Voll freudiger Erwartung traten wir als Gruppe von 24 Erwachsenen und 2 Jugendlichen unsere Reise nach London und Südengland an, einer Reise, die einerseits einen tiefen spirituellen Charakter erahnen ließ, indem wir uns auf die Spurensuche nach Kardinal John Henry Newman machten, andererseits aber auch das klassische Besichtigungsprogramm und großartige Naturerlebnisse bot.

Hildetraud Roithner-Köb

Schon bald spürten wir, dass wir mit unseren beiden Reisebegleitern, Herrn Pfarrer Eugen Giselbrecht und Frau Anneliese Nachbaur durch deren freundliche und ruhige Art in guten Händen waren. In kurzer Zeit entstand eine herzliche, wohlwollende Atmosphäre, die während der ganzen Reise spürbar war.Nach unserer Ankunft in London erwartete uns schon unser örtlicher Reiseführer, Herr Paul Basler, der uns freundlich und zuvorkommend durch das gesamte Programm führte. Mit äußerst fundiertem Fachwissen und sehr sprachgewandt erklärte er nicht nur die einzelnen Sehenswürdigkeiten. Er versuchte auch historische, kulturelle, politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Hintergründe zu beleuchten. Mit Charme und Witz erzählte er manche Anekdoten über Menschen jener Zeit.

Schon am Ankunftstag durften wir bei einer Stadtrundfahrt durch London erste Eindrücke dieser multikulturellen Metropole gewinnen. Wir sahen die bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, bevor wir zu unserem Hotel im Süden Londons fuhren und uns zum gemeinsamen Abendessen trafen.

Sightseeing in London
Am nächsten Morgen gab Pfr. Giselbrecht im Bus eine kurze Einleitung zur Spurensuche nach Kardinal Newman. Er begann jeden weiteren Reise¬tag mit einem Newman-Gebet oder einem Psalm. Nach einem gemeinsamen Vater unser und seinem priesterlichen Segen gingen wir gestärkt in den Tag. Der Sonntag war ausschließlich der Weltstadt London gewidmet. Unsere Stadtrundfahrt führte uns u.a. von Crowdon über die Themse nach Central London, durch die Stadtteile Chelsea, die schöne Wohngegend Kensington, das neue Schauspielerviertel Nottinghill Gates, vorbei am Hyde Park, Royal Albert Hall, St. James Palast, Buckingham Palast, Trafalgar Square und das White Hall Regierungsviertel. Nach der großzügigen Mittagspause mit Gelegenheit zum Shoppen gab es als zweites Highlight des Tages den Besuch einer feierlichen Vesper mit einem ausgezeichneten Knabenchor in der katholischen Westminster Cathedral.
 
Spurensuche nach Newman
Der dritte Reisetag stand ganz im Zeichen der Spurensuche nach Kardinal Newman. Zunächst besichtigten wir die Kathedrale von Winchester, einem Gebäude von überragendem kunsthistorischen Wert. Unser nächstes Ziel war die Universitätsstadt Oxford, wo Newman studiert und gelehrt hatte. Hier war er auch Kaplan einer armen Vorstadtpfarrei und Pfarrer an der Universitätskirche. Nebenbei informierte uns unser Reiseführer über den Aufbau des englischen Universitätssystems, das sich von unserem durch die viel individuellere Ausbildung in Colleges wesentlich unterscheidet. Berühmte Persönlichkeiten aus aller Welt machten hier ihren Abschluss. Von 1841 -1846 wohnte und arbeitete Kardinal Newman zurückgezogen in Littlemore, einer ehemaligen  Vorstadtpfarrei von Oxford, wo er eine Kirche und eine Schule baute. Er war Forscher und Sucher und versuchte eine Antwort auf seine Frage nach der Wahrheit zu finden. Hier wurde er 1845 zum katholischen Priester geweiht. Heute betreuen Schwestern der geist¬lichen Familie "Das Werk" die Niederlassung in Littlemore. Wir wurden ein¬geladen, die Räume, in denen Kardinal Newman gelebt und gewirkt hatte, zu besichtigen. Anschließend durften wir ihre Gastfreundschaft bei Kaffee und Kuchen erfahren. Kardinal Newman ist in Birmingham gestorben und begraben. Die Besichtigung dieser Stätte war nicht mehr möglich.

Weltkulturerbe Bath
Nach einem feinen Dinner in einem Hotel in Bristol ging es am nächsten Morgen nach Bath in eine der schönsten Städte Südenglands, die mit ihren mehr als 4000 in ockerfarbenem Sandstein erbauten historischen Gebäuden von der UNESCO als Weltkulturerbe eingestuft wurde. Hauptattraktion sind die mehr als zwei Jahrtausende alten, eindrucksvollen römischen Bäder. Noch heute sprudeln die heißen Quellen für Besucher, die sich in Kurhotels erholen.

