Bischof Erwin Kräutler, der gerade von der Amazonien-Synode zurückgekommen ist, und Ursula Fatima Kowanda-Yassin, Autorin des Buches „Öko-Dschihad“, sind die besonderen Gäste der Reihe „Christen und Muslime im Gespräch“ in Mäder zum Thema „Gemeinsame Verantwortung für Umwelt und Schöpfung“. Die Islamforscherin Kowanda-Yassin von der Sigmund Freud Privat-Universität Wien erzählt über die erstaunlichen Parallelen zwischen Christentum und Islam in Schöpfungsfragen und weit darüber hinaus.

Der Islam hat für Kowanda-Yassin ganz viele Facetten. Das Thema „Muslime und Umwelt“ ist dabei in der medialen Öffentlichkeit unbeachtet. Mit dem Buchtitel „Öko-Dschihad“ will Kowanda-Yassin zeigen, wie viel Muslim/innen in der Ökologie bereits voranbringen, gleichzeitig will sie das Umweltbewusstsein der Muslim/innen weiter steigern.

Konstruktive Anstrengung für Gott. Das eingedeutschte Wort „Dschihad“ meint vor allem den Kampf, aber die arabische Wurzel des Begriffs „Dschihad“ bezeichnet vor allem eine konstruktive Anstrengung für Gott. Für Kowanda-Yassin passt die Wortkombination Öko-Dschihad wunderbar. Sie möchte damit niemanden provozieren, allerdings will sie sich ihre Religion auch nicht von außen, von politischer Seite definieren lassen.

Heute noch einen Setzling pflanzen. Eine islamische Umweltethik lässt sich sehr gut aus den Grundprinzipien des Islams herleiten, die da wären Sparsamkeit, Achtsamkeit, Rücksicht und Barmherzigkeit gegenüber den Mitmenschen und überhaupt allen Geschöpfen. Die Erde, so lehrt der Islam, ist ein den Menschen anvertrautes Gut, das er nutzen, aber nicht ausnutzen soll.
Im Christentum stellt die Bibel, Genesis 1,28, eine grundsätzlich positive Beziehung des Menschen zur Schöpfung her. Im Koran (Vers 12, Sure 45) macht Gott dem Menschen die Naturerscheinungen „dienstbar“, eine Metapher dafür, dass er den Menschen befähigt hat, anhaltenden Nutzen aus ihnen zu ziehen.

Kowanda-Yassin ist überzeugt, dass die Religionen voneinander viel lernen können. In ihrem Buch zitiert sie etwa auch Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ von der „Sorge für das gemeinsame Haus“ spricht. Aus dem „Hadith“, der islamischen Tradition, ist ein Spruch überliefert, der besagt: Man soll einen Setzling auch angesichts des Weltuntergangs pflanzen. Egal wie bedrohlich, egal wie nutzlos etwas zu sein scheint, wenn es mit Achtsamkeit und Liebe gemacht wird, ist es sinnvoll.

Mit dem Fahrrad nach Mekka. Weltweit gibt es zahlreiche Umweltprojekte von Muslim/innen, wie Kowanda-Yassin berichtet. Fasziniert hat sie beispielsweise ein muslimisches Ehepaar. Beide waren Professoren an der Universität in Oxford, gaben ihren Beruf auf, kauften ein Stück Land und bauten nach ökologischen Kriterien einen Bauernhof. Sie betreiben dort nachhaltige Landwirtschaft und unterstützen soziale Projekte. Begeistert ist die Autorin auch von zwei Muslimen, die von den Niederlanden nach Mekka geradelt statt geflogen sind.