Wie stellen Sie sich Kirche in der Zukunft vor? Für Steffi Krüger ist das eine sehr interessante Frage, die sie beschäftigt und sie gedanklich zu ihren Wurzeln führt.
Steffi Krüger
Aufgewachsen bin ich in Pforzheim – einer einfachen Arbeiterstadt mit über 100.000 Einwohner:innen. Ich wuchs in einer lebendigen Pfarre auf – erlebte von klein auf eine tolle Ministranten- und Jugendarbeit, die ich dann später auch selbst mitgestaltete – sicherlich ein Grund dafür, dass ich mich nach meiner Matura recht bald für das Theologiestudium und einen kirchlichen Beruf entschied.
Großpfarre in der Heimat
Mittlerweile hat sich aber in meiner damaligen Heimatgemeinde in der Diözese Freiburg viel geändert. Die Gemeinde wird sich 2025 mit anderen Pfarren zu einer Großpfarrei zusammenschließen. Das bedeutet, sie wird Teil einer von 36 Großpfarreien mit bis zu 80.000 Katholik:innen. Kein leichtes Unterfangen. Auch hier bei uns in Vorarlberg spürt man die Veränderungsprozesse: Seelsorgeeinheiten und Pfarrverbände werden gebildet, es wird gerungen um Gottesdienstzeiten und Nachbesetzungen von offenen Pfarrerstellen.
Gemeinsam als Volk Gottes
Auch die wenigen Gottesdienstteilnehmer:innen sind immer wieder Thema. Wie wird es weitergehen? Wie wird die Kirche in Vorarlberg in 10 oder 20 Jahren aussehen? Eine bewusst offen gestellte Frage von mir, auf die ich keine fixe Antwort habe. Sicher ist für mich aber, dass uns in den nächsten Jahren viele Veränderungsprozesse begleiten werden – manche werden schmerzhafte Einschnitte nach sich ziehen – manche Schritte werden aber zu positiven Entwicklungen führen.
Was mir auf diesem Weg in den letzten Monaten wichtig geworden ist, das möchte ich kurz anschneiden: Nach Veröffentlichung der Studie über sexuellen Missbrauch hat sich die Kirche in Deutschland Ende 2018 einen synodalen Prozess zur Aufarbeitung verordnet. Es war ein Ringen um verschiedene Meinungen – ein Auf und Ab – viel Mut, Hoffnung und auch Enttäuschung war in der Berichterstattung zu spüren. Auch Papst Franziskus startete auf weltkirchlicher Ebene einen solchen Weg, den wir in Österreich mitgehen, und das ist gut so.
Offene Ohren und Herzen
Mir ist dadurch klar geworden, dass es in Zukunft dringender denn je sein wird, gemeinsam als Christ:innen (und hoffentlich auch immer mehr auf ökumenischer Ebene!) unterwegs zu sein. Dazu braucht es offene Ohren und Herzen, ein Einander-Zuhören und Verstehen-Lernen. Und neben dem Mut hoffentlich neue Schritte zu gehen, vermutlich auch immer wieder Kompromissbereitschaft von allen Seiten, um gemeinsam eine bunte und vielfältige Kirche zu sein.
Orte der Gottesbegegnung schaffen
Viele Jahre war ich in der kirchlichen Jugendarbeit tätig und habe junge Menschen kennenlernen und ein Stück weit begleiten dürfen. Was ich dabei gelernt habe: Meine Vision von Kirche ist eine Kirche des pilgernden Gottesvolkes (vgl. Gaudium et spes, II. Vatikanisches Konzil). Es ist wichtig, immer wieder neu, Räume zu eröffnen, in denen die Gottesfrage gestellt werden kann und Gemeinschaft erlebbar wird.
Vor allem in unseren Gottesdiensten kann ein Ort entstehen, wo Gott spürbar wird. So verschieden wir Menschen sind, braucht es auch unterschiedliche Feierformen. So kann eine Abendfeier auf einem Berggipfel, eine feierliche Festtagsmesse oder die Totenwache zur Einflugschneise Gottes werden. Dadurch entsteht Gemeinschaft und eine bunte Gemeinde. Verschiedene Liturgie- und Feierformen verändern unser Kirchenbild.
Du sollst ein Segen sein (Gen 12,2)
Zuletzt aber das Wichtigste: Auch wenn die Zukunft mir manchmal Sorgen macht, darf ich im Vertrauen darauf leben, dass Gott uns begleitet. Ich lerne manche (langsamen) Prozesse mit Humor und einer großen Portion Gottvertrauen anzunehmen. Wir alle sollen ein Segen sein – ein Segen füreinander. Das wünsche ich unserer Kirche der Zukunft.