Unser nächstes Ziel war Wells mit seiner großartigen Kathedrale im frühgotischen Stil. Als Meisterwerk der Steinmetzkunst gilt die Skulpturengalerie an der Westfassade. Sehenswert ist auch "Vicar's Close", eine Reihenhaussiedlung mit kleinen Häuschen und winzigen Vorgärten. Am Abend erreichten wir unser Hotel in Plymouth, wo wir in der Nähe des Hafens wohnten.

Sattgrüne Wiesen und wilde Klippenlandschaften
Der Mittwoch in Südengland wurde zu einem traumhaften Erlebnis. Ein Ausflug nach Cornwall stand auf dem Programm. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite als wir in den Westen des Landes fuhren, wo kleine Fischerdörfer, liebliche Hügel, sattgrüne Wiesen und wilde Klippenlandschaften den Besucher erfreuen. St. Michael's Mount konnten wir gerade noch bei Ebbe erreichen. Einzigartig war auch der Spaziergang entlang der berühmten Granitklippen von Land's End, wo man Meer und Weite spürt und von blühenden Wiesen umgeben ist.
Auf der Rückfahrt vom äußersten Westen besuchten wir den an einer weiten Bucht gelegenen malerischen Künstlerort St. Ives. Gemütliche Cafes und zahlreiche Geschäfte luden zum Verweilen oder Bummeln ein. Zufrieden kehrten wir nach Plymouth zurück.
 
Buckfast Abbey und Kathedrale von Exeter
Am Donnerstag führte unser Weg durch den malerischen Dartmoor Nationalpark, einer lieblichen Landschaft, zu Buckfast Abbey. Das ursprünglich vor fast einem Jahrtausend erbaute Zisterzienserkloster wurde durch König Heinrich VIII. völlig zerstört. Nach Freilegung des Grundrisses des mittelalterlichen Klosters erbaute eine kleine Gruppe von Benediktinermönchen in mühevoller Arbeit das heutige Kloster. Beeindruckend ist das weite Klosterareal mit seinen liebevoll gepflegten Gärten und Nebengebäuden, die für verschiedene Zwecke genützt werden. Nach Besichtigung der Kathedrale von Exeter mit ihrer prachtvollen Westfassade fuhren wir nach Bournemouth, wo wir nur wenige Minuten vom Meer entfernt wohnten und uns der lange, schöne Sandstrand zu einem Abendspaziergang einlud.

Langsam neigte sich unsere Reise dem Ende zu. Am vorletzten Tag stand der Besuch von Salisbury Cathedral, einer Kathedrale aus dem 13. Jhdt. mit kunstvoll verzierter Westfassade, auf dem Programm. Sie zählt zu den Schlüsselbauten der englischen Gotik mit dem höchsten Kirchturm und der ältesten noch funktionierenden Kirchturmuhr Englands. Sie beherbergt auch eine Kopie der berühmten Magna Charta.

Das Herz spricht zum Herzen
Nach der Mittagspause trafen wir uns vor einer katholischen Kirche, wo Pfr. Giselbrecht und der mitreisende Pfr. Natter mit uns Gottesdienst feierten. In seiner Ansprache ging Pfr. Giselbrecht nochmals auf die außergewöhnliche Persönlichkeit von Kardinal Newman ein. Er war ein Suchender und sehnte sich nach einer persönlichen Glaubensbeziehung, was auch sein Wahlspruch "Cor ad cor loquitur" - "Das Herz spricht zum Herzen" ausdrückt. Bevor er mit 44 Jahren zum katholischen Glauben konvertierte, trat er für eine Erneuerung und Vertiefung seiner Kirche ein, traute dann jedoch der katholischen Kirche mehr Wandlungsfähigkeit zu. Er war ein Brückenbauer in der Ökumene, innerhalb der Kirche zwischen Hierarchie und Volk und letztlich zwischen Hierarchie und persönlichem Gewissen.

Perfekte Woche
Die letzte Nacht vor unserer Abreise verbrachten wir im Raum Berkshire. Am Vormittag hatten wir noch Gelegenheit, im reizvollen Ort Windsor Windsor Castle, das größte bewohnte Schloss der Welt und noch heute Sitz der englischen Königin, zu besichtigen und uns in einem der vielen Lokale zu stärken. Am frühen Nachmittag ging es zum Flughafen Heathrow, um Abschied zu nehmen. Es war eine schöne Reise mit vielfältigem Programm und bleibenden Eindrücken. Auch das Wetter war mit viel Sonnenschein auf unserer Seite. Wir bildeten eine homogene, harmonische Gruppe und hatten das Glück, von freundlichen Reisebegleitern und einem fachlich und menschlich ausgezeichneten örtlichen Reiseführer betreut zu werden. Allen, die zum guten Gelingen beigetragen haben, sei herzlich gedankt.