Das Ehepaar Peter und Lisette Eicher arbeitet seit 1988 für die Armen in den Favelas von Sao Paulo und jetzt auch in Benin. Im KirchenBlatt-Interview spricht Prof. Eicher über ihre Arbeit, die notwendige Armut der Kirche und das Pontifikat von Papst Franziskus.

Wolfgang Ölz

Was war die Geburtsstunde der Aktion „Stern der Hoffnung“ in Sao Paulo, was die Geburtsstunde in Benin?
Zu allem, was glückt, sagt man in São Paulo: „Graças a Deus! - Gott sei Dank!“ Und in Benin ist es „die Vorsehung“, die uns zusammenführt und uns weiterhilft. In der Panik, die AIDS vor 25 Jahren in Brasilien auslöste, fragte Paulo Kardinal Evaristo Arns meine Frau, ob sie nicht ihre Erfahrung in der häuslichen Krankenpflege nach Brasilien bringen könnte. Dieselbe Not führte uns - durch die Einladung des afrikanischen Pfarrers Dr. Matthieu Akankossi - heute in eines der ärmsten Länder Afrikas, nach Benin. Es war also wie in der alten Schweizer Konföderation, die nach dem Prinzip regiert wurde: „Durch die Verwirrung der Menschen und Gottes Vorsehung - hominum confusione et dei providentia.“

Wie gestaltet sich die Begleitung von Sterbenden in ihren Projekten, werden neben gesundheitlichen auch spirituelle Aspekte gepflegt?
Das Schöne bei den Armen in Afrika und in Brasilien ist, dass es keine Trennung von Körper und Geist, von Pflege und Spiritualität gibt. Sterben ist immer etwas Spirituelles. Nur übertrifft die natürliche Frömmigkeit und die rhythmische Spiritualität der Leidenden in Afrika und in Brasilien alles, was wir uns unter „Religion“ vorstellen können.

Was sagen Sie zur Debatte um die Armut der Kirche in Europa, in Deutschland, Österreich und der Schweiz?
„Glücklich, die in sich arm werden – sie leben in Gottes Raum.“ Es ist ein unerhörtes Glück, dass der heilige Franziskus, der Poverello aus Assisi, der mit „Frau Armut“ verheiratet war, im gegenwärtigen Papst einen Nachfolger gefunden hat. So werden wir den Reichtum derer kennen lernen, die nichts haben als die Not, die Verfolgung und die Nichtbeachtung. Die Kirche ist dazu da, Gottes Reichtum in uns Raum zu geben - das kann sie nur zusammen mit den Armen lernen.  

Wie bewerten Sie das angebrochene Pontifikat von Papst Franziskus?
Gegen Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils haben vor allem lateinamerikanische Bischöfe - eher heimlich - den „Katakombenpakt“ geschlossen. Sie haben sich verpflichtet, normal zu leben: in der Nahrung, in der Kleidung, in der Wohnung und im täglichen Verkehr mit den anderen. Mit dem Pontifikat von „einfach Franziskus“ wird die Kirche wieder normal. Natürlich wirkt das für eine etwas narzisstisch gewordene Kirche wie ein Wunder. Tiefer gesehen kommt jetzt aber die katholische Reform zum Zuge, mit der Ignatius und sein Gefährte Peter Faber die Kirche zum Evangelium zurückzuführen suchten. Das ist die Grundlage für die ökumenische Einheit aller Christen. Mir ist es recht, wenn die Kirche eine „Gesellschaft Jesu“ wird, besonders wenn ein Jesuit das auf franziskanische Weise zustande bringt.

Was bedeutet ein Papst aus Südamerika für die Kirche dort und weltweit?
In Lateinamerika, in Afrika, in Asien und in Europa atmen die Katholikinnen und die Katholiken und viele Mitmenschen guten Willens auf. Denn Franziskus bedeutet sowohl eine Reform der Kirche wie auch die neue Solidarität mit der Hälfte der Welt, die verachtet darniederliegt. Das Schlimmste wäre die vorzeitige Heiligenverehrung dieses Papstes - das Beste wäre mit ihm zusammen umzukehren zu den Armen und zu uns selbst. Darin würden wir aufs Neue dem Reichtum Gottes in der Armut seines Sohnes begegnen.

TERMIN-TIPP

Vor drei Jahren konstituierte sich unter Federführung von Oskar Summer in Nenzing der Verein „Stern der Hoffnung, Österreich, e. V. Aidshilfe international“. Mit den Spenden werden Projekte des Ehepaars Lisette und Prof. DDr. Peter Eicher in Sao Paulo in Brasilien und seit diesem Jahr auch in Benin in Afrika unterstützt.

Das Ehepaar Eicher besucht jetzt Vorarlberg und gibt in den Gottesdiensten in Nenzing Zeugnis von seiner Arbeit. Außerdem wird Peter Eicher in St. Gerold einen Vortrag zum Thema „Mutter Erde und ihre Armen. Franziskus von Assisi und Franziskus in Rom“ halten.

Fr 15. November, 20 Uhr, Propstei St. Gerold.
Sa 16. November, 18 Uhr und
So 17. November, 9 Uhr, Gottesdienste in der Pfarrkirche Nenzing.