Totenwachen per Telefon, soziale Distanz, trauern mit viel Abstand - was vor Corona kaum denkbar war, ist seit über einem halben Jahr traurige Realität. Was aus dieser Zeit gelernt und verbessert werden kann, war Thema der Veranstaltung „Mit Abstand sterben und trauern“.

Eigentlich wollten sich die LeiterInnen von Totenwachen, KrankenhausseelsorgerInnen, Priester und Menschen, die sich in der Trauerbegleitung engagieren ja persönlich treffen. Statt in Batschuns fand der Austausch coronabedingt dann aber doch online statt. Manche saßen dabei in Jagdhütten, andere tranken Wein - das gemeinsame Anliegen vereinte sie aber: Menschen persönlich beim Sterben und Trauern zu begleiten.

Befremdlich und berührend

Es sei am Anfang sehr befremdlich gewesen, erinnert sich Pfarrsekretärin Daniela Prilmüller an Abschiedsfeiern und Begräbnisse nach dem Lockdown - im allerkleinsten Kreis. Gleichzeitig habe es sehr berührende Situationen gegeben und persönliche Rituale wurden eingeführt, kann sie der Situation auch etwas Positives abgewinnen. Eines sei aber auf jeden Fall wichtig: Kommunikation. Und die habe nicht immer und überall gut funktioniert. „Es ist eine Zumutung in Warteschleifen und Anrufbeantwortern zu hängen, wenn jemand gestorben ist“, spricht sie sich für eine diözesane Notrufnummer aus und weiß, dass viele Menschen die Frage gestellt hätten, wo die Kirche in dieser Corona-Ausnahmesituation gewesen sei. Viele Pfarren seien aktiv und kreativ geworden, erzählt sie beispielsweise von Aktionen aus der Pfarre Hörbranz, nur seien die Informationen oftmals nicht „nach außen gedrungen“.

Gemeinsam aushalten

Auch Pfarrer Erich Baldauf erinnert sich zurück an Trauergespräche, die nur in großen Räumen möglich waren und bei denen nicht alle dabei sein konnten. Oder daran, dass Angehörige nicht zu Sterbenden ins Altersheim durften. „Eine schmerzliche Erfahrung, die man nur mit ihnen aushalten und bei der Verabschiedung ansprechen kann“, so Baldauf. Ein ähnliches Bild zeichnet Krankenhausseelsorger Gerhard Häfele, wenn er von Verabschiedungen in „Schleusenräumen“ mit Masken, Handschuhen und Schutzanzug im Krankenhaus spricht. Die Frage, die sich immer wieder aufgedrängt habe, sei jene nach der „Quadratur des Kreises“ gewesen: Wie kann man Schutz anbieten, aber dennoch körperliche Präsenz zeigen? Alte Menschen habe man grundsätzlich als Risikogruppe abgestempelt und damit ausgeschlossen. Zwar habe die Diözese schnell reagiert und Tablets sowie Handys organisiert, viele seien dennoch an Einsamkeit gestorben, fragt sich Häfele, was der Mensch braucht, damit er leben kann. 

Einfach da sein

Biologische Gesundheit allein reicht nicht, ist sich auch Psychotherapeutin Helga Kohler-Spiegel sicher, dass die psychologische sowie die spirituelle Gesundheit ebenso wichtig sind. Es sei für viele Menschen stabilisierend gewesen zu wissen, dass sie mit ihren Anliegen in ihre Praxis kommen können, betont Kohler-Spiegel, wie wichtig Kontakt und Kommunikation sind. Man könne ja auch „mit Präsenz, Blick, Gesten und Worten begleiten“. Wenn plötzlich nichts mehr „normal“ ist, suchen Menschen nach Orientierung, spricht die Psychotherapeutin davon, Wege in dieser Unsicherheit zu suchen. Und die bezieht sich auf die Coronazeit ebenso wie auf den Trauerfall.

Achtsamkeit

„Beziehung ist ein zentrales Thema in der Seelsorge“, betont auch Christian Kopf vom Bildungshaus Batschuns. Und die Angst bestimme, was die Menschen sich und anderen zutrauen. Ob und wie sie mit anderen Menschen Kontakt und Beziehung aufnehmen. Auch Baldauf betont, dass er am Anfang sehr verunsichert gewesen sei. Das Nichtwissen habe die Situation erschwert und „man will ja auch keinen anstecken“ spricht sich der Pfarrer für mehr Achtsamkeit aus. Derzeit arbeite man an Konzepten, die unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen analoge Begleitung ermögliche, auch wenn die Zahlen nach oben gehen, berichten Baldauf und Ingrid Böhler von der Caritas.

Ideen über Ideen

Bis es so weit ist, heißt es „sich trauen und neue Wege gehen“, erzählen Menschen aus den Pfarren von Trauerfeiern auf dem Fußballplatz, menschlichen Pappaufstellern in Kirchenbänken und anderen kreativen Ideen. „Beziehung muss derzeit einfach anders gestaltet werden“, freut sich Kopf über die vielen schönen Beispiele, wie Verbundenheit trotz Abstand erlebbar gemacht und gezeigt werden kann.  Das nächste Treffen ist übrigens in Planung - dann hoffentlich ganz persönlich.