Die „Woche für das Leben“, die vom 29. Mai bis 5. Juni begangen wird, stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Um seinem Wesen auf die Spur zu kommen, können wir bei Philosophen oder Theologinnen nachfragen, oft bringt auch die Psychologie Erhellendes. Wenn ein Physiotherapeut und Osteopath dazu Stellung nimmt, dann ist das eher ungewöhnlich. Aber ungemein spannend.

Patricia Begle

Georg Heel arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Bludenz. Zu seinen Klienten gehören Spitzensportler und Menschen mit Behinderung, er behandelt zwei Monate alte Babies ebenso wie 95-Jährige, sie kommen wegen Bauchkoliken oder Rückenschmerzen. „Behandeln“ ist hier im wahrsten Sinne des Wortes gemeint, denn zur Therapie setzt Heel nur seine Hände ein. Das geschieht manchmal kräftig, um zu dehnen oder einen Impuls zu geben, dann wieder liegen die Hände still am Körper. Die Behandlung soll Blockaden lösen, Asymetrien ausgleichen, Gleichgewicht herstellen - mit dem Ziel die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und „jenes Potential zu entfalten, das in einem Menschen steckt“.

Georg Heel Georg Heel ist Physiotherapeut und Osteopath

Ganzheitlicher Ansatz
Georg Heel hat durch langjährige Zusatzausbildungen im cranio sacralen Bereich der Osteopathie sein Wissen und Können vertieft. So behandelt er Menschen auf allen Ebenen: auf der physischen, psychischen und spritituellen. Denn alle drei Ebenen sind ineinander verbunden und in körperlichen Bewegungen spür- und damit beeinflussbar. Das erscheint im psychischen Bereich noch plausibel - Angst kann sich durchaus in Anspannung zeigen. Dass aber Spirituelles mit den Händen wahrnehmbar ist, veranlasst wohl manchen Zeitgenossen zur Skepsis. Dennoch. Osteopathen haben bei ihrer Körperarbeit festgestellt, dass es Bewegungsmuster gibt, die von Anfang an - schon in den ersten Zellen - zu finden sind und bis zum Lebensende bleiben. Solche Gesten können - nach jahrelangem Üben - erspürt und mitunter wieder in einen fließenden Rhythmus gebracht werden.
Um sich über diese Gesten mit dem Gegenüber zu verbinden, braucht es eine spezielle Haltung. Der Therapeut muss „leer“ sein, frei von Erwartungen, um sich ganz auf den Patienten einzulassen und mit ihm den Weg zu gehen. Um diese Haltung der „Leere“ einnehmen zu können, meditiert Georg Heel. Täglich.

Behandlung von Kindern
Über die eigenen Kinder ist Heel zur Kinderosteopathie gekommen und hat sich hier Zusatzqualifikationen angeeignet. „Gerade bei Kindern ist diese Haltung sehr wichtig“, weiß er. Hier hat er schon erstaunliche Erfahrungen gemacht. „Einmal kam eine Mutter mit einem acht Monate alten Baby, das immer weinte“, erzählt der Therapeut. „Bei der Behandlung kam mir intuitiv der Gedanke, dass das Kind eigentlich ein Zwillingsgeschwister gehabt hätte. Das Thema war mir vertraut und ich ließ dem Gedanken Raum.“ Schon dadurch kam ein Prozess in Gang. Beim nächsten Treffen erzählte die Mutter, dass das Weinen aufgehört habe. „Das Kind hat es gebraucht, als Zwillingskind erkannt zu werden“, erklärt Heel.

Zusammenhänge bewusst machen
Vorgeburtliche Umstände können für Kinder bestimmte Folgen haben. Das kann das Rauchen der Mutter sein oder ein Auffahrunfall, bei dem „eh nichts passiert ist“. Bei der Behandlung geht es neben dem Lösen von Blockaden auch darum, Eltern Zusammenhänge aufzuzeigen und ihnen Möglichkeiten anzubieten mit der Situation umzugehen. So kann zum Beispiel ein Kind, das im Mutterleib zeitweise mangelernährt war, auch später noch das Gefühl haben zu wenig zu bekommen. Manchmal kann dies mit einem Mehr an Zuwendung ausgeglichen werden.

Für gute Bedingungen sorgen
Kinder im Mutterleib behandelt der Therapeut erst im Endstadium der Schwangerschaft, um sie in eine gute Position zu bringen. Davor sorgt er dafür, dass es der Mutter gut geht. Das beginnt damit, dass das Bewegungssystem frei wird und das Becken Raum gibt, dass die Gebärmutter von Spannungen aus früheren Schwangerschaften befreit wird oder kurz vor der Geburt in jene Spannung gebracht wird, die sie für die Wehen braucht. Am Ende der Schwangerschaft wird auch geschaut, dass Becken und Kopf der Frau gut verbunden sind, damit der Gebärprozess nicht blockiert wird.
Für Georg Heel ist jedes Kind ein Wunder, ist die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung doch sehr gering. „Ich persönlich glaube, dass es hier einen übergeordneten Plan gibt, der schon vor der Befruchtung beginnt und das Ganze ins Laufen bringt. Das allerdings gehört nicht mehr zum Bereich der Osteopathie ...“

www.wochefuerdasleben.at

(aus dem KirchenBlatt Nr. 21 vom 26. Mai 2016)