„Unser Weg soll immer der Weg Gottes zu den Menschen sein“, erklärt Bischof Benno Elbs im KirchenBlatt-Gespräch. Ein Leitgedanke, der ihn auch in den spirituellen und inhaltlichen Impulssetzungen begleitet.

Das Gespräch führte Veronika Fehle

KirchenBlatt:Vom Diözesanadministrator zum Bischof: Was wird sich für Sie verändern?
Elbs: Das Amt des Bischofs verändert sehr viel. Als Diözesanadministrator habe ich bisher nach bestem Wissen und Gewissen die Agenden der Diözese verwaltet. Der Bischof aber ist Hirte seiner ihm anvertrauten Menschen. Es geht um die religiöse Dimension unseres menschlichen Lebens. Ein Bischof dient der Diözese vor allem auch in spiritueller Hinsicht und er übernimmt, in der Gemeinschaft mit dem Papst und allen Bischöfen, Verantwortung für die Weltkirche.

Was war für Sie der schönste Moment der Bischofsweihe?
Die Weihe, das Empfangen dieses Sakraments, hat etwas verändert – tief drinnen in meiner Seele. Es war eine besondere Erfahrung, die Freude der Menschen erleben zu dürfen. Und dennoch, wichtig ist und bleibt es, die Weihe immer als das zu sehen und zu erkennen, was sie ist: ein großes „Ja“ zu Gott. Dieses „Ja“ ist ein sehr intimes, ein stilles „Ja“, das nicht den großen Auftritt sucht. Auf einer anderen Ebene war die Weihe ein Fest des Glaubens und da war eine Vielzahl von Begegnungen und Momenten, die mich an diesem Tag sehr berührt haben - meine Familie, die mir Halt gegeben hat, alle, die die Feier mitgetragen haben… Besonders unter ihnen ist aber Frau Josefine. Sie wurde während der Zeit des Nationalsozialismus geboren. Ordensfrauen haben sie vor der Deportation und dem sicheren Tod gerettet. Am Tag meiner Bischofsweihe spielte sie im Veeh-Harfen-Ensemble der Caritas mit und hat, so glaube ich, nicht nur mich mit ihrer Geschichte zu Tränen gerührt.

Sie sind seit 1994 Teil der Diözesanleitung. Wie sehr hat sich in dieser Zeit Ihre Arbeit und die Kirche selbst verändert?
Es hat sich sehr viel getan. Nicht nur durch meine Aufgaben, die sich veränderten, sondern auch mit und in der Welt. Kirche und Welt, Glaube und Leben sind untrennbar miteinander verbunden. Damit möchte ich auch an die Predigt von Kardinal Schönborn anknüpfen, die er am Tag der Bischofsweihe gehalten hat. Wichtig ist es in jeder Situation, dass unser Weg der Weg Gottes zu den Menschen ist. Es ist ein Weg, der nicht von Worten allein, sondern vor allem vom Tun lebt, ein Tun, in dem wir immer glaubwürdig sein müssen.

Wo soll die Diözese in fünf Jahren stehen?

In einem stabilen Austausch. Einer meiner ersten Schritte wird es sein, im kommenden Herbst mit den Priestern, Religionslehrer/innen, Mitarbeiter/innen  und Gremien der Diözese ganz genau auf das Leben in unserer Kirche, in unseren Pfarrgemeinden hinzusehen, um gemeinsam zu erfahren, was Freude macht, was Not tut, was drängt, was bedrückt und vor allem wie wir damit umgehen.

Wie möchten Sie die Jugend (wieder) für die Kirche begeistern?

Das ist sicher eine ganz große Aufgabe und Herausforderung für uns alle. Ich möchte aber auch unterstreichen, dass gerade für Jugendliche und mit Jugendlichen bereits viel geschieht. Ich denke da an die Aktionen der Jungen Kirche und verschiedener Bewegungen, an die Workshop-Sessions, an die Musiksommerwochen aber auch ganz stark an das Beruf(ung)s-Coaching, bei dem wir Jugendliche unterstützen, ihre Fähigkeiten und Talente zu entdecken und zu nutzen und vieles mehr. Unsere Aufgabe ist es in erster Linie, den Kontakt nicht abreißen zu lassen und die Diskussion nicht zu scheuen. Ich erfahre immer wieder, welche Begeisterung für die Botschaften unseres Glaubens daraus entstehen kann, gerade im Gespräch mit Jugendlichen, die doch mehr als alle anderen das Recht haben, quer zu denken.

