Dem Schweizer Dokumentarfilmer Gaël Métroz ist mit „Sâdhu“ ein sehr berührender Film über einen indischen Asketen gelungen, der sich aufmacht, nach seiner Berufung zu suchen.

Hans Rapp

Sâdhu: das ist der indische Begriff für einen Menschen, der seine bürgerliche Existenz verlässt und ein Leben führt, das ganz der Askese und der Suche nach dem Göttlichen geweiht ist. In Indien ist diese Lebensform seit jeher sehr verbreitet. Sichtbar wird dieses Phänomen bei den Festen an den spirituellen Knotenpunkten Indiens, an denen sich Millionen solcher Asketen und Heiligen versammeln.

Zweifel
Suraj Baba ist ein solcher Sâdhu. Der Mann mit dem leicht angegrauten Bart stammt aus einer Familie von Kaufleuten in Darjeeling und lebt seit acht Jahren als Einsiedler auf 3000 Metern am Fuß des Himalayas. Dort trifft ihn Gaël Métroz zufälligerweise. Der Filmemacher ist auf der Suche nach einer Gestalt, anhand derer er einen Film über das größte Fest im Hinduismus, das Kumbh Mela, drehen kann.

Diese Begegnung wird den indischen Heiligen und den Schweizer Filmemacher im Laufe eines Jahres von der Höhle in den Bergen an den Ganges zum Kumbh Mela führen, zu dem 2010 etwa 70 Millionen Hindus pilgerten. Von dort wird sie die spirituelle Suche des Surajs weiterbringen zu den Heiligen Seen des Königreichs Mustang im Grenzgebiet zwischen China und Nepal.

Suchen
Suraj Baba ist ein Zweifler und Sucher. Mit der Zeit stellt sich heraus, dass der schweigsame Asket sehr wohl Englisch spricht. Er besitzt eine Gitarre, zu deren Klängen er Rocksongs singt. In seiner Höhle gibt es auch ein Transistorradio. Damit wird deutlich, dass auch die indische Spiritualität ein Grenzgang zwischen traditioneller indischer Frömmigkeit und der westlich geprägten Kultur der Gegenwart bleibt. Es sind dieselben Bruchlinien, die auch Christinnen und Christen gut kennen. Wenn er über seine Bestimmung nachdenkt, tut er das in einem inneren Dialog mit der westlichen Philosophie.

Seelenbilder
Auch Suraj Baba kennt den Zweifel. Als ihm Metroz begegnet, zweifelt er am Sinn seines Einsiedlerlebens. Der Filmemacher dokumentiert dieses Leben in atemberaubend schönen Bildern. Wie der Einsiedler nur mit einem Lendentuch bekleidet auf einem Stein mitten in einem reißenden Bergfluss meditiert, könnte aus einem Hochglanzprospekt eines Reisebüros stammen. Und dennoch sind es Bilder, die auch das Seelenleben des Protagonisten bezeichnen.

Der Film „Sâdhu“ ist am Do 20. Februar, 20 Uhr und Sa 22. Februar 22 Uhr, im Metrokino Bregenz zu sehen: www.metrokinobregenz.at