Das Bäckerei-Café „Aregak“ im Herzen von Gjumri ermöglicht vier Jugendlichen, die aus der Betreuung des Therapiezentrums „Emils Kleine Sonne“ herausgewachsen sind, den Einstieg ins Berufsleben. Gemeinsam mit vier Müttern betreiben sie diese Bäckerei, die sich zu einem echten Treffpunkt in der Innenstadt der zweitgrößten Stadt Armeniens entwickelt hat.

Wolfgang Ölz

Das Bäckerei-Café „Aregak“ wurde im September 2018 mit einem großen Volksfest eröffnet. Auch der armenische Staatspräsident Armen Sarkissjan ließ es sich nicht nehmen, bereits zweimal in dieser inklusiven Arbeitsstelle für vier Kinder mit Behinderung und vier Mütter vorbeizuschauen und sogar mit einem der Schützlinge Pläne für ein gemeinsames Projekt zu schmieden.

Es hat sich gelohnt

Jeder der Begünstigten, vor allem auch die Mütter, betrachten das Projekt als ihr eigenes Vorhaben, und der Erfolg davon liegt in der Hand aller Beteiligten. Die Mutter Anait A. ist als Bäckerin angelernt worden. Hovannes (Johannes) M. und Hassnik T., zwei der Jugendlichen mit Behinderung, lieben es hier zu arbeiten und bringen den Gästen gefüllte Jausenbrötchen. Grisha B. und Sedrak S. sind für den Ausschank des Kaffees zuständig. Ihr Lächeln über das Glück einer sinnvollen Tätigkeit ist ansteckend. Hat sich der Aufwand gelohnt? „Ja, 400-prozentig!“, sagen sie, denn „wer auch immer ein einziges Leben rettet, der ist, als ob er die ganze Welt gerettet hätte“, wie der babylonische Talmud weiß.

Der beste Kaffee der Stadt

Zwei Jahre lang haben Robert Moosbrugger von der Auslandshilfe der Caritas Vorarlberg und das Team hart für die Realisierung dieses Ortes gearbeitet, an dem Jugendliche mit Behinderung in den Arbeitsmarkt finden können. Es war den Organisator/innen wichtig, dass die Bäckerei keinesfalls abgelegen, sondern im Zentrum von Gjumri eröffnet wurde. Gut sichtbar und als Teil des Lebens in der Innenstadt wurde ein verfallenes Haus in einer schönen Geschäftsstraße renoviert. Die Produktion von Croissants, Sandwiches u.a. wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen. So ist das Bäckerei-Café „Aregak“ zu einem richtigen Treffpunkt in der Stadt geworden, wo man in einer herzlichen Atmosphäre den besten Kaffee und das beste Gebäck von Gjumri bekommen kann, wie Robert Moosbrugger nicht ohne Stolz anmerkt. Die Herausforderung besteht nun darin, die Bäckerei in die Gewinnzone zu führen, sodass mindestens kostendeckend gewirtschaftet werden kann.

Zur Person

Der neue Präsident als Hoffnungsträger

Der im April gewählte Präsident von Armenien, Armen Sarkissjan (geboren 1956), war Professor für Physik in Cambridge und Botschafter beim Vatikan. 1997 verlieh ihm Papst Johannes Paul II. den Gregorius-Orden. Er stellte sich der Wahl zum Präsidenten, weil er im Wandel des Landes eine Rolle spielen wollte. Das Land habe große Probleme von der Korruption bis zur Demographie. Sarkissjan ist stolz, dass die „Samtene Revolution“ im April 2018 ohne Blutvergießen stattgefunden hat. Es brauche eine neue Kultur, einen öffentlichen Lernprozess, um die Demokratie in den Köpfen der Menschen zu verankern. „Wir können es schaffen, auch in einer sich schnell und unvorhersehbar entwickelnden Welt. Denn: Armenien ist eine junge Nation und hat viele positiv gestimmte Leute“, so Sarkissjan. Er möchte sich mit der Bevölkerung solidarisieren und hart für die Menschen seines Landes arbeiten, speziell für die Menschen in Gjumri, die in Armut und Kälte leben müssen.

Die Rolle der Kirche sei sehr wichtig, aber jeder müsse seinen eigenen Gott finden. Armen Sarkissjan hat Gott in der Wissenschaft entdeckt. Auf der Suche nach der Struktur des Universums war er schockiert von der Schönheit der Schöpfung, von ihrer Komplexität und Logik. Da müsse etwas dahinter sein, meint er, etwas Schönes, etwas Perfektes, etwas Geniales, etwas, das er letztlich Gott nennt.

(aus KirchenBlatt Nr. 8 vom 14. Februar 2019)