Serie: Welt der Religionen von Aglaia Mika - diesmal zu "Frauen im Islam"
Sie sind allgegenwärtig, und doch Fremde. Sie tragen eine Kopfbedeckung, die sie vor Blicken schützen sollte, und doch sind sie im öffentlichen Raum exponiert und durch pauschale Anfeindungen gefährdet: Muslimas. Frauen, die dem Islam angehören und dies durch das Tragen des Kopftuches nach außen hin zeigen, haben in den allerletzten Jahren viel Aufsehen erregt. Unterschiedliche Gerüchte gibt es über sie, viele Gefühle scheinen sie auszulösen in einer Gesellschaft, die die Freiheit und Gleichstellung der Frau hochhält - zumindest in der Theorie.
Generell sind sich die Rollenbilder von Mann und Frau in Islam und Christentum sehr ähnlich. Menschen, die mit stark religiöser Prägung leben, finden auch klarere Grenzen. Für Frauen sieht der Quran vor, dass sie sich bedecken sollten: „Und sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke niederschlagen und ihre Scham hüten und dass sie nicht ihre Reize zur Schau tragen...und dass sie ihren Schleier über ihren Busen schlagen...“ (Quran 24:31) Kopftuch und schlichte Kleidung sollten also ein Schutz sein, um in der Öffentlichkeit keine besondere Aufmerksamkeit zu bekommen. Genau das haben Muslimas in letzter Zeit aber geschafft: Die „Kopftuchdebatte“ steht im Brennpunkt vieler Diskussionen um die Gefährdung der westlichen Welt durch den Islam. Eine Mischung aus Angst, jede bedeckte Frau könnte eine Terroristin sein, und Mitleid, weil diese Art der Bekleidung ein klares Zeichen von Unterdrückung sein muss, brodelt in Außenstehenden.
Die Wirklichkeit ist jedoch auch hier facettenreich. Eine Frau, die Kopftuch trägt, kann selbstbewusst und gebildet sein, mehrere Sprachen fließend sprechen und einem anspruchsvollen Beruf nachgehen. Genauso gibt es junge Frauen, die bestenfalls nach Schul- oder Lehrabschluss gegen ihren Willen an einen von den Eltern ausgesuchten Mann verheiratet werden. Es könnte sich also lohnen, mit einer Muslima ins Gespräch zu kommen und für Überraschungen offen zu sein. Wer lieber zuerst liest, könnte folgende Bücher hilfreich finden: „Muslim Girls: Wer sie sind, wie sie leben“ von Sineb El Masrar und „Allah Unser: Der Dialog“ von Britta Mühl und Alisa Ljajic.
Aglaia Mika
Beauftragte der Katholischen
Kirche Vorarlberg für den Interreligiösen Dialog;
Musiktherapeutin, Sängerin, Stimmbildnerin.
aglaia.mika@kath-kirche-vorarlberg.at
(aus dem KirchenBlatt Nr. 36 vom 7. September 2017)