Welcher Spiritualität fühlen Sie sich verpflichtet?
Ein Bild, das mir in vielen Situationen immer wieder hilft, ist jenes des heiligen Benedikt, der aufmerksam hörend seine Hand ans Ohr legt. Hinhören, darauf achten, was da ist, die kleinen Zwischentöne erspüren und so zum Fährtenleser der Spur Gottes werden, das ist einer jener Wegweiser, an denen ich mein Denken und Handeln ausrichten möchte. Zwei Gedanken aus dem Hebräerbrief leiten mich hier: „Schau auf Christus“ und „Wirf die Zuversicht nicht weg“.

„Er wird es fügen“, heißt es in Ihrem Wahlspruch. Welches Menschenbild steckt dahinter?
Es ist das Bild des Menschen, der von Gott geliebt wird, in seiner ganzen Schönheit des Herzens, mit allen Fehlern, mit jedem Erfolg und jedem Scheitern. Es ist das Bild eines Menschen, der Kind sein darf, der darauf vertrauen kann, dass er nicht alleine seinen Weg gehen muss, sondern begleitet wird von Gott. Auf allen Wegen. Dieses Vertrauen gibt ihm die Kraft und den Mut, sicher einen Fuß vor den anderen zu setzen, denn er weiß, selbst wenn er sich verirrt, die Umkehr ist immer möglich. So betrachtet ist das „Er wird es fügen“ kein passiver Ausdruck des Mit-sich-geschehen-Lassens, sondern des aktiven Gestaltens, das im Vertrauen auf die Liebe Gottes seinen Halt findet.

Was heißt „Kirche“ für Sie in diesem Bild?
Die Kirche nimmt für mich hier die Mittlerposition ein. Die Kirche und ihre Menschen sollen Zeichen dieses Vertrauens und dieses Aufgehoben-Seins in Gott sein. Die Kirche ist sich nicht selbst Sinn und Zweck genug. Die Kirche ist ein Weg Gottes zu den Menschen. 

Welche Bedeutung hat ein Bischof darin?
Ein Bischof ist Hirte seiner Ortskirche, seiner Diözese. Gemeinsam mit den anderen Bischöfen ist er im Bischofskollegium vereint, in dem der Papst – als Bischof von Rom – den Vorsitz in der Liebe innehat. Gemeinsam sind also alle Bischöfe unter der Leitung des Papstes für die Weltkirche verantwortlich. Die Einheit zu wahren und gleichzeitig Möglichkeiten und Formen zu finden, die vor Ort den Weg der Botschaft zu den Menschen eröffnen, das ist diese doppelte Aufgabe, die der Bischof als Hirte übernimmt. Ein Hirte mag die ihm anvertrauten Menschen. Er betet für sie und ist von deren Gebet getragen.

Was wünschen Sie sich von Ihren Mitarbeiter/innen?
Dass sie ihre Gedanken frei äußern und ihre Charismen mutig und engagiert einbringen. Ich möchte nicht von Menschen umgeben sein, die um mich einen Schutzwall der Freundlichkeiten aufbauen. Ich möchte auch und gerade als Bischof nahe bei den Menschen sein und das schließt vielleicht auch manchmal das nicht so Angenehme mit ein. An die Ränder zu gehen heißt auch, dass es schmerzen kann. Aber besser den Schmerz sehen, fühlen und lindern, als wegzusehen.

Sie möchten Menschen vom Rand in die Mitte bringen. Heißt das für die Pastoral, dass sie aktiv an den Rand hinausgeht oder dass sie gastfreundlich da ist und die Menschen aufnimmt, die kommen?

Sowohl als auch. Das Prinzip der Gastfreundschaft gilt immer. Wer zu uns kommt, der soll aufgenommen werden. Gleichzeitig sehe ich den Platz der Kirche aber auch bei den Menschen am Rand. Kirche muss bei den Schwachen sein, bei den Armen, bei jenen, die keines Blickes gewürdigt werden.

Was inspiriert Sie?
Das Gebet, die Stille, das In-sich-Horchen und gleichzeitig der lebendige und vielstimmige Austausch mit anderen, der von gegenseitigem Respekt geleitet und gelenkt wird. Und alles führt im Grunde auf die eine, große Quelle der Inspiration zurück, das Wort Gottes, die frohe Botschaft, die für alle einen unglaublichen Reichtum an neuen Ideen aufspannt.