Seit fast fünf Jahrzenten begleitet Cons. Josef Senn die Pfarrgemeinde in Schwarzenberg – zeitweilig auch nach Antritt seines Ruhestandes vor zehn Jahren. Welche Wege den gebürtigen Kleinwalsertaler in den Bregenzerwald geführt haben, das erzählt der Jubilar im KirchenBlatt-Gespräch.

von Andreas Haller

„Derzeit gäbe es ja wunderbares Bergwetter, aber daran muss ich gar nicht mehr denken“, sagt Pfarrer i. R. Josef Senn mit ein wenig Wehmut in der Stimme. Altersbeschwerden würden Wanderungen seit einiger Zeit unmöglich machen. Josef Senn ist in seinem Leben viel gewandert. Piz Buin, Zimba und Saulakamin, um nur einige seiner Vorarlberger Tourenziele zu nennen. Auch Schwarzenbergs Ministranten können ein Lied davon singen, dass Josef Senn ein Faible für ausgedehnte Touren hat. So gab es einmal einen Ausflug von Damüls auf den Hohen Freschen und dann weiter nach Batschuns und von dort mit dem Bus retour in den Bregenzerwald. „Sicherlich ein langer Marsch, den man heute so nicht mehr machen könnte, aber auch die Kleinsten sind damals tapfer bis zum Schluss mitgestapft.“ 

Messgewand aus Tapeten

Aufgewachsen ist der heute 86-Jährige in Riezlern. Als Sohn des Pfarrmesners und als Ministrant ist er in die Liturgie des Kirchenjahres quasi hineingewachsen. „Mein Vater konnte als Landwirt nicht um 7 Uhr in der Frühmesse sein, deshalb wurde einfach ich hingeschickt.“ So war Josef Senn schon sehr früh ins Pfarrgeschehen involviert: Krippe aufstellen, Heiliges Grab aufbauen, Glocken läuten. Seine Aufgaben waren vielfältig. Prägend war in dieser Zeit auch ein Pater aus dem Kloster Mehrerau, der die Kriegsjahre in Riezlern verbracht hatte. „Der Pater ließ uns im Pfarrhof eine so genannte ‚Ministrantenbude‘ einrichten“, erzählt Josef Senn, „dort haben wir manchmal ohne Pfarrer Messe gefeiert.“ Aber auch daheim hat er mit seinen Geschwistern und Nachbarskindern Messe gespielt. Eine Großtante hatte sogar extra ein Messgewand aus Tapeten angefertigt.

Versuch im Kloster

Nach dem Krieg wechselte Josef Senn ins Gymnasium in der Mehrerau. Seine Berufung kann er rückblickend nicht an einem bestimmten Ereignis festmachen. Seine Entscheidung reifte über einen längeren Zeitraum. „Der Gang ins Priesterseminar nach dem Gymnasium war für mein Umfeld sicherlich kein Schock“, so Josef Senn schmunzelnd. „Nach der Matura wollte ich zwar Mönch werden, doch nach einigen Monaten im Kloster habe ich bemerkt, dass dies nicht meine Berufung ist. So bin ich als Novize ins Priesterseminar in Innsbruck eingetreten.“

Kaplan in Egg

Nach fünfjährigem Studium wurde Josef Senn 1962 in Bregenz vom damaligen Weihbischof Dr. Bruno Wechner zum Priester geweiht. Primiz feierte Josef Senn in Riezlern am 15. Juli 1962. Wenige Wochen vorher war in Hirschegg der damalige Pfarrer verstorben, so wurde Josef Senn für den Sommer die Feier der dortigen Sonn- und Werktagsmessen übertragen, bis er im September als Kaplan nach Egg versetzt wurde. „Als ich mich beim Egger Pfarrer vorstellte – ein gemütlicher, phlegmatischer Mann –, sagte er nur: ‚Jaja, nur nicht viel Neues anfangen, haben wir es einfach ‚frie‘ miteinander.‘“ Dieser Wunsch wurde dem Pfarrer allerdings verwehrt, denn im selben Herbst wurde das 2. Vatikanische Konzil eröffnet und als erstes Ergebnis die Erneuerung der Liturgie vollzogen: „Für einen jungen Kaplan war das natürlich ein hoffnungsvolles Ereignis, für den schon älteren Pfarrer allerdings nur schwer nachvollziehbar.“ So wollte der Egger Pfarrer beispielsweise keinen Volksaltar aufstellen lassen. „Nur mit Widerwillen ließ er doch einen zimmern, jedoch mussten Rädchen montiert sein, damit man ihn jederzeit wieder durch die Turmtüre verschwinden lassen konnte. Der Pfarrer hat bis zum Schluss seine Messe am Hochaltar gehalten.“

Lehrjahre in Lochau

Nachdem der Pfarrer verstorben war, wollten die Egger, dass Josef Senn die Pfarre übernimmt – was dieser allerdings dankend ablehnte, da er sich noch nicht dazu bereit fühlte: „Ich musste noch einige Lehrjahre machen.“ Senn übersiedelte daraufhin für drei Jahre als Kaplan nach Lochau. Dort fand er eine ähnliche Situation wie in Egg vor: „Der Pfarrer war eher vorsichtig, Neuerungen waren nur schwer umsetzbar. Damals kamen beispielsweise die so genannten Jazzmessen in Mode und so wollten wir auch in Lochau eine solche feiern.“ Nach anfänglichem Widerstand des Pfarrers konnte er sie doch organisieren. Den Leuten hat es sehr gefallen, dem Pfarrer weniger, erinnert sich Josef Senn.

Nach Feldkirch zitiert

Während seiner Zeit in Lochau wurde Josef Senn im Bregenzerwald nicht vergessen. Erneut versuchte ihn eine Abordnung zu überzeugen, eine Wälder Pfarre zu übernehmen – diesmal jene in Schwarzenberg. Das Timing war jedoch ungünstig, denn der damalige Lochauer Pfarrer war krankheitsbedingt ausgefallen und so musste Josef Senn erneut ablehnen. Daraufhin wurde er nach Feldkirch zitiert. „Bischof Wechner sagte zu mir: ‚Du solltest diese Pfarre übernehmen.‘ Ich antwortete nur: ‚Ich habe aber nicht angesucht.‘ Was Bischof Wechner nur mit einem ‚Dann hol das nach‘ quittierte.“

Somit war es entschieden und Josef Senn wechselte 1973 nach Schwarzenberg, wo er eine lebendige Kirchengemeinschaft vorfand. „Ich hatte schon gewusst, wie die Verhältnisse in Schwarzenberg waren und mein Gedanke war nur: ‚Hoffentlich kann ich das erhalten.‘“ Das konnte er, denn in bester Bregenzerwälder Manier führte Josef Senn die aufgeschlossene Art seines Vorgängers fort: „Es galt, die guten Traditionen zu erhalten, aber auch Neuem Platz zu machen.“ Nicht zuletzt deshalb war Josef Senn vor 22 Jahren auch zum Dekan des Dekanates Hinterwald gewählt worden.