Krankheit Lepra kennt. Niemand hat sich gemeldet. Lepra sei in Europa weniger ein Tabuthema, vielmehr reden die Leute nicht mehr darüber, weil sie glauben es gebe Lepra nicht mehr. Stigmatisiert werden die Menschen vor allem in jenen Ländern, in denen Menschen an Lepra erkranken. Insgesamt gibt es jährlich 230.000 Neuerkrankungen, davon 125.000 in Indien und 35.000 in Brasilien.

Ein Leidensweg 
In ihrem persönlichen Umkreis waren alle, so wie sie selbst, zunächst geschockt, weil auch ihre Familie geglaubt hat, dass es Lepra gar nicht mehr gibt. Diskriminiert aber wurde sie nicht. Stigmatisiert fühlte sie sich lediglich durch die deutschen Ärzte, die natürlich ihren brasilianischen Akzent bemerkten, und durch die Rentenversicherung, die ihren Antrag auf Rehabilitation ablehnte. In der Begründung der Versicherung hieß es, dass ihr Fall nicht mehr zu retten sei, sie solle besser in Rente gehen. Erst nach einem „bösen“ Brief ihres Mannes wurde ihr schließlich die Reha bewilligt. Die Krankheit selbst wurde erst diagnostiziert, nachdem ihre Mutter aus Brasilien den Hinweis auf Lepra gegeben hatte. Sie wurde von Berlin nach Hamburg überstellt. Nach dem Beginn der Behandlung hatte sie eine Immunreaktion. Sie musste dreierlei Antibiotika nehmen sowie Tabletten gegen die Nebenwirkungen. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten gilt sie nun als gesund.

Friede mit Gott
Von Anfang an hatte sie entschieden, dass sie nicht zulassen wird, dass die Krankheit ihr Leben „kaputt macht“. Auch ihr Glaube war es, der ihr immer wieder Kraft gegeben hat. Zu Beginn hatte sie allerdings mit Gott gehadert und gefragt: „Warum hast Du das mit mir gemacht?“ Später aber hat sie ihren Frieden gefunden. Schön war für sie, dass Menschen, die selbst eine schwere Krankheit durchlitten haben, sich in ihrem Buch wiedergefunden haben. Wichtig ist ihr auch die Aufklärung darüber, dass man gegen Lepra kämpfen und siegen kann. Weil sie es geschafft hat, ist das Lächeln zurückgekehrt. Aus diesem Grunde arbeitet sie auch als Fachreferentin beim Aussätzigen-Hilfswerk. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem, bei der Auswahl der Projekte, die unterstützt werden, mitzuentscheiden.

www.ausgesetzt-berlin.de

Bündelung der Kräfte

Aussätzigen-Hilfswerk Österreich übernimmt Franziskanische Leprahilfe. Die Projekte im Kampf gegen Armutserkrankungen werden weitergeführt.

Zum Weltlepratag am 31. Jänner übernahm das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich (AHWÖ) die Aufgaben der Franziskanischen Leprahilfe Österreich. Durch die Übernahme erwarten die Partner Vorteile für die laufenden Projekte und eine Sensibilisierung der Spendenkreise für notwendige Veränderung auch in Österreich.

„Nach 38 Jahren ist die Übergabe der Aufgaben der richtige Schritt“, ist Franz Grömer, Leiter der Franziskanischen Leprahilfe, überzeugt. Das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich werde die Projekte weiterführen und dabei auch neue Akzente setzen. Sie könnten nun evaluiert und stärker auf eine nachhaltige Entwicklungsarbeit ausgerichtet werden. „Das ist uns als kleine, vollständig ehrenamtliche Organisation gar nicht möglich gewesen“, betont Grömer.

Der Kuratoriumsvorsitzende des Aussätzigen-Hilfswerks, Pfarrer Mag. Edwin Matt, sieht in der Übernahme eine Chance für beide Organisationen: „Mit der Übernahme können wir die Projekte deutlich besser aufeinander abstimmen und wirksamer werden.“ Nur dadurch können Entwicklungserfolge bewahrt und Gesundheitssysteme insgesamt verbessert werden."

Der Nationalvorsteher des Säkularordens der Franziskaner, Mag. Dr. Alfred Obermair, sieht den Zusammenschluss ganz im Geiste der Franziskanischen Gemeinschaft: „Der Heilige Franziskus dient uns als Beispiel, nicht nur Not zu lindern, sondern unser eigenes Leben neu auszurichten.“

www.aussaetzigen-hilfswerk.at

(aus dem KirchenBlatt Nr. 5 vom 4. Februar 2016)