Die Frage ist etwas ungewöhnlich, aber: Haben Sie schon Ihr Begräbnis geplant? Nein? Dann haben Sie vielleicht noch nicht von diesem neuen „Trend“ gehört. Was früher „modern“ war, zeigt Theresia Anwander in ihrem Vortrag zum Thema Sterben, Tod und Bestattung quer durch die Jahrhunderte.

Bild rechts: Haarbilder aus menschlichem Haar waren im frühen 19. Jahrhundert ein beliebter Wandschmuck in bürgerlichen Wohnräumen.

Simone Rinner

Zugegeben, das Thema „Tod und Sterben“ ist für die meisten Menschen nicht angenehm - schließlich möchte keiner an die eigene Vergänglichkeit erinnert werden. „Leben und Tod sind so untrennbar miteinander verbunden, es gibt kein Entrinnen und das ist für uns Menschen, die wir heute gewohnt sind, alles im Griff zu haben, die eigentliche Herausforderung“, erklärt Dr. Theresia Anwander. 

Theresia AnwanderTheresia Anwander
Studium der Europäischen Ethnologie und Germanistik an den Universitäten Innsbruck und Wien. Mitarbeiterin am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Seit 1989 in Vorarlberg als freischaffende Kuratorin zum Themenbereich Textil, Industriekultur, Mode und Alltagskultur tätig. Seit 2009 als Kuratorin und Sammlungsleiterin Europäische Ethnologie am vorarlberg museum.

Damals und heute
Aber das Thema ist nicht nur „unangenehm“ - es ist auch spannend. Vor allem, wenn es darum geht, wie sich Sterben, Tod und die Bestattung in Ritualen im Laufe der Jahrhunderte verändert haben. „Früher hatte der Tod einen völlig anderen Stellenwert als heute“, so Anwander, „und wurde nicht, wie heute oft erlebbar, aus dem Leben ausgeklammert.“ Die unmittelbare Konfrontation mit Sterben und Tod ist selten geworden, gestorben wird vorwiegend in Spitälern und Altersheimen und die Organisation der Beerdigung übernimmt ein professionelles Bestattungsunternehmen. Das Resultat: die Menschen sind im Umgang mit dem Tod eher verunsichert.

Ein Blick zurück
Doch wie war das früher? „Nach dem Eintreten des Todes wurden dem Verstorbenen vom nächsten Angehörigen als letzter Liebesdienst die Augen und der Mund geschlossen“, erklärt Anwander. Dabei handelte es sich nicht nur um einen Akt der Pietät gegenüber dem Verstorbenen, sondern dahinter stand auch die Vorstellung und Angst vor dem Toten als gefährlicher Wiedergänger.

Seelenlöcher
So findet man in einigen alten Häusern noch sogenannte Seelenlöcher, die nach dem Tod oder während des Sterbens eines Angehörigen geöffnet wurden. Diese bis zu 40 cm großen und mit einem Holzschieberchen verschlossenen Öffnungen in der Außenwand der Stube oder einer Kammer sollten dafür sorgen, dass die Seele den Weg in die Ewigkeit findet. Vor der Bestattung wurden im Haus des Verstorbenen das „Leichbeten“ und die „Totenwache“ abgehalten, bei der gemeinsam Rosenkränze gebetet wurden. Seit 1825 ist das Aufbahren im Haus wegen Missbrauch oder Ansteckungsgefahr jedoch verboten.

Totenkrone und Haarbild
Eine wichtige Rolle spielten in der Sterbestunde zudem Reliquien und Versehgarnituren, die aus einem Standkreuz, einem kleineren Sterbekreuz, einem größeren silbernen Tablett und drei kleineren silbernen Schalen für die Krankensalbung bestanden. Ebenfalls aus dem Alltagsleben verschwunden sind Totenkronen als Schmuckgegenstand, Sterbemedaillen oder Haarbilder, die, gefertigt aus den Haaren des Toten, an den Verstorbenen erinnern sollten.

Sterbeglocke
Doch nicht alle Rituale sind „verschwunden“. Noch heute wird der Tod durch das Läuten der Sterbeglocke mitgeteilt. „Die Glocke forderte zum Gebet für den Heimgegangenen auf und galt als eine Art Ehrung, auf die ein guter Christ Anspruch hatte“, so Anwander. Gleichzeitig hatte sie die Kraft, Schutz gegen Teufel und Dämonen zu bieten und die Seele in den Himmel hinüber zu begleiten. Wie die „irdische Hülle“ bestattet wird, ist heutzutage nicht nur Geschmackssache, sondern Ausdruck der Persönlichkeit.

TERMIN

Ruhe sanft
Ein Vortrag über Sterben, Tod und Bestattung in Ritualen quer durch die Jahrhunderte.
Do 31. Oktober, 19 Uhr,
vorarlberg museum, Bregenz.

Eintritt frei.

www.vorarlbergmuseum.at